Tägliche Erneuerung. Ole Hallesby
Nacht auf dem galiläischen Meer erlebten. Aber wir sind alle draußen auf einem noch größeren Meer; auf dem großen, stürmischen Meer des Lebens. Oft kann es schön sein, dort zu fahren. Aber es kann auch schrecklich sein, im Dunkeln, bei Gegenwind im aufgewühlten Meer, das unser kleines Boot zu verschlucken droht. Wie leicht kann nicht plötzlich ein großer Sturm losbrechen. Kanntest du nicht den alten stattlichen Seemann, der in Jahrzehnte langer Mühe sich ein kleines Kapital aufgespart hatte, so dass seine Frau und er auf ihre alten Tage sorgenfrei leben könnten? Durch einen Bankcrash verlor er alles, jeden einzelnen Cent. Oder sieh das junge Mädchen da draußen, mit dem schwarzen Schleier vor ihrem verweinten Gesicht! Sie kommt vom Grab eines jungen Mannes, mit dem sie all ihre schönsten Träume begraben hat. Oder sieh den, der da im Rollstuhl sitzt! Ein Opfer der Kinderlähmung, lahm und körperlich behindert für sein ganzes Leben. Eine Mutter bittet für ihr krankes Kind, und sie kann es behalten, aber es ist geisteskrank für sein weiteres Leben.
Oder sieh die Mutter, deren Sohn weder geisteskrank noch lahm ist, aber seine Mutter mit seinem gottlosen Leben peinigt! Einer meiner Freunde musste innerhalb von 23 Monaten seine Frau und drei Kinder beerdigen. Er sagte: „Mir scheint, sie könnten mich gleich mitbegraben.“ Dabei hatte er Haus und Hof, Feld, Wald und Geld genug. Aber das Schlimmste ist, wenn Jesus uns fernbleibt. Wir verstehen seine Handlungsweise nicht und zweifeln und murren. Da ruft Jesus im Dunkeln und im Unwetter: Ich bin es, ich habe das alles gesandt. Ich komme zu dir in Kummer, Not und Bedrängnis.“ Und sobald wir seine Stimme hören und erkennen, sind wir erlöst.
3. Februar
Mich hat herzlich danach verlangt, dieses Passalamm mit euch zu essen.
Lukas 22,15
Es ist mir schwer, an all die Gläubigen zu denken, die aus dem einen oder anderen Grund das Abendmahl versäumen. Wir haben ja hier in unserem Land eine große Gemeinde englischer Herkunft, die aus Prinzip nicht zum Abendmahl geht. Aber sonst gibt es nicht viele Menschen bei uns, die so offenbar das teure Mahl des Herrn verachten. Aber sie versäumen es trotzdem. Sie gehen selten zum Altar, weil sie sich für unwürdig halten. Ja, was hat doch der Gedanke um den „würdigen“ Abendmahlsgast der Gemeinde geschadet!
Wenn wir zum Tisch des Herrn gehen, wird nichts anderes gefragt, als was uns auch sonst gefragt wird, wenn wir uns dem lebendigen Gott nähern: Ob wir uns mit aufrichtigem Herzen in unserer Hilflosigkeit ihm zuwenden. Dieser Tisch ist der Tisch der Gnade. Hier wartet er darauf, allen armen, leeren und verängstigten Seelen den ganzen Reichtum seiner Gnade einfach so, umsonst, zu geben. Er wartet darauf, kalte Herzen zu erwärmen, durstige Seelen zu erfrischen. Hungrige zu sättigen und müde Hände und kraftlose Knie zu stärken. So oft du zu seinem Tisch kommst, geht er still und unbemerkt hinein in deine Seele und in deinen Leib und wirkt sein verborgenes, aber seliges Werk. Darum gehe zum Tisch des Herrn, so oft er gedeckt wird und du dabei bist! Bleibe nicht als Zuschauer sitzen, wenn andere Kinder Gottes zum Altar gehen. Gehe zum Tisch und preise den Herrn, der dir dazu die Gelegenheit gab.
4. Februar
Wandelt im Geist, dass ihr nicht das Begehren des Fleisches vollbringt.
Galater 5,16
Jesus kam, damit wir das Leben und das im Überfluss haben sollen. Er erlöste uns nicht, dass wir den Kampf durch dieses Leben in den Himmel verlieren sollten, sondern das wir siegen, zur Ehre dessen, der uns den Sieg so teuer erkaufte. So haben die Apostel Jesus verstanden. Gewiss sagen sie uns, dass wir in diesem Leben nie mit unserem alten Fleisch fertig werden, dessen Verlangen eine Feindschaft gegen Gott ist. Aber wenn wir im Geiste wandeln, sollen wir damit aufhören, des Fleisches Begehren zu tun. So sagt es uns das heutige Wort.
