Als Erinnerung noch Realität war!. Harry H.Clever
gar nicht wusste was einem fehlte oder man vielleicht auch vermisste, aber das Gefühl das etwas fehlt war wiederum massiv vorhanden.
Vielleicht auch darum, weil man eigentlich im Umkehrschluss immer wieder sagen konnte, was man nicht kennt kann man eigentlich auch nicht vermissen, viel zu oft war man in einem verzwickten Zwiespalt. Allgemein wurde man dann ganz gern als sogenannter Spätentwickler bezeichnet, obwohl man ja nicht anders als andere war.
Zusätzlich kommen und kamen zu den mehrfachen, meistens Zwangsweisen Wohn und Ortswechsel, mit allen ihren bedingten erzwungenen Umgewöhnungen und auch Neuanfängen, wie insgesamt die Volksschulneuanfängen in sechs verschieden Landstrichen und Ortsteilen.
Hinzu kamen dann ja auch noch die zusätzlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Entbehrungen einer Kriegs und der direkten Nachkriegszeit.
Wie sollte man denn etwas nacheifern, wenn man es noch gar nicht erlebt und gesehen hat, denn selbst in der Tierwelt basiert ja auch das ganze Leben auf der Nachahmung des Tuns und Verhalten vom älteren Sippschaft Angehörigen.
In der späteren Betrachtung der vielen Arbeits- und Lebensjahre hat sich gezeigt, dass es sich schon sehr früh abgezeichnet hatte, dass ein wie auch immer gearteter Wechsel für Harry doch ein ganz normaler stellenweise fast schon willkommener Vorgang war.
Denn das hatte er ja schon von klein auf gelernt, wenn man viele Eisen im Feuer hat, kommt bestimmt an einer Stelle etwas Brauchbares heraus, wenn nicht hier dann eben wo anders.
Auch wenn wir über eine sehr lange Zeit nicht gerade mit Überfluss und Reichtümern gesegnet waren, achtete meine Mutter doch schon fast übersteigert darauf, dass unser Niveau in unserem Leben niemals an den unteren Rand gelangte.
Sogenannter Straßenjargon war bei ihr äußerst verpönt, es gab so manchen Klaps, wenn man unbedacht etwas von der Straße an Aussprache in ihrem Beisein verlauten ließ.
Sauberkeit und Ordnung in Sprache und Garderobe, sagte sie immer wieder, hat mit Reichtum nichts zu tun, nur wie man sich der Welt präsentiert wird man auch beachtet. Ihr konstanter Spruch lautete stets:
Wie Du kommst gegangen,
So wirst du auch empfangen!
Dieser prägnante Sinnspruch hat mich daher mein Leben lang begleitet, was mir später auch wiederum Gelegentlich sogar zu Gute kam.
Kleiner Mann in großer Stadt.
Schon vor der katastrophalen Bombennacht auf unsere Heimatstadt war Klein Harry schon recht rege, still sitzen war bei ihm eine wahre Seltenheit, mit reichlicher Aufgewecktheit und voller Neugier, gepaart und mit einer gewissen Menge an kindlich kreativen Ideen, das wurde ihm schon in seinen jüngsten Jahren von seiner Verwandtschaft bescheinigt.
Er hatte eben auch immer seinen eigenen, nicht etwa einen starrsinnigen Kopf, aber eben seinen Eigenen, denn irgendetwas Neues oder für Ihn Wichtiges fiel ihm immer wieder auf und ein. Alles ausprobieren und dabei auch ein wenig den Hintergrund herausfinden war für ihn stets angesagt, daran hinderten auch niemals irgendwelche wohl gemeinten Ermahnungen.
Man kann ja im Prinzip noch so Jung und Klein sein, es gibt Momente die bleiben wie eingebrannt einfach in der Erinnerung, auch wenn es nur Bruchstücke vergangener Momente sind. Viele einzelne Kurzeindrücke bekamen aber auch erst durch das spätere reden darüber seinen eigentlichen Sinn und ein Gesicht, beginnen wir also mit den Erinnerungen von Anfang an.
Unvergesslich für mich war mein erster Versuch, meiner Mutter einen Kuchen zu backen in Erinnerung geblieben, ich mischte alles was ich erreichen konnte in einer Schüssel zusammen, was dann zwar eine furchtbar klebrige Masse ergab, aber eine Geschmacksprobe mir gar nicht bekommen wollte, es hat mich kräftig geschüttelt, mir wurde regelrecht schlecht davon, die einzelnen Zutaten konnte ich später meiner Mutter nicht erklären, doch sie konnte sich an den danach fehlenden Dingen orientieren.
Ich habe später dann endlos geweint, aber nicht, weil ich kräftig ausgeschimpft wurde, da ich ja auf einmal, einiges von den mageren geringen Vorräten unnütz verschwendet hatte, sondern weil mir trotz großem Bemühen mein Liebesbeweis zu meiner Mutter nicht gelungen war.
