Der lange Weg in die Freiheit! Deckname "Walpurgis". Dr. Helmut Bode

Der lange Weg in die Freiheit! Deckname


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       »Es gab jetzt einige Male Erleichterungen für uns beim Einkauf, so daß ich jetzt mal 1 Sack Kartoffeln habe u. Fleischbüchsen, sogar Butter, Zucker u. Fisch, auch Whisky und Bols, so daß es wie Weihnachten war u. mal etwas Abwechslung in die Mahlzeiten kommt. Da bin ich dann schon zufrieden …«

      und in einem Brief vom Dezember können wir lesen:

       »Ich schrieb's wohl schon im letzten Brief, meine Vermutung mit 50 kg stimmt, Helmut wiegt 80 kg, haben also beide ca. 5 kg abgenommen. Das ging gleich am Anfang so rapide runter, durch die ganze Aufregung und die Angst, was es morgen zu essen gibt, und kommt Nachschub an Brot usw. Die ersten Wochen haben Helmut und ich überhaupt keine Butter gegessen. Aber das ist alles nicht so tragisch, es kommt zu Hause sicher schnell wieder drauf als uns lieb ist. Wir haben im Moment zu essen, obwohl bei Brot jetzt die große Knappheit ausgebrochen ist u. bei Eiern, auch bei Milch mal wieder – man ist also nie sicher wie lange die Vorräte reichen!«

      Die Hauptlast bezüglich der Besorgung von Lebensmitteln hat Rosemarie getragen, wobei sie meistens von unserem Sohn, der in seiner Römer-Peggy saß, begleitet wurde. Die Wege von acht bis zehn Kilometer zu LI-MEX, zum Interfranca, zum Wochenmarkt usw. haben beide absolviert.

      Ab November bekamen wir Schecks, erst sporadisch, dann wohl regelmäßig, sodass wir die Möglichkeit hatten, im Interfranca einzukaufen, was die Versorgungssituation wesentlich günstiger gestaltete. Nur wenn unsere Tochter zu Hause war, konnte Rosemarie allein in die Stadt gehen. Manchmal hat sie ihren kleinen Bruder auf ihren Rücken gebunden, so wie es die afrikanischen Frauen taten und sich unter die spielenden einheimischen Kinder gemischt.

      Unser Sohn, mit seinen damals hellblonden Haaren war natürlich für die Kinder ein Anziehungspunkt. Sie konnten es wohl nicht glauben, dass er Haare hat, um das zu ergründen streichelten sie ihn immer wieder über seinen Kopf. Die von Rosemarie mitgenommenen Bonbons wurden von den afrikanischen Kindern geteilt, in dem sie diese durchbissen und das Bonbonpapier zum Ablecken an andere Kinder weitergaben!

      Der Aufenthalt unserer Kinder, außerhalb unserer Wohnungen war nicht ganz ungefährlich, ständig musste ein Erwachsener in ihrer Nähe sein. Wenn Rosemarie unsere Tochter zum Schulbus brachte, war stets unser Sohn dabei, allein haben wir ihn nie gelassen. Unsere Tochter spielte in der Rua D häufig mit gleichaltrigen moçambiquanischen Kindern Fußball:

       »Man muß aber bald wieder aufhören, denn die Hitze nimmt zu.«

      schrieb sie an ihre Großeltern.

      Einmal sagte mir meine Physiotherapeutin, dass es am nächsten Tag Fleisch geben solle, aber man muss schon sehr früh, also gegen 4 Uhr, dort sein. Ich machte mich also am nächsten Morgen um kurz nach 3 Uhr auf den Weg zur besagten Fleischverkaufsstelle. Ich werde die Situation nicht vergessen. Es war sehr dunkel, es gab kaum Straßenlaternen, die eingeschaltet waren, auch war ich wohl der einzige Weiße, der in dieser Nacht unterwegs war! Die schwarzen Afrikaner, die mir entgegenkamen, bemerkte ich erst sehr spät, denn das einzige, woran man sie eventuell erkennen konnte, war das Weiß ihre Augäpfel. Ich war dagegen weithin sichtbar. Nach etwa 25 bis 30 Minuten hatte ich mein Ziel erreicht und reihte mich in die Männerschlange ein. Wenn ich mich recht erinnere, haben mich die Männer nach Öffnung des Geschäftes noch nach vorne durchgereicht. Jedenfalls bekam ich eine ordentliche Portion Schweinefleisch und habe mich schleunigst auf den Heimweg begeben, wo ich dann auch unversehrt ankam.

      Rosemarie hat ganz gewiss während meiner Abwesenheit kein Auge zu gemacht, denn so ein Nachtausflug war nicht ungefährlich. Es drohten nicht nur Gefahren von anderen Menschen, sondern auch von uns völlig unbekannten Getier, wie z.B. großen Spinnen, Skorpionen usw., welchen man aus dem Weg zu gehen hatte. Na ja, ich hatte es geschafft, und für einige Zeit war wir mit Fleisch versorgt. Schließlich stand ich pünktlich 6: 15 am Bus, mit dem es zur Uni ging.

