Der Winterkönig. Geschichten des Dreißigjährigen Krieges. Jörg Olbrich

Der Winterkönig. Geschichten des Dreißigjährigen Krieges - Jörg Olbrich


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sichtlich schlecht. Er war blass und schien Probleme beim Gehen zu haben. Außerdem hielt er den linken Arm in einer gebeugten Stellung vor dem Körper. Seine Kleidung war schmutzig. So wie er aussah, musste er in aller Eile von Prag nach Wien gereist sein.

      »Mein Name ist Philipp Fabricius«, sagte der Bote, nachdem er sich verbeugt hatte und zum Sprechen aufgefordert worden war. »Ich bin Sekretär der Statthalter in der Prager Burg. Vor vier Tagen ereignete sich dort Furchtbares. Unter der Führung von Graf Matthias von Thurn wagten die Protestanten einen Aufstand. Dabei wurden die Herren Slavata und Martinitz und außerdem ich selbst aus dem Fenster der böhmischen Hofkanzlei geworfen. Wir haben mit viel Glück und unter Gottes Schutz überlebt.«

      »Das ist eine Rebellion«, brauste König Ferdinand auf und schlug mit der Faust auf den Tisch. Sein zusammengedrehter Schnauzbart zitterte dabei heftig über den sich vor Wut rötenden Wangen. »Das dürfen wir den Protestanten nicht durchgehen lassen. Wir müssen sofort einen Gegenschlag vorbereiten!«

      »Noch wissen wir zu wenig«, mahnte Kardinal Klesl, der Bischof von Wien und Kanzler des Kaisers. »Wir dürfen uns kein vorschnelles Urteil bilden.«

      »Berichte von Anfang an«, befahl der Kaiser und schnitt Ferdinand, der gerade gegen die Worte des Geistlichen aufbegehren wollte, mit einer herrischen Handbewegung das Wort ab.

      Jetzt wird es interessant, dachte Anton. Er beobachtete, wie das Gesicht von König Ferdinand immer röter wurde. Sicherlich kochte er vor Wut. Immerhin richtete sich der Aufstand in erster Linie gegen seine Regentschaft. Würde er Matthias tatsächlich davon überzeugen können, einen Krieg gegen die protestantischen Stände zu führen?

      Philipp Fabricius berichtete nun ausführlich von den Geschehnissen in der Prager Burg. Während der Kaiser eher einen gelangweilten Eindruck auf Anton machte, schien König Ferdinand seine Wut kaum noch im Zaum halten zu können. Unruhig drehte er abwechselnd an den Barthaaren an seinem Kinn und denen am Schnauzbart.

      Auch den kaiserlichen Beratern war anzusehen, wie sehr sie die Worte des Sekretärs aus Prag beunruhigten. Dennoch wurde Fabricius von keinem der Anwesenden unterbrochen. Erst als er mit seinem Bericht zu Ende war, ergriff Kardinal Klesl das Wort.

      »Das sind in der Tat schwerwiegende Anschuldigungen, die Ihr da gegen die protestantischen Stände erhebt.«

      »Anschuldigungen?«, schrie König Ferdinand dazwischen. »Es ist doch offensichtlich, dass der Mann die Wahrheit spricht. Die Vorfälle haben tatsächlich stattgefunden. Wir müssen mit aller Entschlossenheit gegen diese Rebellion vorgehen!«

      »Wir sollten den Aufstand nicht überbewerten«, entgegnete Klesl. »Die Herren in Prag werden sich schon wieder zusammenraufen.«

      »Soll ich etwa zusehen, wie dieser Graf von Thurn die Regentschaft über mein Reich übernimmt?«, schrie Ferdinand aufgebracht.

      »Habt Ihr vor, persönlich nach Prag zu reisen, um die Geschicke der Stadt wieder in die richtigen Bahnen zu lenken?«

      »Ihr wisst genauso gut wie ich, dass mir dies im Moment nicht möglich ist«, beantwortete der König die Frage des Kardinals. »Meine Krönung in Ungarn steht kurz bevor. Ich kann jetzt nicht nach Prag reisen.«

      »Wir werden die Stände zu Ruhe und Besonnenheit auffordern«, übernahm Kaiser Matthias das Wort. »Ich gedenke nicht, mit einer überzogenen Reaktion auf die Unruhen einen Krieg heraufzubeschwören.«

      »Um den zu verhindern, ist es längst zu spät«, antwortete Ferdinand ärgerlich.

      »Ihr wisst, dass sich der Kaiserhof die Kosten nicht leisten kann«, hielt Kaiser Matthias energisch dagegen.

      »Die eingezogenen Güter der Rebellen werden die Unkosten für den Krieg reichlich kompensieren und der Schrecken der Hinrichtung wird die Stände zum Gehorsam bringen.« Ferdinand machte keinen Hehl daraus, dass er nicht damit einverstanden war, den Ständen in Prag ihre Rebellion ungestraft durchgehen zu lassen. Schließlich war er der König von Böhmen. Der Aufstand richtete sich damit vor allem gegen ihn.

