Dr. Daniel Staffel 9 – Arztroman. Marie Francoise
verdienen.«
»Dr. Daniel ist sehr nett«, gab Nikola zurück. »Er wird hier sicher nichts Unnötiges machen.« Sie zögerte, dann fügte sie hinzu: »Ich vertraue ihm.«
Das gefiel Kai ganz und gar nicht, doch er hütete sich, eine diesbezügliche Bemerkung zu machen.
»Ich komme heute abend zu dir«, signalisierte er.
Nikola nickte, dann küßte sie ihn zum Abschied. Als er gegangen war, packte sie ihr kleines Köfferchen aus, zog ein Nachthemd an und legte sich in das frisch bezogene Bett. Sie fühlte sich unsicher in dieser fremden Umgebung und sehnte fast den netten Arzt herbei, den sie gestern kennengelernt hatte. Dr. Daniel machte einen so zuverlässigen Eindruck.
Nikola sah, wie sich die Tür öffnete. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie erkannte, daß es Dr. Daniel war, der jetzt zu ihr hereinkam.
»Guten Morgen, Fräulein Forster«, konnte sie von seinen Lippen ablesen. »Wie fühlen Sie sich?«
Nikola holte den Block hervor, den man ihr samt Stift bereitgelegt hatte und schrieb: Die Klinik ist sehr angenehm. Man hat gar nicht das Gefühl, in einem Krankenhaus zu sein.
Dr. Daniel las, dann lächelte er. »Ich freue mich, wenn es Ihnen bei uns gefällt.« Spontan setzte er sich auf die Bettkante, reichte Nikola den Block wieder und wurde plötzlich ernst. »Sie wissen, daß ich bei der gestrigen Untersuchung einige ganz schlimme Verletzungen entdeckt habe. Deshalb habe ich die körperliche Untersuchung, die nötig gewesen wäre, nicht wirklich durchgeführt, sondern nur so getan, weil Ihr Verlobter anwesend war, der von dieser Geschichte offenbar gar nichts weiß.« Er schwieg kurz. »Möchten Sie mir erzählen, wie es zu diesen Verletzungen kam?«
Heftig schüttelte Nikola den Kopf. Ihre Hand zitterte als sie nun schrieb: Verzeihen Sie, aber ich kann noch nicht darüber sprechen.
Dr. Daniel nickte. »Das respektiere ich natürlich.« Er nahm Nikolas Hände und hielt sie fest. »Wenn Sie soweit sind, dann geben Sie mir bitte Bescheid. Ich werde mir für Sie Zeit nehmen – gleichgültig, wann immer es sein wird.«
In Nikolas Augen stand Dankbarkeit.
Ganz sanft drückte Dr. Daniel ihre Hände, dann sah er die junge Frau aufmerksam an. »Wie sieht es heute mit Ihren Unterleibsbeschwerden aus?«
Die Schmerzen sind noch immer da, schrieb Nikola, zögerte kurz und setzte hinzu: Vielleicht hängt es auch mit diesen Verletzungen zusammen.
Dr. Daniel las, dann nickte er. »Das ist gut möglich.« Er lächelte sie aufmunternd an. »Wir werden die Ursache dafür schon finden, Fräulein Forster. Für heute mittag habe ich eine Untersuchung angesetzt, die man als Pelviskopie bezeichnet.« Er sah die Angst in Nikolas Augen und streichelte beruhigend ihre Hand. »Keine Sorge, Sie werden davon nichts spüren. Die Untersuchung wird in Vollnarkose durchgeführt. Sie werden ein bißchen schlafen, und wenn Sie aufwachen, ist schon alles vorbei.«
Nikola atmete merklich auf und machte dann eine Handbewegung, die Dr. Daniel unschwer deuten konnte.
»Sie müssen sich nicht bedanken«, meinte er. »Rücksichtnahme ist für mich ganz selbstverständlich – und zwar in jedem Fall.«
Nikola nahm den Block wieder zur Hand, lächelte Dr. Daniel an und schrieb: Ich bin sehr froh, daß ich hiersein kann.
*
Als Dr. Daniel nach dem für ihn äußerst ungewohnten Gespräch wieder auf den Flur trat, kam ihm die Stationsschwester der Gynäkologie, Carola Stenzl, entgegen.
»Die arme Frau«, urteilte sie mit einem teilnahmsvollen Blick zu der Tür, hinter der sie Nikola Forster wußte. »Es muß schrecklich sein, wenn man nicht hören und sprechen kann.«
»Ja«, stimmte Dr. Daniel zu. »Ich stelle mir das ebenfalls sehr schlimm vor. »Er schwieg kurz. »Es ist auch äußerst schwierig, ihr in diesem Fall ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln, dabei hätte gerade sie es jetzt bitter nötig.«
»Ihr Freund ist ein recht unangenehmer Zeitgenosse«, meinte Carola, die glaubte, daß sich Dr. Daniels letzte Worte auf Kai bezogen hatten, doch der Arzt schüttelte den Kopf.
