CORONA - Lasst sie sterben, wo sie sind.... Werner Meier

CORONA - Lasst sie sterben, wo sie sind... - Werner Meier


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Haar auswrang, fuhr die Kamera gierig an die überfüllte Auslage ihres Bikinioberteils. Eva richtete sich auf, warf ihre Haare mit einem lässig eleganten Schwung nach hinten, türmte sie mit nur zwei geübten Handgriffen nach oben und präsentierte Vollweibfigur. Kohns Geschöpf, der aus Eva Aphrodite modelliert, sich seine Göttin geschaffen hatte. Als nackerte Marmorstatue grüßte sie wie Kohn sie schuf in der Eingangshalle Elysions, der mondänen Beautyklinik oben auf dem Burgberg. Wenn man auf Fleischersatz stand, war Eva ein feuchter Männertraum.

      Ihr Schöpfer war ein sonnenbankgebräunter, trotz schlanker Figur leicht schwammiger Typ in blauer Badehose unter einem offenen schwarzen Seidenmantel. Auch der gab dem Schönheitspapst nichts Charismatisches.

      An der Wand am Kopfende des stiegen gealterte Menschen auf der einen Seite ins Freibad und kamen auf der anderen jung wieder raus. Der Jungbrunnen von Lucas Cranach dem Älteren von 1546. Der Garten der Lüste von Hieronymus Bosch bedeckte die Wand gegenüber und weckte bei mir Erinnerungen. Als Schüler hatte ich das Gemälde so interpretiert, dass Muttern zum Direx bestellt worden war.

      „Der Bosch ist eine perverse Sau.“

      Hatte Schüler Teufel gemeint und sich geweigert, sich in abartige Gehirne rein zu versetzen. Mir hingen in Boschis Werken zu viel scheußliches Getier und Dämonen rum. Im Lustgarten tummelten sich welche an einem Teich, der aus einer großen Walderdbeere kam. Er sollte den Lebensbrunnen darstellen, soviel ich noch wusste, und die nackerten Weiber mit vorne kahl rasierten Schädeln versinnbildlichten Nonnen, die sich vergnügten.

      Kohns Interpretation war eine andere.

      „Das Gemälde wurde lange Zeit fälschlicherweise als Warnung gegen die Todsünde Wollust interpretiert. In Wahrheit zeigt es ein friedvolles Zusammensein von Mensch und Tier. Der Garten der Lüste trägt seinen Titel zu Unrecht, es ist ein Garten der Liebe.“

      Scheinbar hatte Boschi sein Gemälde beim Malen selber falsch verstanden, das Postmortemlos vieler Künstler, sobald Klugscheißer sich über deren Werke hermachten und Botschaften rein dichteten. Während ich daran dachte der Künstler mochte vielleicht bloß stinkbesoffen gewesen sein, oder sonstwie vollgedröhnt.

      Ich gab mir eine volle Dröhnung mein Humor und zog mir auf DVD zum x-tenmal Ein Fisch namens Wanda rein. Noch bis zum Einschlafen kamen mir unkontrollierbare Spätzünder-Lacher aus.

      3

      Über dem Spreebogen und dem Regierungsviertel war gerade der Sonntag aufgegangen. Er legte sich sanft auf Büroflügel mit verglasten Wintergärten, die das Machtzentrum flankierten, den Kubus des Kanzleramtes, mit verglasten Sichtbetonfassaden auf der Eingangsseite und zum Kanzlergarten hin. Ein Baldachin aus weißem Sichtbeton hing im unteren Bereich der vorderen Fassade. Im Foyer mit wellenförmigen Decken führten raumgreifende Treppen weiter durch das Gebäude. Dort hauste auch Muttis Hausdrachen. Wie sie andere nannten. Flüsternd, hinter vorgehaltener Hand. Der weiche Mund tarnte ihr Durchsetzungsvermögen. Ein ausgeprägtes Grübchen am Kinn gab einen Hinweis darauf. Ihr graues Haar saß wie ein Helm auf ihrem schmalen Kopf. Die dicken Brillengläser vermittelten fälschlicherweise altjüngferliche Naivität, die strahlend blauen Augen vertrauensseliges Entgegenkommen, ihre blütenweiße Kragenbluse mit Rüschenknopfleiste unter dem dunkelblauen Blazer wirkte bieder. Dazu trug sie einen dunkelgrauen glatten knielangen Rock und schwarze Pumps mit niedrigen breiten Absätzen. Sie war 53, nur einsvierundfünfzig. Ihr Ego hatte es nicht nötig, sich sichtbar größer zu machen. Die sie wegen ihrer zierlichen Erscheinung nicht ernst genommen hatten, hatten meist keine Zeit bekommen, ihre Fehleinschätzung zu korrigieren.

      M lehnte sich in ihrem schwarzen Ledersessel mit flexibler Lehne zurück, die Augen geschlossen, beide Hände vorne fest auf den Armlehnen. Sie dachte über das Vieraugen-Gespräch mit der Kanzlerin nach, das sie zum gemeinsamen Morgenkaffee mit ihr bis eben in deren Büro über die Corona-Lage geführt hatte. Die Chefin war besorgt über die Lockerungen, ärgerte sich maßlos über Sorglose im Land und noch mehr über die Seuche, die über den großen Teich herüber schwappte.

      Der Wahnsinnige im Weißen Haus hatte die Büchse der Pandora geöffnet.

