Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.
John Elliot sah ihr nach.
Da stand plötzlich der Neger neben ihm. Er strich sich mit seiner Rechten durch das weiße Haar und meinte: »Es freut uns, Master, daß es Ihnen bessergeht.«
Elliot deutete über seine Schulter und fragte: »Sie lebt allein?«
Der Schwarze nickte.
»Yeah. Ihr Mann ist oben bei Gettysburg gefallen. Und der Junge starb am Fieber.«
So war das also. Nein, kein Platz für den Cowboy John Elliot. Er liebte die Düsternis und Bitterkeit nicht.
Am nächsten Tag ritt er weiter.
Die Frau hatte ihm Proviant für mehrere Tage und eine zweite Wasserflasche mitgegeben.
Die beiden Farbigen standen am Tor und winkten ihm nach.
Die Frau ließ sich nicht sehen.
Wie hätte der junge Cowboy John Elliot auch wissen können, da sie oben in ihrer Kammer am Fenster saß und mit tränennassen Augen durch die Gardinen zu ihm hinuntersah…, weil er Eric so glich. Ihrem Mann, den sie nach anderthalbjähriger Ehe schon hatte hergeben müssen.
Von Prescott aus hielt sich John Elliot jetzt nach Südosten. Neun Meilen hinter der Stadt begegnete er einem einzelnen Reiter.
Es war ein eisgrauer alter Mann mit vertrocknetem Gesicht und ausgemergeltem Körper. Seine Kleidung war direkt abenteuerlich, bunt, mit zahllosen Flicken besetzt und sicher fast ein halbes Jahrhundert alt.
»Tombstone?« In den Augen des Greises blitzte es auf. »Yeah, ich kenne es. Wer kennt es nicht? Eine schöne Stadt. Viel los da unten. Tja, also, da müssen Sie nach Südosten reiten. Noch schärfer auf dieser Route. Nach Phoenix, und von dort nach Tucson. Von dort hinüber ins Cochise County…«
Der angegebene Weg war schon richtig. Aber Worte sind schneller als Hufe…
In der kleinen Stadt Glendale, dicht vor Phoenix, merkte John Elliot es zum ersten Mal. Schweiß stand auf seiner Stirn, seine Augen brannten, und in seinen Oberschenkeln wühlte ein merkwürdiger Schmerz.
Er war krank.
Aber er hatte kein Geld, einen Doc aufzusuchen. Und umkehren? Nein, der Weg war zu weit.
Er kam noch genau sechsundzwanzig Meilen vorwärts. Knapp eine halbe Meile vor Chandler fiel er ohnmächtig vom Pferd.
Owen Georges fand ihn, der Sohn eines Salooners, der in Phoenix gewesen war und neuen Whisky geholt hatte.
Wieder – wie vor kurzem – wurde John Elliot auf die Ladefläche eines Wagens geschoben und davongefahren. Der braune Wallach trottete mit hängendem Kopf hinter dem Wagen her.
Owen brachte den Mann nach Hause.
Der Salooner, ein bärtiger, dickleibiger Mann mit mürrischem Gesicht, musterte den Fremden unwillig.
»He, wer weiß, was er hat! Wie kannst du ihn zu uns ins Haus bringen?«
»Noch ist er ja im Hof«, meinte der Junge. »Ich werde den Doc suchen.«
Doc Billroy hatte ein verkniffenes Gesicht, trug einen gelben Gehrock und einen schwarzen, zerschlissenen Zylinder. Seine knollige Nasenspitze war blaurot.
Er war ein Gewohnheitstrinker. Er saß im Halleluja Saloon und pokerte trotz seiner sieben Glas Brandy und vier Glas Whisky noch bemerkenswert scharf.
Der junge Georges stieß ihn an. »He, Doc, Sie müssen zu uns kommen, wir haben einen Mann im Hof… Er schläft nicht, ist auch nicht betrunken, hat die Augen offen und kann doch nichts sagen.«
Doc Billroy hatte gerade eine Karte auf den grünen Tisch klatschen wollen, hielt aber mitten in der Bewegung inne und warf den Kopf zu dem Burschen herum.
»Sag das noch mal!«
Owen wiederholte seinen Bericht.