»Ich weiß nicht, ob man das so pauschal beurteilen kann«, entgegnete er. »Ich gebe zu, daß mir Herr Horstmann nicht übermäßig sympathisch ist, aber vielleicht versucht er einfach nur, seine Verlobte zu schützen.«
Carola nickte nachdenklich. »Von dieser Seite habe ich es eigentlich noch nicht betrachtet, aber Sie können natürlich recht haben. Wahrscheinlich ist er nur besorgt um sie.«
»Ich bin sicher, daß ich das in diesem Falle auch wäre«, meinte Dr. Daniel, dann blickte er auf die Uhr. »Ich muß jetzt in die Praxis. Während meiner Mittagspause soll die Pelviskopie bei Fräulein Forster gemacht werden. Sie darf also wegen der anstehenden Narkose nichts mehr zu essen bekommen. Informieren Sie bitte auch Frau Dr. Metzler, daß Sie sich so gegen ein Uhr für die Anästhesie bereithalten möchte. Ich hätte sie selbst informiert, aber ich muß mich nun wirklich beeilen.«
»Keine Sorge, Herr Doktor, ich werde es ihr ausrichten«, versprach Carola, und Dr. Daniel wußte, daß er sich auf die junge Krankenschwester verlassen konnte.
In der Praxis warteten dann auch tatsächlich schon etliche Patientinnen auf ihn. Die Sprechstunde zog sich entsprechend in die Länge, so daß Dr. Daniel nur mit Mühe und Not um ein Uhr zur Stelle sein konnte.
In der Zwischenzeit hatte man Nikola bereits in den kleinen Operationssaal der Gynäkologie gebracht und die Anästhesistin Dr. Erika Metzler leitete soeben die Narkose ein.
»Das klappt ja alles wie am Schnürchen«, stellte Dr. Daniel zufrieden fest. »Vielleicht komme ich dann vor Beginn der Nachmittagsstunde sogar noch dazu, einen Happen zu essen.«
Er beugte sich über Nikola und sah, daß ihre Lider schon zu flattern begannen.
»Sie müssen überhaupt keine Angst haben, Fräulein Forster«, meinte er, obwohl er nicht sicher war, ob Nikola in diesem Zustand noch von seinen Lippen würde ablesen können. »In ein paar Minuten ist alles vorbei.«
Keine Reaktion von Nikola deutete darauf hin, ob sie verstanden hatte oder nicht. Die Augen fielen ihr zu. Dr. Daniel tauschte mit Erika Metzler einen kurzen Blick.
»Also, fangen wir an«, meinte er. Er nahm zuerst die körperliche Untersuchung vor, die er Nikola wegen der sicher noch schmerzhaften Verletzungen in seiner Praxis nicht hatte zumuten wollen, doch hier ergab sich kein krankhafter Befund, was die Pelviskopie tatsächlich erforderlich machte.
Dr. Daniel griff nach dem Skalpell und setzte den kurzen Schnitt, der nötig war, um die Untersuchung durchzuführen. Es dauerte tatsächlich nur wenige Augenblicke, bis er den Abstrich von den Eileitern genommen hatte.
»Bringen Sie das bitte ins Labor«, wies er die OP-Schwester der Gynäkologie, Monika Merten, an. »Vielleicht kann Dr. Scheibler es heute noch auswerten.«
Schwester Monika nickte und beeilte sich, Dr. Daniels Anordnung nachzukommen. Währenddessen legte dieser schon die kurze Naht, dann trat er vom OP-Tisch zurück und warf einen Blick auf die große Uhr, die über dem Eingang zum Operationstisch hing.
»Erika, bringen Sie die Patientin bitte in den Aufwachraum«, sagte er. »Ich werde in der Kantine noch eine Kleinigkeit essen und dann selbst nach Fräulein Forster sehen.«
»In Ordnung, Robert«, stimmte Erika zu. Sie lächelte. »Lassen Sie sich mit dem Essen ruhig etwas Zeit. Ich werde mich in der Zwischenzeit schon um die junge Frau kümmern.«
Dieses Angebot hätte sich die Anästhesistin sparen können, denn natürlich nahm sich Dr. Daniel fast gar keine Zeit. Obwohl er wußte, wie ungesund es
war, aß er äußerst hastig und machte sich danach unverzüglich auf den Weg zum Aufwachraum, wo Nikola auch gerade zu sich kam.
Dr. Daniel beugte sich über sie und lächelte in ihre müden Augen.
»Haben Sie Schmerzen, Fräulein Forster?«