Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Paket 2 – Western - William Mark D.


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die Stunden krochen im Schneckentempo dahin.

      Als die Nacht kam, stand der Gefangene mit weit offenen Augen an den Eisentrallen der Gittertür und starrte auf das winzige Fenster.

      Ein Geräusch ließ ihn aufschrecken. War es ein großer Nager, der sich irgendwo am Holz zu schaffen machte?

      Da, das Geräusch kam von der Tür zum Hof. Leise knirschte das Schloß. Dann ächzten die Angeln.

      Ein matter Lichtschein fiel in den Raum. Gleich darauf wurde die Tür voll geöffnet, und Elliot sah in ihrem Rahmen die Silhouette eines hochgewachsenen Mannes, der sich kurz umsah und auf die Zelle zukam.

      »He, Cowboy, stecken Sie da drin?«

      Beim Klang dieser Stimme war Elliot zusammengezuckt. Die Ahnung, die ihn für einen Bruchteil einer Sekunde befallen hatte, als er die Silhouette des Fremden im Türrahmen sah, war zur Gewißheit geworden: Es war derselbe Fremde, der ihm schon dreimal auf seinem Ritt nach Tombstone begegnet war.

      »Wie… sind Sie hier hereingekommen?«

      Der Missourier wandte sich um und ging so, als bewegte er sich täglich hier im Office, durch den Raum auf den Wandhaken zu, an dem das große Schlüsselbund hing.

      Eine Minute später öffnete sich die Gittertür und der Cowboy John Elliot war frei. Wyatt Earp nahm ihn am Arm und schob ihn zur Hintertür hinaus. Sie durchquerten den Hof, stiegen hinten über die Fenz, kamen in eine Nebengasse, und dann sah Elliot zwei gesattelte Pferde an einer Halfterstange stehen.

      Der Fremde zog sich in den Sattel.

      Elliot starrte zu ihm hinauf. Der Mann war ihm allmählich unheimlich geworden.

      »Wie haben Sie mich gefunden, Mister?«

      Der Marshal steckte sich eine Zigarre zwischen die Zähne und zündete sie an. Einen Augenblick huschte der Lichtschein des Streichholzes über sein markant geschnittenes Gesicht.

      »Zufall, Cowboy. Ich kam gegen Abend durch die Stadt, hatte hier etwas zu besorgen und stellte mein Pferd im Corral ab. Da sah ich dann Ihren Braunen und dachte mir: Wenn der Cowboy nicht mal wieder in der Tinte steckt, dann will ich Moses heißen. Yeah, und dann erfuhr ich von einem Peon, was los war.«

      »Und wie sind Sie ins Sheriffs Office gekommen?«

      »Eigentlich ist das ja mein Berufsgeheimnis, Cowboy, aber ich will es Ihnen verraten: Sheriffs Bureaus haben eine merkwürdige Eigenart. Sie sind vorne gesichert wie ein Panzerschrank und hinten wie ein Hühnerstall. – Und nun halten Sie die Augen offen, und schießen Sie wirklich nur, wenn es gar nicht anders geht. Und auch dann genügt es meistens, wenn man die Leute verletzt. So long, Cowboy.«

      Der Missourier nahm die Zügel auf und trabte durch die Gasse davon.

      Elliot stand benommen auf dem Fleck und sah ihm nach. Er wollte etwas rufen, machte eine vage Handbewegung, aber dann ließ er die Hand wieder sinken.

      Erst nach und nach drang in sein Bewußtsein ein: Ich bin frei!

      Tief sog er die frische Nachtluft ein. Er schwankte fast, als er sich umwandte. Jetzt erst stellte er fest, daß es sein Pferd war, das da aufgesattelt neben ihm stand.

      Irgendwo in der Ferne schlug ein Hund an. Ein Fensterladen quietschte.

      Da kam Leben in die Gestalt des Nevadamannes. Er zog sich in den Sattel und trabte davon.

      Als die Stadt hinter ihm lag, hielt er an und sah sich um. Da lag es, das unselige St. David, die Stadt, in der sie ihn hatten hängen wollen.

      Jetzt gab er dem Wallach die Sporen und sprengte nach Südwesten davon.

      Nach zwanzig Meilen etwa lenkte er den Braunen von der Fahrstraße ab auf eine Turmkakteengruppe zu, zwischen der er Rast machte.

      Eine seltsame Müdigkeit hatte ihn ergriffen. Er wollte nicht einschlafen, aber der Körper forderte seinen Tribut für die zwei durchwachten Nächte. John Elliot fiel in einen bleiernen Schlaf, aus dem er erst erwachte, als ihm die flammendrote Morgensonne in die Augen stach.