Der Doktor Billroy schien mit einem Schlag nüchtern geworden zu sein. Er warf die Karten auf den Tisch, vergaß jedoch in der Erregung keineswegs, sein Geld einzustecken, und rannte zur Tür.
Mit wehenden Rockschößen jagte er dem Saloonhof der Familie Georges zu. Dann stand er vor dem Wagen und blickte auf den Ohnmächtigen nieder.
Auf seinem vom Alkohol stark gezeichneten Gesicht standen schwere Schweißperlen.
»Das Fieber, das gelbe Fieber«, kam es bleischwer von seinen Lippen.
Die Umstehenden fuhren zurück.
»Das gelbe Fieber?« brüllte der Salooner. Dann warf er den Kopf zu seinem Sohn herum. »Er hat ihn gebracht, Doc! Er hat ihn angefaßt. Was ist jetzt mit Owen? Stirbt er auch?«
Der Doktor sah Owen an.
»Es gibt nur ein wirkliches Mittel«, und er nannte es gern: »Alkohol! Viel Alkohol. Nur er kann das Fieber vertreiben. Der Mann da allerdings ist verloren.«
»Schafft ihn weg!« brüllte der Sa-
looner. »Aus dem Hof mit ihm!«
Aber niemand getraute sich, den Nevadamann anzufassen.
Da kam hinten aus dem Anbau ein alter kahlköpfiger Mann mit nacktem Oberkörper, schwarzer Hose, und in der rechten Hand hielt er eine Axt.
Er hatte Holzklötze gespaltet.
»Yeah, Butch, dich brauche ich gerade!« rief der Salooner. »Bring den Mann da weg. Mit dem Wagen. Irgendwohin aus der Stadt raus. Und wenn du ihn abgeladen hast, scheuerst du unten am Creek den Wagen mit Ufersand.«
Der Alte reckte seine riesige Gestalt, nahm eine blaue Jacke von einem leeren Whiskyfaß und nahm das Pferd am Zügel. Draußen auf der Straße setzte er sich auf den Kutschbock.
Aber der Weg des Nevadamannes war noch nicht zu Ende.
Der Riese dachte gar nicht daran, ihn ›irgendwo abzuladen‹, im Gegenteil. Er fuhr aus der Stadt heraus auf eine kleine Farm zu, die seiner Schwester gehörte.
»Laurie!«
Die Frau erschien sofort auf dem Vorbau.
»Hier habe ich einen Burschen – er soll das gelbe Fieber haben.«
Die Frau kam an den Wagen.
Lange sah sie in das fahle Gesicht des Cowboys. Dann fragte sie: »Wer sagt, daß er das gelbe Fieber hat?«
»Der Doc.«
Sie nickte. »Yeah, vielleicht hat er recht. Aber auf jeden Fall werden wir dem Jungen erst mal eine ordentliche Portion Whisky einpumpen.«
In zwölf Tagen war John Elliot wieder gesund; seine robuste Natur hatte ihn auch das Gelbe Fieber überwinden lassen.
»Sie müssen noch ruhen«, meinte Laurie Walker.
Aber der Nevadamann wollte nicht mehr liegen. Er lief im Hof herum, machte sich an seinem Pferd zu schaffen und erklärte ein paar Tage darauf, daß er weiterreiten wolle.
»Sie müssen es selbst wissen, John«, sagte die Frau. »Ich weiß nicht, was Sie weitertreibt. Vielleicht ist es ja etwas Wichtiges, daß Sie schon wieder in den Sattel steigen müssen…«
Es war seine Unrast, die ihn nach Tombstone trieb. Immer noch hatte er fast zweihundert Meilen bis zu seinem Ziel zu reiten.
In Tucson waren seine sämtlichen Vorräte aufgebraucht, und er suchte einen Saloon auf, um ein paar Dollar zu machen.
Aus einem einzigen Dollar macht er zwanzig – in knapp drei Stunden.
Nun konnte er sich ein Hotelzimmer im Western-Hotel nehmen und schlief fast sechzehn Stunden ununterbrochen wie ein Bär.
Dann setzte er sich wieder in den Sattel.
Das Klima machte ihm am folgenden Tag jedoch höllisch zu schaffen. Arizona zeigte sich ihm mit seiner ganzen brutalen Glut, mit seinem heißen Sand, seinen staubtrockenen Dörfern