      Ende November absolvierten wir neuen Mitglieder der Unigruppe in der Engenheira vor einem Vertreter der Botschaft eine Probefahrt mit einem PKW, der rechts sein Lenkrad hatte. Der Prüfer beurteilte, wie wir uns in dem dort herrschenden Linksverkehr verhalten. Nach bestandener Prüfung erhielten wir von der Botschaft die Selbstfahrgenehmigung, sodass wir eine Woche später den an drei Familien zugewiesenen PKW TOYOTA-Starlet selbst fahren durften. Nun hatten wir alle drei Wochen ein Fahrzeug und waren dadurch wesentlich beweglicher.

      Bisher hatte uns öfters eine Familie aus Magdeburg mit dem ihnen ständig zur Verfügung stehenden Auto zum Baden im Indischen Ozean mitgenommen, nun konnten wir selbst fahren.

      Eine der ersten Fahrten war zum Hotel Polana, es lag bzw. es liegt noch heute, unweit vom Zentrum direkt am Meer. Obwohl wir in einer Volksdemokratie waren, wurde im Polana doch noch auf bürgerliche Etikette geachtet, sodass man Rosemarie und die Kinder passieren ließ, mich aber nicht! Ich hatte nur Sandalen ohne Strümpfe an. Es war nichts zu wollen, ich kam nicht in das Hotel. Schließlich gelang es mir doch noch, zur großen Freude meiner Familie, in das Hotel zu kommen, in dem ich den Personaleingang benutzte. Wir hielten uns vorwiegend am Swimmingpool auf und hatten einen wunderschönen Nachmittag. Verlassen habe ich aber das Hotel, zusammen mit meiner Familie, durch den Haupteingang, natürlich unbehelligt.

      Viel, viel später erfuhren wir dann, dass zur Zeit unseres Aufenthaltes in Maputo, Rosemaries Bruder, er lebte damals in Bayern, dienstlich in Moçambique war und im Polana gewohnt hat!

      Anfang Dezember besuchte der Minister für Hoch- und Fachschulwesen der DDR Moçambique. In diesem Zusammenhang wurden wir zu einer Arbeitsbesprechung mit ihm eingeladen. Der Aufenthalt sollte zukünftig auf drei Jahre festgelegt werden. Mein Vertrag war bekanntlich noch für die Dauer von zwei Jahre abgeschlossen worden. Zu dem Wohnungsproblem äußerte sich der Minister dahingehend, dass dies in der DDR hätte geklärt werden müssen. Vielleicht war doch etwas von Rosemaries und meinem Protest bezüglich der unbefriedigenden Wohnungssituation an das Ministerium weitergeleitet worden. Wenn man uns nämlich zu Hause gesagt hätte, wir bekommen keine eigene Wohnung, hätte ich den Zweijahresvertrag nicht unterschrieben.

      Zukünftig wollte die DDR nur noch Lehrkräfte für drei Fakultäten entsenden, welche das sein sollten, weiß ich nicht, aber was dann kam, konnte ich nicht fassen, denn es war angedacht, die Anzahl der Lehrkräfte im Fach Marxismus-Leninismus auf ca. 30 bis 35 zu erhöhen! Was die Moçambiquaner dazu gesagt haben, weiß ich nicht, aber dem Aufbau von Wirtschaft und Industrie hat es bestimmt nichts genutzt, wenn dieses Vorhaben verwirklicht wurde.

      Es waren wohl auch Bestrebungen im Gange, die Vertreter aus den westlichen Ländern durch Lehrkräfte aus dem sozialistischen Lager zu ersetzten. So wurde z.B. noch Anfang 1980 ein Spezialist für Wärmeübertragung aus der Sowjetunion erwartet. Für dieses Gebiet war aber mein holländischer Kollege laut Vertrag noch für ein Jahr und sechs Monate zuständig!

      Zum Abend hatte dann die Ministerin für Bildung von Moçambique, zu einem Empfang geladen. Persönlich war sie aber nicht erschienen, was uns aber nicht weiter gestört hat! Es gab sehr viele und sehr ausgesuchte Gerichte zu essen. Nachdem wir fast ein Vierteljahr am Hungertuch genagt hatten, musste man mit dem Essen sehr vorsichtig sein, einigen Gästen gelang dies nicht! Es war der krasse Gegensatz zu dem, was der Bevölkerung täglich zur Verfügung stand.

       »Man sieht in den Apotheken fast nur Arzneimittel aus der BRD und der Schweiz (Ciba).«

      schreibt Rosemarie an ihre Freundin und führt weiter aus:

      »Mit einer Apothekerin aus Lissabon haben wir uns unterhalten, sie ist ganz erstaunt, daß ich nicht arbeite, da es hier keine Apotheker gibt …«

      Ich erinnere mich noch, dass Rosemarie erwiderte „Ich habe doch zwei Kinder zu betreuen!“ „Bei dem, was Sie verdienen würden, könnten Sie sich bequem eine Haushaltshilfe leisten!“ war die Antwort. Es waren wohl monatlich 30.000 Escudos, das Doppelte von dem, was die DDR mir in Moçambique für zwei Erwachsene und zwei Kinder bezahlte! Das Moçambique unseren Einsatz in Dollar beglich, versteht sich von selbst.

      Eine Haushaltshilfe zu bekommen, wäre uns nicht schwergefallen, aber die Arbeit einer mitreisenden Ehefrau in der privaten Wirtschaft, das wäre sicher ein großes unlösbares Problem für die Genossen der DDR-Leitung


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