      Nicht mal ihr gegenüber würde die Chefin den US-Präsidenten so nennen. Aber M stellte sich gerne vor, wie sie in ein Kissen biss, um nicht laut loszuschreiben, nachdem sie wieder mal mit ihm zu gehabt hatte. Inzwischen hatte der Irre Corona in den Focus seiner immer grotesker werdenden Botschaften gestellt. Mit seinen verharmlosenden wie wirren Äußerungen und Twittern zu Covid19 schickte er täglich eine neue hochgiftige Mixtur aus Fake und Irrsinn auf die Reise um den Globus, gegen die es kein Eindämmungsmittel gab. Das Gaga-Virus erwies sich als auch hochansteckend. Rasend schnell fraß es sich global bis ganz nach oben. Und das Gaga-Virus sprach täglich aus dem Weißen Haus an die Welt. Warum Infizierte nicht Desinfektionsmittel trinken könnten, hatte der irre Donald sinniert. Was äußerlich wirkte, müsste es schließlich auch von innen. Jüngst im Juni hatte er bei einer Wahlkampfveranstaltung gemeint, je mehr getestet würden, umso mehr Infizierte würde man natürlich finden. Man sollte einfach langsamer testen. Gegen die Hirnseuche schützte kein 2-Meter-Abstand, keine Maske, und es war kein Impfstoff zu erwarten. Und der Vatikan hatte bis jetzt keinen wirksamen Exorzismus gegen das Gaga-Virus in eigenen Reihen. Der frühere Päpstliche Botschafter in den USA hatte ein Pamphlet verzapft, als wäre Donalds wahnsinniger Geist in seine Erzbischof-Klamotten geschlüpft. Noch schlimmer: zu den Unterzeichnern gehörten deutsche Bischöfe und ein Kardinal. Nach ihrer Überzeugung diente Corona als Vorwand für die Errichtung einer Weltregierung, um alle Menschen unter Kontrolle zu bringen. Dabei hatte das Christentum genau darum blutige Kriege geführt. Die aus Raum und Zeit gefallenen klerikalen Wirrköpfe schienen jetzt Konkurrenz zu wittern, die ihnen mit Corona- statt Gottesfurcht ihre Gläubigen abspenstig machen wollte. Pegida und AfD witterten im Virus-Wirrwarr fette Jagdgründe und dockten massiv an. Sogar ein Mitarbeiter im Bundesinnenministerium hatte die Coronamaßnahmen als unnötig angeprangert und das unter dem Briefkopf des Ministeriums verbreitet. Was bei Verschwörungsfans die Überzeugung festigte, das Papier beweise die Nichtexistenz des Virus und das Wissen der Regierung darum. Das wäre der wahre Grund warum der Whistleblower geschasst worden war. Der kein Whistleblower war, sondern ein Irrläufer. Die Spinner der Welt waren dabei, sich um Donald zu vereinen und sich zu radikalisieren.

      Vielleicht würde es dem Irren das Maul stopfen, wenn er sich das Virus selbst einfangen würde, hatte M. gedacht, es nicht ausgesprochen. Die Chefin hätte das nicht gebilligt.

      M hatte Mühe gehabt, das Gespräch auf ihre aktuellen Bauchschmerzen zu lenken. Auch im politischen Inland war Gefahr von einem Großmaul im Verzug. Corona hatte die bundesweiten Umfragewerte für Bayernkönig Markus besorgniserregend in die Höhe schießen lassen. Und er hielt sich hartnäckig mit vorne. Wobei es passte, dass der Bayer von einer Seuche hoch geschwemmt worden war, dachte M böse. Die Chefin war darüber nicht glücklich. Das war nicht ihre Vorstellung davon wem sie die Republik übergeben wollte. Hatte M jedenfalls bis jetzt geglaubt. Sie war entsetzt, als die Chefin eine Einladung des Bayern nach Herrenchiemsee angenommen hatte. Von nicht wenigen eigenen Parteimitgliedern verärgert zur Kenntnis genommen, weil mitten in der Coronakrise als öffentlicher Ritterschlag für ihre Nachfolge verstanden. Gegen Armin in Nordrhein-Westfalen. Sie hatte nochmal versucht ihr wenigstens die Kutsch- und Dampferfahrt mit Markus in letzter Minute auszureden. Ganz gegen ihre Natur hatte die Chefin sich vergnügt die Hände gerieben.

      „Das wird ein Mordsspaß.“

      M fragte sich jetzt ob die Chefin noch wusste was sie tat und verstand, dass der Bayer mit kaltem Kalkül in ihrem Kielwasser schwamm. Sie war immer noch ganz oben in der bundesweiten Beliebtheitsskala des Politbarometers. Und er demonstrierte den Schulterschluss mit ihr, schmuste sich bei jeder Gelegenheit als ihr Nachfolger an. Vielen war schon jetzt nicht mehr klar folgte der Bayer dem Corona-Kurs der Kanzlerin, oder sie schon seinem.

      Keinem der Maßkrugpolitiker dort unten im Süden konnte man trauen. Für M regierte dort immer schon Mafia. Dem Bayern war sonnenklar, dass er den bundesweiten Hype um sich nur Corona zu verdanken hatte, für ihn ein Wettlauf mit der Zeit. Weil der Hype mit Corona verfliegen würde. Noch klopfte die Katastrophe ans hohe Haus. Ein möglicher nächster Kanzler aus den Reihen der intriganten Schwester.

      Nicht, wenn M


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