      »Die Entscheidung ist gefallen«, sagte der Kaiser. »Gebt dem Sekretär eine Unterkunft. Versorgt ihn mit Speis und Trank. Er und seine Begleiter sollen sich von der Reise erholen, bevor sie wieder in ihre Heimat zurückkehren. Ich werde ein Schreiben an die Herren in Prag verfassen. Ein Bote wird noch heute dorthin aufbrechen.«

      Als Philipp Fabricius den Saal verließ, nahm sich Anton vor, unbedingt noch mit ihm zu sprechen, bevor der Sekretär aus Wien abreiste. Es konnte kein Fehler sein, wenn er den Kontakt mit seinem Kollegen aus Prag pflegte. Eine innere Stimme sagte ihm, dass er dem jungen Mann noch öfters begegnen würde.

      Nach dem Ende der Besprechung war Ferdinand der Erste, der aufstand und mit entschlossenen Schritten den Saal verließ. Ein Blick in sein Gesicht reichte Anton aus, um zu wissen, dass er den getroffenen Entscheidungen nicht im Geringsten zustimmte. Als König von Böhmen war er es, der von den Vorfällen in Prag am direktesten betroffen war. Als nur noch Matthias, Wilhelm und Anton im Raum anwesend waren, rief der Kaiser die beiden Schreiber zu sich.

       ***

      »Das ist also dein neuer Schüler«, stellte Kaiser Matthias fest, nachdem Zeidler und Anton an seinem Beratungstisch Platz genommen hatten.

      »So ist es, Eure Majestät. Er kommt direkt von der Universität und hat dort als Bester seines Jahrgangs abgeschlossen.«

      Anton musste innerlich lächeln. Hatte ihn der Professor jetzt tatsächlich vor dem Kaiser gelobt? Das passte nicht zu den Worten, die er selbst sich einige Stunden zuvor von dem Alten hatte anhören müssen.

      »Ich heiße dich in meinem Schloss willkommen, junger Freund. Halte dich stets an die Anweisungen deines Meisters und du kannst es als kaiserlicher Schreiber weit bringen.«

      »Ich werde mein Bestes geben, Eure Exzellenz«, antwortete Anton verlegen. Er hätte nicht erwartet, vom Kaiser so direkt angesprochen zu werden. Es würde wohl noch einige Tage dauern, bis er sich daran gewöhnte, regelmäßig mit den höchstgestellten Persönlichkeiten des Reiches zu verkehren.

      »Du kannst gleich damit beginnen«, sagte der Kaiser in freundlichem Ton. »Ich werde dir nun ein Schreiben an die Stände in Prag diktieren.«

      Anton spürte Zeidlers Hand auf seiner Schulter. Er schaute seinen Lehrmeister an, der ihm aufmunternd zunickte.

      »Liebe Getreue«, begann der Kaiser sein Diktat und Anton schrieb die Worte eifrig mit. »Es ist uns zu Ohren gekommen, was sich am Mittwoch nach der Kreuzwoche, am 23. Tag des Monats Mai in unserem Prager Schloss und der königlichen Residenz zugetragen hat. Die böhmische Kanzlei, in der höchste Sicherheit und Respekt herrschen sollten, wurde zum Austragungsort eines Streites, den es unbedingt niederzulegen gilt. Ich versichere, dass sowohl der Kaiserhof in Wien als auch der böhmische König den Majestätsbrief ehren und nicht beabsichtigen, den dort getroffenen Regelungen zuwiderzuhandeln. Ich ermahne die Stände in Prag, sich zum Wohle des Volkes friedlich zu verhalten und freundlich miteinander umzugehen.«

      »Hast du alles notiert?«, fragte Zeidler und Anton antwortete mit einem Nicken.

      »Schreib den Brief, versehe ihn mit dem kaiserlichen Siegel und überreiche ihn dem Boten.«

      Zeidler gab Anton das Zeichen zum Aufstehen. Mit seiner letzten Anweisung hatte Matthias die beiden Schreiber entlassen. Die ungleichen Männer standen auf und verließen den Sitzungssaal.

       Heidelberg, 02. Juni 1618

      »Wir erwarten ein weiteres Kind.«

      Friedrich blieb stehen und hielt seine Gemahlin Elizabeth vorsichtig am Arm fest. »Wann?«

      »Ich denke, es wird schon im Herbst soweit sein.«

      »Damit machst du mich zum glücklichsten Menschen in der Stadt.« Friedrich sah seiner Gemahlin strahlend in ihre dunkelbraunen Augen und strich ihr zärtlich eine ihrer lockigen Strähnen von der Schulter.

      »Bist du das nicht schon?«, gab Elizabeth lachend zurück.

      »Ich


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