      Er sprang auf und sah sich nach allen Seiten um.

      Fünf Yards neben ihm stand sein Wallach. Sonst war weit und breit kein Lebewesen zu entdecken.

      Sand, Kakteen und verdorrte Sträucher. Eine trostlose Landschaft. Und darüber der ewig blaue, flimmernde Himmel Arizonas.

      Und mitten durch diese Wüste grub sich eine Wagenspur, die die Fahrstraße nach Süden bildete. Der Weg nach Tombstone!

      Dieser Gedanke gab John Elliot neue Spannkraft. Obgleich seine Kehle wie ausgetrocknet war und sein Magen vor Hunger knurrte, zog er sich sofort in den Sattel und ließ den Wallach weit ausgreifen.

      Vergessen war alle Not, alle Sorgen, die ihn noch vor wenigen Stunden zermartert hatten. John Elliot dachte nur noch an Tombstone.

      *

      Es war gegen elf Uhr, als vor ihm am Horizont Häuser auftauchten.

      Links vom Weg lag der Boot Hill.

      Die morschen, halbverfallenen Holzkreuze und die schiefen grauweißen Grabsteine boten einen makabren Anblick. Welch trauriger düsterer Empfang! Aber der Cowboy John Elliot war am Ziel.

      Auf dem Stamm einer morschen Silberpappel war ein verwittertes Schild angebracht: TOMBSTONE.

      Sah er nicht die Trostlosigkeit dieser Stadt? Ihre Armseligkeit, die im braungelben Sand zu ersticken drohte? Als er in die Allen Street eintrat, hielt er einen Augenblick auf der Höhe des China Mary’s Hotel an und blickte die breite Straße hinunter.

      Die Vorbauten, die hier fast alle Häuser hatten, waren leer. Links an der Ecke, auf der Veranda des Arizona Corral, saß ein alter Mann in einem Schaukelstuhl.

      Elliot ritt auf den Mann zu. Mit einem eleganten Sprung war er aus dem Sattel, warf die Zügelleine über den Querholm und betrat den fast ebenerdigen Vorbau.

      Grüßend tippte er an seinen Hut-rand und baute sich breitbeinig vor dem Alten auf. »Das ist hier Tomb-

      stone, nicht wahr?«

      Der Alte hob langsam den Kopf. »Yeah, leider.«

      Aber auch diese Begrüßung vermochte den Enthusiasmus des Burschen nicht einzudämmen. Er stellte sich an den Rand des Vorbaues und blickte zwinkernd die Straße hinunter, die von den grellen Strahlenbündeln der Sonne in Brand geraten zu sein schien.

      »Ich bin in Tombstone.« Er sagte es dreimal leise vor sich hin.

      »Na, und?« fragte die quäkende, mürrische Greisenstimme des Alten im Schaukelstuhl.

      »Ah, nichts, Alter.« Elliot stieg vom Vorbau, löste die Zügelleine und führte den Braunen die Straße hinauf.

      Allen Street – da stand es auf einem Schild, das primitiv mit zwei Nägeln an einen Vorbaupfeiler genagelt worden war.

      John Elliot ging weiter.

      Gegenüber an der anderen Ecke links war Quon Kees Can-Can Restaurant. An der anderen Ecke lag Haffords Corner Saloon. Und da gegenüber wieder war die Kenan Looping Bar.

      Hinter Haffords Corner Saloon lag das Cosmopolitan Hotel, daneben der Occidental Saloon, und daneben das Alhambra, dann Bob Heatchs Saloon – Schenke an Schenke. Alles Namen, die er schon gehört hatte.

      Und plötzlich, an der Ecke zur fünften Straße, blieb er wie angewurzelt stehen. Er starrte mit weit offenen Augen auf ein eingeschossiges hölzernes Eckhaus, von dessen gelber Fassade in flammendroten Lettern der Name CRYSTAL PALACE herunterleuchtete.

      »Der Crystal Palace«, murmelte er.

      Er ließ seinen Gaul stehen und ging auf die Schenke zu. Sie sah genauso aus wie die anderen Schenken der Stadt, wie überhaupt alle Schenken in dem Westen. Vorn an der Ecke war der Eingang. Zwei lange hölzerne Schwingarme versperrten die Sicht in den Schankraum.

      Der Cowboy John Elliot hätte es ohnehin nicht gewagt,


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