Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket. A. F. Morland
dass Calder so schnell gekommen ist.
Wankend ging er durchs Wohnzimmer. Er stützte sich an jedem Möbel, das ihm dafür geeignet erschien, und erreichte matt, aber mit einem erleichterten Lächeln um die schmalen Lippen die Haustür. Er öffnete sie mit einer müden Bewegung.
Und dann strich ihm etwas eiskalt über den Rücken. Nicht Biff Calder stand vor der Tür, sondern die beiden Sensenmänner vom Dienst: Emerson Surtees und Marty Barrimore.
17
Ich hielt mein Versprechen. Ich war tatsächlich eine Viertelstunde nach meinem Telefonat mit Astor zur Stelle. Das Haus, in dem Brian Astor wohnte, hatte eine kleine Natursteinterrasse, schneeweiße Wände und ein rostrotes Schrägdach. In dem kleinen Garten, der die nette Behausung umsäumte, standen buntblühende Blumen und einige kunstvoll zurechtgestutzte Buchsbäumchen.
Ich eilte mit schnellen Schritten auf die dunkelgrüne Haustür zu. Als ich den Messingklopfer in die Hand nehmen wollte, entdeckte ich, dass hier bereits eine bodenlose Schweinerei im Gang gewesen war.
Die Tür war bloß angelehnt. Nun soll mir mal einer plausibel erklären, dass jemand, der zwei Mordanschläge halbwegs gesund überstanden hat, so leichtsinnig ist, die Tür nicht nur nicht abzuschließen, sondern noch dazu nur anzulehnen.
Ich versetzte der Tür einen Stoß. Sie flog zur Seite und krachte gegen die Wand.
„Astor?“, rief ich. „Astor!“
Ich rannte wie ein Kugelblitz durch sämtliche Räume. Im Bad fand ich ihn dann. Sie hatten ihn mit ihren Schießeisen fertiggemacht. Er lag mit entsetzt aufgerissenen Augen in der Badewanne und blutete aus mindestens zehn Schusswunden. Es gab überhaupt keinen Zweifel darüber, dass er tot war. Er brauchte keinen Arzt mehr. Er brauchte nur noch einen Leichenbestatter. Aber einen guten, der das Zeug in sich hatte, seinem Gesicht einen halbwegs friedlichen Ausdruck zu verleihen.
Ich musste mich angeekelt umdrehen. Es war nicht der Tote, der mich anwiderte, sondern das, was diese Bestien aus ihm gemacht hatten.
Wutentbrannt stürzte ich aus dem Bad. Ich sah sie erst, als ich schon beinahe gegen sie prallte. Sie mussten sich in der Küche versteckt haben, denn das war der einzige Ort gewesen, wo ich nicht nachgesehen hatte.
Sie hielten mir ihre frisch gefüllten Schießeisen grinsend unter die Nase.
„Warum grinst ihr so dämlich?“, ärgerte ich mich zornig.
„Du solltest mal dein Gesicht sehen“, sagte Surtees. „Dann wüsstest du, warum wir grinsen.“
Mit meinem Gesicht schien tatsächlich einiges los zu sein. Es musste grau sein, mit welken, eingefallenen Wangen. Kein Wunder nach dem, was ich in der Badewanne angetroffen hatte.
18
„Sieh mal nach, wen wir da haben, Marty“, ordnete Emerson Surtees an.
Der Kammerjäger steckte seine Waffe weg und trat zu mir. Ich hatte sicherheitshalber die Hände gehoben. Wenn man sie unten lässt, werden diese Typen gar zu leicht nervös. Ich wollte verhindern, dass der Kerl vor lauter Nervosität den Stecher durchzog und mir meinen neuen Kammgarnanzug kaputtschoss.
„Nicht anfassen, du Lümmel“, fauchte ich Marty an. „Sonst stelle ich dir die Nackenhaare quer.“
„Schnauze! Sonst sägen wir dir die Ohren ab, Freund!“, zischte Surtees gefährlich wie eine Viper. „Wenn hier jemand was querstellt, dann sind wir das, kapiert?“ Er nickte Marty zu. „Los. durchsuch ihn!“
Marty kam zögernd näher.
„Wenn er mich kitzelt, schrei’ ich ganz laut!“, grinste ich.
