Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket. A. F. Morland
und in das, was drinsteckte, unsterblich verliebt hatte. „Komm. Bleib noch eine Stunde. Ich bring dich dann mit meinem Wagen heim.“
„Du hast wohl ’ne Beule im Scheitel, Walter“, lachte Susan belustigt. „Du kannst dich doch kaum noch auf den Beinen halten. Versprich mir, dass du ein Taxi nimmst, hörst du?“
„Okay, ein Taxi. Aber nur, weil du mich so schön darum bittest, Susan“, grinste Walter. „Komm gut nach Hause, Mädchen. Entschuldige mich. Ich muss drinnen wieder nach dem Rechten sehen. Die Bande ist imstande, den ganzen Punsch ohne mich auszutrinken.“
Er wandte sich wankend um, steuerte die Tür zur geräumigen Halle an und verfehlte den Türknopf nur um einen halben Meter.
Als er die Tür öffnete, brandete Musik, Lachen und Gekreische in die Diele hinaus. Susan schmunzelte. Die da drinnen bekamen nie genug. Sie hatte schon einmal bei einer Party mitgemacht, die drei Tage und drei Nächte gedauert hatte. Heute sprachen alle Anzeichen dafür, dass es wieder zu einer solchen Marathonparty kam.
Susan öffnete die Haustür und trat unter das Vordach. „Das hat mir gerade noch gefehlt“, jammerte sie und blickte auf die Straße. Es regnete in Strömen. Die dicken, schweren Tropfen schlugen klatschend auf dem Asphalt auf und hüpften spritzend hoch.
Susans silberner Sunbeam Alpine stand zum Glück nicht sehr weit vom Haus entfernt. Trotzdem hatte Susan Bedenken, ihn zu erreichen, ohne bis auf die Haut nass zu werden.
„Sauwetter“, sagte plötzlich jemand ganz dicht hinter ihr.
Susan zuckte zusammen. Sie hatte den jungen Mann, der ihr auf der Party als Brian Astor vorgestellt worden war, nicht aus dem Haus treten gehört.
„Kann man wohl sagen“, pflichtete Susan dem sympathischen Mann fröstelnd bei.
„Darf ich Sie nach Hause bringen, Miss Tucker?“, fragte Astor. „Mein Wagen steht gleich um die Ecke.“
Susan lachte. „Da sind Sie schlechter dran als ich. Meiner steht gleich da vorn. Sehen Sie den silbernen Sunbeam? Das ist er."
Brian wies mit dem Daumen auf die Tür hinter sich. „Soll ich ’reingehen und fragen, ob sie uns einen Schirm borgen?“
Susan hob den Blick zum rabenschwarzen Himmel empor. Sie schüttelte den Kopf. „Nicht nötig. Ich glaube, es hat etwas nachgelassen.“
„Na, dann nichts wie los“, lachte Astor.
Sie liefen gleichzeitig los. Susan war schon nach den ersten Metern klatschnass. Als sie den Sunbeam erreichte, lief ihr das Wasser beim Halsausschnitt hinein und bei den offenen Schuhen wieder heraus.
„Erspare ich mir heute wenigstens das Bad“, lachte Susan. „Nur noch abfrottieren und hinein ins Bett.“
Sie öffnete den Wagenschlag und hüpfte hinein.
„Gute Nacht, Susan“, rief Brian Astor und versetzte der Tür einen Stoß. Sie klappte satt ins Schloss, während Susan den Wagen startete — oder ihn zumindest starten wollte.
Sie hatte damit keinen Erfolg. Der Starter quälte sich krächzend um die Runden. Er versuchte den Motor jammernd anzuwerfen, doch der Motor wollte nicht.
„Auch das noch“, stöhnte Susan verzweifelt.
Dick klatschten die Regentropfen auf die kaum durchschaubare Windschutzscheibe. Der Abschluss der amüsanten Party war nun alles andere als nett.
Susan versuchte noch einmal, ihren Wagen zu starten. Es klappte auch beim zweitenmal nicht. Ärgerlich zog sie den Schlüssel aus dem Zündschloss. Nun hatte sie die Bescherung. Sie hätte Astors Angebot nicht ablehnen sollen. Aber hatte sie mit so etwas rechnen können?
Zwei grelle Scheinwerfer glommen um die Ecke. Sie brannten sich in die Windschutzscheibe des Sunbeam und machten sie vollkommen undurchsichtig.
Susan hatte Glück. Es war Brian Astor. Als er ihren Wagen immer noch in der Parklücke stehen sah, steuerte er seinen Morris heran und hielt an.