Es gibt viel schwaches und welkes Christentum unter uns, welches auf der Stelle tritt und nie einen Fortschritt in der Heiligung macht. Die alten Charakterfehler folgen uns von Jahr zu Jahr. Die guten Taten, von denen Jesus spricht, dass wir damit vor Menschen leuchten, glänzen durch deine Abwesenheit. Es wird nicht genug gegen die Sünde gekämpft; höchstens nach der Menschenweise. Mein Freund, weißt du, dass du schläfst und auf dem Wege zum Sterben bist? Hast du nicht von den Dornen gelesen, die die gute Saat langsam ersticken? Was willst du, sollen in deinem Herzen die Dornen oder die gute Saat aufgehen? Du fragst, was du tun sollst? Du sagst: Ich habe keine Kraft, keinen Willen, bin wie ein Lahmer, der es nicht mehr schafft, aufzustehen. Mein Freund, du hast vergessen, dass es etwas gibt, das heißt Gnade. Werfe dich in den Staub vor dem Gott der Gnade, bekenne deine laue Willenlosigkeit, dann vergibt er dir deine fürchterliche Sünde um des teuren Blutes Jesu willen! Und dann gibt er dir die Gnade, durch den Heiligen Geist. Und wenn du dann anfängst, im Geist zu wandeln, dann hörst du auf, die Begierden des Fleisches zu tun.
5. Februar
Ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott.
Kolosser 3,3
Alles Leben hat eine verborgene Seite. Es ist die, die wir meinen, wenn wir vom Geheimnis des Lebens sprechen. Auch göttliches Leben hat eine verborgene Seite - des neuen Lebens heiliges Mysterium. Dieses Leben ist immer verborgen, niemals liegt es bloß da vor eines anderen Menschen Auge. Was wir bei den anderen Gläubigen sehen, ist nur die Frucht ihres Lebens in ihrem Wesen, ihren Worten, Taten oder Leiden. Es ist eine wunderschöne Wahrheit, dass ein redlicher Christ mit Gott in seinem Herzen ein viel reicheres Leben lebt, als irgendein anderer Mensch ahnt. Vergiss das nicht, wenn du Gottes Kinder siehst! Sie können manchmal trocken und verwelkt aussehen, sie können kühl und verschlossen erscheinen; aber das schadet weder ihnen noch ihrer Umgebung. Aber wenn du das siehst, vergiss nicht, dass diese Gotteskinder innerhalb der wenig ansehlichen Schale oft einen reichen und schönen Kern eines zarten und vertraulichen Lebens mit Gott in sich tragen.
In dieser inneren, verborgenen Welt kämpfen wir, leiden wir, verlieren wir öfter und schlimmer als andere Menschen es ahnen. Hier schmerzen die offenen Wunden unseres Gewissens. Hier werden wir gezüchtigt unseres lauen und weltlichen Herzens wegen. Hier zittern wir in namenloser Angst. Hier sitzen wir oft fest in dem Sumpf der Verzagtheit.
Aber da drinnen erleben wir auch unsägliche Freude, nicht nur die großen „Taborstunden“, nein, auch die kleinen seligen Gnadenfunken im Alltag. Ein kleines Wort zum Trost und die Seele wird durchströmt von verborgener Kraft; oder eine Gebetserhörung, vielleicht einer Kleinigkeit wegen, aber doppelt lieb für uns, weil Gott uns seine Fürsorge in den kleinen Dingen zeigt. Oder kleine Siege über uns selbst, so klein, dass wir sie anderen gegenüber nicht erwähnen. Aber für uns ist es das Liebe und Unentbehrliche, das uns mit Gott in dankbarer Freude verbindet.
6. Februar
Die Saat geht auf und wächst empor, ohne dass sie selbst davon weiß.
Markus 4,27
Wenn der Herr sein Angesicht verbirgt, fühlt sich das Herz von jeder Wirkung der Gnade entleert. Eigenliebe und Weltlichkeit erfüllen jede Faser der Seele. Jedes Bereuen fühlt sich kalt an, und der Glaube scheint verschwunden zu sein. Das Gebet ist träge und das Wort trocken und ohne jeden Geschmack für die Seele. Wir spüren, dass alles verloren ist und Gottes Geist uns verließ. Und dann kommt der Erlöser und erzählt uns, dass das, was wir gerade erleben, überhaupt nicht gefährlich sei, sondern eher umgekehrt. Er sagt, dass wir uns eben in einem Wachstumsprozess befinden. Die Geheimnisse des Reiches Gottes sind zahlreich und groß. Und zu den Geheimnissen des Wachstums gehört, dass die Saat wächst, ohne dass sie es selber weiß. Was wir erleben, ist das Fallen des Laubes. Aber in der Zeit, in der das Laub fällt, reift die Frucht. Du sagst, wie könnte denn der Herr Frucht bei mir finden? Er sieht besser als du! Er sieht sowohl das Wachstum als auch die Frucht, wo du nichts sehen kannst. Da ist zum ersten die Sündenerkenntnis. Als du Christ wurdest, hast du bestimmt deine Sünde gefühlt. Aber so wie jetzt noch nie. Es ging dir wie Petrus, als er vor Jesus auf sein Angesicht fiel. Sah Petrus da sein Wachstum? Nein!