So wurde auch noch viele Jahre später davon berichtet, dass ich in einem unbewachten Moment meiner Aufsicht, einer schon etwas älteren Hausmitbewohnerin, während meine Mutter ja arbeiten musste, ausgebüchst war.
Ich bin mitten am helllichten Tage mit meiner neuen kleinen Holzspielschubkarre, ein selbst gemachtes Geschenk von meinem Großvater von mütterlicher Seite, auf der Straße spielen gegangen. Das aber, wie selbstverständlich mitten auf einer viel befahrenen Einbahnstraße aus der großen quirligen Stadtmitte heraus.
Denn einen Spielplatz gab es in direkter Umgebung leider nicht, ich spielte also nur knapp vier Häuser weit entfernt von unserer Wohnung auf einer stark frequentierten Straße, direkt mitten darauf, besser gesagt in der Straßenbahnschiene, eben einer viel und lebhaft befahrenen Einbahnstraße.
Diese war eine der Hauptverkehrsadern von unserer Heimatstadt, eben eine Einbahnstraße aus der direkten Innenstadt heraus. Parallel zur großen Aue Straße neben der Wupper und der Schwebebahn in Ost-Westlicher Richtung.
Dort habe ich, gänzlich und total Welt verloren und Selig mitten auf der viel befahrenen Straße, eben nur ein wenig Straßenbahn gespielt, natürlich fernab von irgendwelchen Schuld oder Angstgefühlen.
Doch mein unbedachter tiefer Eingriff in das pulsierende Verkehrsgeschehen war dann wohl doch von größerem Ausmaß. Das aufgeregte Hupen und auch schimpfen einiger Verkehrsteilnehmer auf meine gar nicht anwesende Erziehungsberechtigte, habe ich in meiner spielerischen Glückseligkeit dabei ganz und gar nicht wahrgenommen.
Das von mir verursachte Chaos mit hupenden und schimpfenden Verkehrsteilnehmern hat mich aber in keiner Weise gestört oder beeindruckt, denn ich war von meinem kindlichen seligen Glücksgefühl und Spiel der normalen Welt total entrückt.
Mein nicht gerade ungefährliches kindliches Tun brachte mir dann aber anschließend wiederum einen unvergessenen und auch längeren Aufenthalt auf der Polizeihauptwache in der Stadtmitte im Rathaus ein.
Die von irgendjemanden, einem wahrscheinlich besorgten Anwohner gerufenen Beamten hatten mich sofort von der Straße geholt und da sie aber im Moment nicht heraus finden konnten, da wir noch nicht lange dort wohnten, wo ich denn nun hingehörte nahmen sie mich dann mit ihrem Dienstwagen mit auf Ihre Wache in der Stadtmitte. Dort haben sie mich erstmal bestens beschäftigt und auch betreut, zum Beispiel mit kleinen Leckereien, Kakao und Keksen und natürlich auch mit vielen neuen und für mich hoch interessanten Eindrücken.
Es brauchte dann ja eben auch eine geraume Zeit bis die Beamten mit viel Mühe meinen Namen sowie unsere Adresse und meine Mutter in ihrer Arbeitsstätte, die ganz in der Nähe der Polizeiwache lag, ausfindig machen konnten.
Und zudem, sind wir doch mal ehrlich, gibt es etwas Größeres und Schöneres für einen kleinen Jungen, als mit einem Polizeiauto mitfahren zu dürfen, aus welchem Grunde auch immer.
Ob nun mit Blaulicht und Martinshorn oder ohne, obwohl wenn die Beamten beides eingeschaltet hätten, wäre wohl meine Freude an der Fahrt zum Revier noch ins unermessliche gestiegen. Das ich dort irgendwie störend sein sollte, die Beamten waren für mich doch ungewohnt freundlich, das kam mir überhaupt nicht in den Sinn, obwohl mir das meine Mutter später immer wieder vergeblich einzureden versuchte.
Mir hat das natürlich auch überaus gut gefallen, so dass ich diese Wache mit den netten und freundlichen Leuten auch noch später einige male als kleiner Besucher gerne aufgesucht habe, in der stillen Hoffnung nochmals mit dem Polizeiauto mitfahren zu dürfen.
Sobald ich auch nur in den näheren Bereich des Rathauses kam war ich kaum noch davon abzubringen einen Besuch bei meinen uniformierten Freunden abzustatten. Meine Mutter hatte dann stets die größte Mühe mich von einem Besuch in der Polizeiwache abzuhalten, was aber auch nicht so ganz einfach war, da ja der tägliche Markt auf dem Platz und das große Zentrale Kaufhaus direkt gegenüber vor dem Rathaus war.
Das Ganze hat meiner