Das Mädchen da oben auf der Treppe .... Harry Robson
im Keller kann man aber nicht wohnen. Unsere Wohnung hatten wir aber zum 1. Mai gekündigt.
18. Kapitel
Ärger gab es auch zwischen Romika und mir. Gewaltigen sogar. Der Supergau! Einige Monate nach Rockys Geburt fragte ich Romika, wann sie glaube, sich so weit von der Geburt erholt zu haben, dass wieder an Sex zu denken sei. Bei Emma war das recht flott wieder der Fall. Romikas Antwort irritierte mich enorm: Es würde keinen Sex mehr geben. Sie habe sich immer zwei Kinder, Junge und Mädchen gewünscht und das sei ja nun geschehen. Ihre Familienplanung sei abgeschlossen, Sex mit mir daher nicht mehr nötig. Ich hielt es für einen dummen Witz, aber ihr war es bitterer Ernst. Um diese Aussage zu unterstreichen, wurde Rocky dann nächtens immer zwischen Romika und mir ins Bett gelegt. Damit sollten und wurden nächtliche „Übergriffe“ verhindert. Es hatte keinen Zweck, mit ihr zu verhandeln. Es war von ihr verkündet und beschlossen! Eines Morgens, ich hatte mich wohl in der Nacht etwas zu laut selbst befriedigt, meine sie: „Geilen Sex gehabt heut Nacht?“ Sie fand ihren Witz einfach übermächtig gut und lachte den ganzen Tag immer wieder über diese, ihrer Meinung nach wirklich gelungene Anmerkung.
Nun begab es sich zu jener Zeit, dass ich mittlerweile Personalchef war. Ich hatte die Buchhaltung komplett mit neuen Kräften bestückt und alles lief vortrefflich. Eine der jungen Damen, ca. 22, gefiel mir und rückte, auch bedingt durch meine erzwungene sexuelle Enthaltsamkeit, immer mehr in mein Interesse. Sie war eine gutaussehende, ruhige, junge Frau, mit dunklen Augen und einer sehr angenehmen Stimme. Natürlich unternahm ich nichts, um ihr näher zu kommen, aber gefallen hat sie mir schon sehr.
Bei der jährlichen Weihnachtsfeier sollte sich das ändern. Die Auszubildenden und die jüngeren Angestellten hatten nach dem offiziellen Teil der Feier bei einem Azubi einen Tanzabend arrangiert und mich als Chef gebeten, mitzukommen.
Nach einigem Zögern wurde ich weich und kam mit. Es war alles sehr liebevoll gestaltet, schöne Musik, ein paar leckere Drinks und Tanzen mit meinen Mädels, unter anderem auch mit Greta, meiner Buchhaltungsschönheit. Schnell merkte, oder hoffte ich, dass da ganz offensichtlich weitergehendes Interesse an mir bestand. Ihre Hände wanderten an Stellen, die man beim Tanzen normalerweise nicht berührt und dadurch ermutigt, ließ ich meine Hände ebenfalls an und über neuralgische Punkte wandern. Das wurde aber auch nicht abgelehnt. Im Gegenteil! Je forscher die Hände wurden, umso geschmeidiger wurde meine Partnerin. Wir zogen uns in ein dunkles Eckchen zurück und hatten eine Menge Spaß. Zum Äußersten kam es jedoch nicht. Es war schon spät, bzw. früh am Morgen. Ich fuhr nach Hause und dann war erst mal Weihnachten.
Hier ergab sich dann leider keine Entlastung durch Romika und auch Rocky wurde jede Nacht wieder zwischen uns ins Bett gelegt. Im Januar ging es wieder ins Büro und natürlich war Greta auch da. Wir spürten beide, dass es über kurz oder lang zwischen uns beiden gewittern würde, es knisterte gewaltig, aber ich traute mich nicht, irgendetwas zu unternehmen. Eines Abends fragte sie mich, ob mir das Tanzen mit ihr nicht gefallen habe. Doch, ja, auf jeden Fall, erwiderte ich. Ich weiß aber nicht, wie dir das gefallen hat. Nun, so ihre Einrede, das können wir außerhalb der Firma besprechen.
Wir verabredeten und trafen uns. Ich erzählte ihr von meinen Eheproblemen, den Kindern, vom Haus und vieles mehr, sie von den Problemen mit ihrem Freund. Sie hörte die ganze Zeit über verständnisvoll zu und ehe ich mich versah, plötzlich küsste sie mich, heiß und innig. Es war, als ob in mir ein Ventil aufgedreht wurde. Ich küsste zurück, wir zogen uns in mein Auto zurück und hatten Sex, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Es war eine Offenbarung, über die ich hier nichts weiter schreiben möchte, aber sie konnte Dinge, von denen Romika wahrscheinlich gar nicht wusste oder wissen wollte, dass es sie gab.
Greta und ich trafen uns so oft es ging im „Pendel“. Eine Mischung aus Disco, Bistro und Kneipe. Ein bisschen schummrig und immer laute Musik. Dr. Hook: „When you're in love with a beautiful woman“, „Sexy Eyes“. Art Garfunkel: “Bright eyes, burning like fire“. America: “The last unicorn“. Das waren unsere Lieder, die regelmäßig gespielt wurden. Musik war ohnehin sehr wichtig für mich.
