Eilandfluch. Marie Kastner
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Eilandfluch
Das Grauen von La Gaiola
Marie Kastner
XOXO Verlag
Impressum
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.
Print-ISBN: 978-3-96752-021-7
E-Book-ISBN: 978-3-96752-521-2
Copyright (2019) XOXO Verlag Umschlaggestaltung: Grit Richter
© Ulrich Guse, Art Fine Grafic Design, Orihuela (Costa)
© Fotos/Grafiken: Lizenz von www.dreamstime.com
Buchsatz: Alfons Th. Seeboth
Rechtlicher Hinweis:
Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten rund um diesen Roman sind, abgesehen freilich von real existierenden Ortschaften, frei erfunden. Dasselbe gilt bezüglich der beschriebenen Vorgänge bei Behörden sowie anderen Institutionen oder Firmen. Eventuelle Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Menschen sowie deren Vereinigungen sind von der Autorin nicht beabsichtigt und wären daher rein zufällig.
Selbstverständlich gilt letzteres nicht für ›Öffentliche Personen‹ aus der Politik.
Hergestellt in Bremen, Germany (EU)
XOXO Verlag
ein IMPRINT der EISERMANN MEDIA GMBH
Gröpelinger Heerstr. 149
28237 Bremen
Gewidmet all jenen mutigen Menschen, die es wagen,
das Offensichtliche zu ignorieren und den Dingen tabulos auf den Grund zu gehen
auch wenn die Wahrheit manchmal schwer zu ertragen ist …
1
Und ewig lockt das Eiland
Juni 2014
»Molto bene, mille grazie ea presto!«, bedankte sich Thorsten Sasse euphorisch. Er sprach passables Italienisch, seit er vor einigen Jahren einen Crashkurs an der Volkshochschule besucht und seine Kenntnisse seither durch mehrere Toskana-Urlaube aufpoliert hatte. Das schien sich jetzt, im Juni 2014, auszuzahlen.
Kaum hatte er auf das rote Hörersymbol am Display seines IPhones gedrückt, vollführte der semmelblonde Achtundzwanzigjährige ungestüme Bocksprünge, quer durch sein geräumiges Büro. Dieses lag im zehnten Stock eines Hochhauses im Frankfurter Finanzviertel. Hurra! Das dreiköpfige Investorenkonsortium stimmte der Finanzierung seines brandneuen Vorhabens zu, und soeben hatte ihn der Hauptgeldgeber aus Neapel angerufen, um die frohe Botschaft zu verkünden.
Das musste Mona unbedingt sofort erfahren! Mit zitternden Fingern rief er das Model an, konnte vor Freude kaum an sich halten. Es dauerte ihm heute viel zu lange, bis die Schöne mit den kroatischen Wurzeln sich endlich mit ihrem Namen meldete. Ihre Stimme klang verschlafen.
»Guten Morgen, mein Schatz! Du, ich muss dir unbedingt was erzählen«, frohlockte Thorsten ins Smartphone.
»Was kann es um diese Uhrzeit schon so Wichtiges geben? Ich bin nach der Modenschau erst gegen drei Uhr ins Bett gekommen«, beschwerte sich Mona.
Thorsten sah auf die Uhr. Himmel, erst 7.30 Uhr! Klar, dass sie sauer war. Er hatte gegen sein Versprechen verstoßen, nicht vor zehn anzurufen. Mona war erklärte Langschläferin, während er eher zu den frühen Vögeln zählte. Das lag allerdings nur zum Teil an ihren völlig unterschiedlichen Berufen, führte selbst am Wochenende gelegentlich zu kleineren Reibereien. Sie kam vor
Mittag nicht aus den Federn, während er um diese Uhrzeit für gewöhnlich bereits eine längere Joggingrunde hinter sich hatte.
»Nicht nörgeln, Liebling, ich mache es wieder gut. Wie wäre es mit einem Essen beim Italiener, heute Abend um acht?«, schlug er kleinlaut vor.
»Meinetwegen, geht klar. Aber jetzt bin ich schon mal aufgestanden. Warum rufst du überhaupt an?«, fragte sie in versöhnlichem Ton. Endlich. Auf diese Frage hatte er gehofft.
»Ich bekomme die Kohle! Eine halbe Million Euro, das ist der Wahnsinn! Die Investoren sind von meiner Idee vollkommen überzeugt, und das sagt im Grunde schon alles. Daher kann ich gleich voll in die Werbung einsteigen, sobald die Plattform fertig programmiert ist.«
»Echt? Die finanzieren das tatsächlich?«, fragte Mona ungläubig. Thorsten spürte, wie sein Adrenalinspiegel sprunghaft anstieg. Seine äußerst attraktive Freundin gehörte zu jenen skeptischen, latent pessimistischen Menschen, für die das Glas immer halb leer ist. Ich hätte es wissen müssen, dachte er genervt.
Er vernahm, wie sie mit ihren Plüschpantoffeln in die Küche tappte. Das zugehörige Bild kam unwillkürlich aus seinen Erinnerungen hoch. Der offene, kniekurze Seidenkimono in Smaragdgrün, dessen Bindebänder lose herabhingen und über den Parkettboden schleiften, die schlanken Beine, das verwuschelte lange Haar, das sie sich im Gehen von den Augen strich … als eingefleischter Gewohnheitsmensch war Mona Horváth höchst berechenbar.
»Warte, gleich bin ich ganz Ohr. Ich lege mal schnell das Telefon weg«, gähnte die Fünfundzwanzigjährige. Im Hintergrund röchelte die Kaffeepad-Maschine, Tassen klapperten. Typisch, sie fischte ihren Pott wieder geradewegs aus der Spülmaschine. Mit Aufräumen und Ordnungssystemen hatte sie nicht viel am Hut; auch das war ein Grund