„Tu’s nur“, grinste Surtees zurück. „Dann schieße ich dir den linken Schneidezahn aus dem Maul!“
„Feine Sitten sind das“, beschwerte ich mich.
Marty Barrimore fingerte in meinen Taschen. Er holte als erstes mein Krawalleisen heraus und warf es auf die Couch. Dann grapschte er sich meinen Ausweis, klappte ihn grinsend auf und las laut: „Biff Calder, Privatschnüffler.“
„Da kommst du ins Schleudern, wie?“, sagte ich.
„Was hast du hier zu suchen, Calder?“, erkundigte sich Surtees.
Ich zuckte die Achseln. „Ich fragte in der Stadt herum, wo ich die größten Rindviecher antreffen könnte, und man schickte mich hierher.“
„Hau ihm eins auf die Schnauze“, zischte Surtees.
Marty besorgte das prompt.
„Tust du immer das, was er dir anschafft?“, höhnte ich, nachdem ich den Hieb verdaut hatte. „Dann möcht’ ich mal zusehen, was du tust, wenn er dir anschafft, du sollst ihn mal — kreuzweise.“
Marty machte eine Fleißaufgabe. Er versetzte mir einen Magenhaken, der höllisch weh tat. Ich machte ihnen jedoch nicht die Freude, zu stöhnen.
„Weiß jemand, dass du hier bist?“, fragte mich Surtees.
„Klar“, nickte ich.
„Wer?“
„Nixon und Rockefeller. Mehr konnte ich in der Eile nicht verständigen.“
„Spaßvogel, wie?“, knurrte Surtees ärgerlich. „Na ja. Wird dir schon noch vergehen.“
„Gib ihm eins in die Fresse, Marty“, sagte ich zu Barrimore, doch in dieser Richtung funktionierte der Killer nicht. Er ballte erneut die Faust und visierte wieder meine Magengrube an. Allmählich hatte ich von der unfreundlichen Behandlung genug.
Ich wartete Martys Schlag ab. Als er kam, zog ich den Körper blitzschnell zurück, ließ die Hände nach unten schnappen, fasste nach der Pfote des Killers und drehte sie ruckartig herum.
Marty stieß einen gellenden Schrei aus. Ich nützte meine Chance, zerrte ihn am Sakko zu mir und versetzte ihm dann einen Stoß, der ihn genau auf Emersons Kanone warf.
Jetzt durfte ich die Suppe nicht anbrennen lassen. Ich setzte deshalb sofort nach, warf mich zwischen die beiden Gangster und ließ sie an meinen harten Bandagen riechen.
Surtees’ Waffe zuckte hoch. Ich kickte nach dem Handgelenk, der Revolver machte sich selbständig und flog im Senkrechtstart zur Decke empor. Doch schon war Marty wieder zur Stelle. Der kleine breitschultrige Kerl hatte einiges los. Das konnte ich deshalb so gut beurteilen, weil ich selbst mal auf dem College Boxmeister gewesen war.
Ich bin sicher, dass ich es mit den beiden Kerlen aufgenommen hätte, wenn wir bei den Fäusten geblieben wären. Doch Surtees hielt nicht viel von Fairness. Er bekam im für mich ungünstigsten Moment seine Artillerie in die Finger und drückte sie mir fest an die linke Niere.
Damit war das Spiel dann wohl entschieden: Der Bessere hatte verloren.
„Die Flossen hoch, Calder!“, keuchte Surtees erschöpft. „Sonst mach’ ich dir ein Loch, durch das du den Finger stecken kannst.“
Ich hatte keine andere Wahl. Ich musste gehorchen, wenn es mich auch juckte, ihm eine Ohrfeige zu versetzen, dass ihm das Gebiss auf den Teppich polterte.
Was wir alle drei nicht wussten, war folgendes: Die drehbuchreife Schlägerei war von einem Chinesen, der sich die Nase am Fensterglas platt gedrückt hatte, beobachtet worden.
Heute weiß ich, warum er mir damals nicht zu Hilfe geeilt war.
19
Surtees zog mit dem Fuß einen Stuhl in die Mitte des Raumes. „Setz dich!“, befahl er schnarrend.
„Ich bin nicht müde“, gab ich zurück.
„Hör mal, du gehst mir mit deiner Aufsässigkeit allmählich