In meinem Elternhaus lief in den 50er Jahren: Peter Alexander, Gerhard Wendland und andere Strategen. Es waren die 78er Platten. 78 wegen der Umdrehungsgeschwindigkeit. Teilweise noch aus Schellack, im Format einer 30-cm Langspielplatte. Die Nachkriegsmusik war schon von fast peinlicher Sentimentalität und gefiel mir überhaupt nicht. Die Menschen, die den Krieg überstanden hatten, sehnten sich nach Ruhe und Geborgenheit oder nach Urlaub in fernen Ländern, z. B. Spanien oder Italien. Durch Hans, den hatte ich 1960 bei der Einschulung in der Realschule kennen gelernt, tauchte ich in andere Dimensionen der Musik ein. Er wohnte ganz in meiner Nähe und so nach und nach kamen wir uns näher. Ursprünglich kamen er und seine Familie aus Norddeutschland. Sein Vater hatte eine Stellung bei der Bundesweht bekommen, die 1956/1958 wieder neu aufgebaut wurde. Im Gegensatz zu mir besaß er einen eigenen Plattenspieler, sogar von DUAL, und vor Allem, was noch viel wichtiger war, eigene Platten. Ich sehe den Plattenspieler noch heute vor mir. Ein rechteckiger Kasten aus braunem Holz mit abnehmbarem Deckel. Der Deckel bestand aus 2 Lautsprechern, die per Kabel mit dem Chassis verbunden waren. Hier liefen nur 45er Platten.
Hier hörte ich zum ersten Mal „The Shadows“, eine Band aus London, die damals ausschließlich Instrumentals spielte. Und zwar nicht mit Klavier, Geige und Cello, sondern es waren vier Mann mit 3 Elektrogitarren und einem Schlagzeug. Es war die Band von Cliff Richard, von dem ich zwar schon mal etwas gehört hatte, aber was der für Musik machte, war mir nicht bekannt. Ich hörte „Wonderful Land“ und „Apache“. Da war es um mich geschehen. Diese Musik hörte sich an wie der Klang aus einer anderen Sphäre. So etwas Schönes und Melodisches hatte ich noch nie gehört. Noch heute, 60 Jahre später, kann ich von dieser Musik nicht genug bekommen. Etliche Male habe ich sie Live auf der Bühne gesehen und besitze alle DVD’s.
1962 erschienen die Beatles auf der Musikszene und natürlich wurden die dann zu einer unserer Lieblingsbands Es begann die Ära des „Brit Pop“. Nun war es nicht so, dass man diese „entartete Musik“ an jeder Ecke zu hören bekam. Die deutschen Sender spielten diese Musik nicht und auch in England tat man sich sehr schwer. Es etablierten sich „Piratensender“ im Ärmelkanal, die außerhalb der 3-Meilenzone illegal Rockmusik auf Mittelwelle sendeten. Der bekannteste war „Radio Caroline“. Nachts war die Übertragung besser, aber immer noch grottenschlecht. Die Töne waren von Störgeräuschen überlagert, die Lautstärke schwankte stark und manchmal verschwand der ganze Sender.
Meinem Vater gefiel das Ganze überhaupt nicht und verbat mir, dieses „Gekreische und Gejohle“ überhaupt zu hören. Es machte es für ihn nicht leichter, dass alles in Englisch „geschrien“ wurde. Seiner Meinung war in der Vergangenheit vieles falsch gelaufen. Hätte man den „Führer“ nicht an der Ausübung seiner wichtigen Mission gehindert, würden die Engländer heute Deutsch sprechen und man wüsste, was die da zu grölen haben. Andererseits wäre uns unter dem „Führer“ diese Abart von Musik erspart geblieben. Der hätte abartige Musik verboten und gewusst, wie man mit den Urhebern zu verfahren hätte. Wie ER überhaupt immer gewusst habe, wie man mit Menschen verfahren müsse, die sich nicht anpassen konnten. Es war generell in den Kreisen meines Vaters üblich, immer den „Führer“ herbeizusehnen, wenn irgendetwas nicht nach deren Gusto lief. Es herrschte seltsame Übereinstimmung, dass der „Führer“ sich nur versteckt hielt und irgendwann mit neuer Kraft auf der Weltbühne erschien und alles zum Guten richten würde. Es war so eine Art „Fakenews“ in Verbindung mit „Verschwörungstheorie“.
Es ist für mich mehr als nur erstaunlich, dass es, auch in der heutigen Zeit, immer noch Menschen gibt, die sich diesem rechtsextremen Gedankengut mit großem Enthusiasmus nähern. Verfehlte Bildungspolitik?
Er, mein Vater, nicht der „Führer“, ging auch einmal die Woche zur Probe in den „Gesangverein“. Dort pflegte man „Deutsches Liedgut“, „Deutsches Bier“ und „Deutsche Tugenden“. Singen, saufen, schlagen. Kam er nach der anstrengenden Probe mehr oder weniger besoffen nach Hause, musste dann meine Mutter herhalten. Er lebte nach dem Spruch: „Schlag deine Frau zwei Mal täglich, auch wenn du nicht weißt, warum. Sie wird es schon wissen.“ Er war ein absolutes Ekelpaket.
Als ich bei der Bundeswehr diente, hatte er nur noch meine Mutter als „Punching Ball“.