„Na, will er nicht?“, rief er zum heruntergekurbelten Seitenfenster hinaus.
Susan schüttelte den Kopf.
„Dann wird’s also doch noch etwas mit uns beiden“, lachte der junge Mann und öffnete die Tür auf der Beifahrerseite.
Wenige Augenblicke später saß Susan Tucker an Brian Astors grüner Seite. Während der kurzen Fahrt lachten sie viel. Astor hatte etwas Clownhaftes an sich. Susan fand ihn köstlich und fragte sich, wo er den ganzen Abend über gesteckt hatte. Sie bedauerte es jetzt, sich nicht mehr mit ihm unterhalten zu haben, denn er war amüsant, hatte einen herzerfrischenden Humor und wirkte trotz allem intelligent.
Astor hielt seinen Morris vor dem Wolkenkratzer, in dessen achtundsiebzigstem Stockwerk Susan zu Hause war. Es war ihm anzusehen, dass es ihm leid tat, dass Susan ihn schon verließ, und er ließ es sich auf keinen Fall nehmen, noch mit ihr auszusteigen und sie bis zum Haustor zu begleiten.
Da sollte es dann auch passieren!
Der Regen hatte ein wenig nachgelassen. Man merkte es jedoch nur, wenn man zuvor die großen Tropfen am Leib gespürt hatte.
„Ich hoffe, wir sehen uns mal wieder“, schmunzelte Brian Astor. „Ich hätte etwas vermisst, wenn ich Sie nicht nach Hause hätte bringen dürfen, Susan.“
Susan strich die klatschnassen Locken aus der Stirn. Wenn sie jetzt nicht schnell machte, würde Brian sich vorbeugen und sie auf den Mund küssen. Aber war das denn so schlimm? Sie zweifelte, ob es ihr etwas ausgemacht hätte. Brian war ein netter, hübscher Junge. Er war hilfsbereit gewesen und hatte sich einen Kuss aus Dankbarkeit verdient.
Susan wusste, dass er an ihr Feuer gefangen hatte. Er konnte es nicht verbergen. Seine Augen hatten einen seltsamen Glanz. Susan war lange genug eine Frau, um diesen Glanz in Männeraugen zu kennen.
Sie hörte einen Wagen die nasse Straße entlangrauschen, schloss die Augen, um Brian zu gewähren, was er sich so sehnlich wünschte.
Astor trat einen Schritt auf sie zu. Er beugte sich vor, fast berührten seine Lippen die ihren — da entrang sich seinem Mund ein tiefer schmerzlicher Seufzer. Er taumelte, sackte mit weit aufgerissenen Augen auf die Knie und kippte dann seitlich zu Boden.
Susan starrte entsetzt auf den zuckenden Mann zu ihren Füßen. Sie bückte sich, wollte seinen Kopf hochheben und griff deshalb nach seinem Nacken.
Eisiges Entsetzen sprang sie an.
Ihre tastende Hand spürte ganz deutlich einen kleinen Bolzen. Er steckte tief in Brian Astors Nacken.
Susan handelte blitzschnell. Sie erfasste den Bolzen und riss ihn hastig aus dem Fleisch...
10
Der Wagen!, schoss es Susan durch den Kopf. Ihre Hand fasste in die Handtasche. Sie riss ihren perlmuttbesetzten Revolver heraus und hastete auf die Straße.
Der Regen kümmerte sie nicht mehr. Selbst wenn die Sintflut auf sie niedergegangen wäre, hätte es ihr im Moment nichts ausgemacht.
Sie sah den Wagen und riss die Waffe hoch. Der Beifahrer hatte sich nach ihr umgewandt. Sie konnte ganz deutlich sein höhnisches Gesicht sehen.
Susan drückte ab.
Die Streuung ihrer kleinen Waffe war jedoch zu groß. Sie hatte auf den Hinterreifen gezielt. Der Schuss hatte bellend den kurzen Lauf verlassen und die Heckscheibe des Wagens durchschlagen. Susan sah, wie der Kerl neben dem Fahrer zusammenzuckte. Mit einemmal war der höhnische Ausdruck aus seinem Gesicht verschwunden. Ein anderer Ausdruck machte sich augenblicklich in den schlagartig blass gewordenen Zügen breit: panisches Entsetzen.
Der Mann kippte seitlich an die Tür.
Als der Fahrer mitbekommen hatte, was passiert war, trat er wild aufs Gaspedal. Der Wagen machte einen mächtigen Satz vorwärts