Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Paket 2 – Western - William Mark D.


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hämmerte es in seinem Schädel.

      »Hi-i-il-f-e…!« Schrill und dröhnend hallte der Schrei durch die Schlucht, brach sich an den Steinwänden der roten Felsbastionen und fiel in hundertfachem Echo zurück.

      John Elliot hatte sich aufgegeben.

      *

      Er hatte ein Gesicht, das aussah, als sei es aus dem roten Felsstein des Grand Canyons gemeißelt. Seine Augen waren dunkel, und scharfe Falten hatten sein Antlitz gezeichnet. In seinem blauschwarzen Haar, das bis zu seinen Schultern reichte, flimmerten schon zahlreiche Silberfäden.

      Der Meskalero Apache Ore Batica hatte mehr als sechs Jahrzehnte auf seinen Schultern. In seiner Jugend war er drüben in Colorado gewesen, wo er in den Felsenbergen allein nach Wild gejagt hatte. Und später, als er von dem Verzweiflungskampf seiner roten Brüder gegen die Weißen gehört hatte, war er zurück in seine Heimat gekommen, um unter dem Befehl des großen Häuptlings Cochise in den Heiligen Kampf zu gehen.

      Dieser Kampf war eigentlich nie recht entschieden worden. Der große Cochise hatte es immer wieder verstanden, das Vernichtungswerk der weißen Männer durch einen Friedensvertrag aufzuhalten.

      Ore Batica war darüber alt geworden. Er hatte sich nicht mit seinen Stammesgenossen ins Reservat sperren lassen, sondern war allein weitergezogen und jagte nun schon seit vielen Jahren hier oben am Grand Canyon.

      Er saß auf einer vorspringenden

      Felsnase an einem abschüssigen Pfad, den seine Urväter einmal in den Fels geschlagen haben mußten, und lauschte in die Teufelsschlucht hinunter.

      Da! Kam da nicht durch das Rauschen und Toben des Colorado River ein anderer Ton zu ihm herauf?

      Es gehörte schon das scharfe Ohr des geübten Jägers, das Ohr eines Apachen dazu, den Schrei aus so weiter Entfernung noch zu hören.

      Ore Batica erhob sich sofort und stieg mit seinen geschickten Füßen den Saumpfad hinauf, kletterte an einer Steilwand hoch, die jeder weiße Jäger für unersteigbar halten würde, hangelte sich an einer gefährlich vorspringenden Felsnase entlang, setzte im federnden Sprung über eine mehrere Yards breite Kluft und landete sicher drüben auf dem anderen Saumpfad.

      Wieder drang der Schrei an sein Ohr.

      Der Apache wußte jetzt, wo der Laut hergekommen war, wo er den Menschen zu suchen hatte.

      Nach geradezu waghalsigen Kletterpartien entdeckten seine scharfen Augen ihn in dem vorspringenden Gestein, in einer winzigen Felsspitze an die Tamariske gekrallt.

      Der Indianer hielt inne. Für einen Augenblick dachte er: Es ist ein weißer Mann. Und er ist verloren. Niemals kann ich die Kluft, die mich von seinem Felsen trennt, überspringen. Und wenn ich hinaufsteige aufs Plateau, muß ich viele Meilen laufen, um den Taleinschnitt, zu dem die Kluft sich später weitet, umgehen zu können. Bis dahin ist es Nacht. Und er ist abgestürzt.

      Wieder gellte der Schrei des weißen Mannes durch den Grand Canyon.

      Ore Batica blickte verzweifelt an seinem eigenen Hang hinunter und stellte fest, daß etwas sechzig, siebzig Yards unter ihm ein terrassenförmiger Vorsprung war, von dem aus er vielleicht den Sprung hinüber wagen könnte.

      Plötzlich hatte John Elliot den Mann im Gestein entdeckt. Ein Indianer, zuckte es in seinem Hirn.

      Da hob der Rote den Arm.

      Er hat mich gesehen! »Hiiilfe!« Heiser und wild entrang sich noch einmal der gellende Notschrei seiner Kehle.

      Der Indianer winkte mit der Hand und nickte.

      Der Hoffnungsfunke entfachte einen wahren Glutstrom in der Brust des Verunglückten. Als er dann aber sah, was der Rote da drüben vorhatte, lähmte ihn eisiges Entsetzen.

      Ore Batica, eng an den Fels gepreßt, rutschte mehrmals die Steilwand hinunter, fing sich aber immer wieder ab und landete schließlich auf dem Podest, von wo aus er die Kluft überspringen wollte. Als er jetzt vorn an dem Rand des Gesteins stand und hin-überblickte auf den Felsen, von dem er durch die Kluft getrennt war, sah er, daß der Abstand doch zu groß war, um drüben die kleine Felsnase, die er sich als Ziel ausgesucht hatte, erreichen zu können.

      Weiter unten aber sprang ein Felsstück wie ein gegen den Himmel gerichteter Finger vor, und Ore Batica maß schon die Entfernung dahin.

      Es war sehr weit. Aber wenn er einen Anlauf nahm und berechnete, daß es ein Sturzflug werden konnte, würde er es vielleicht schaffen.

      Vielleicht!

      Der Indianer überlegte nicht lange. Er ging zurück, bis er den Felsen im Rücken spürte, und nahm dann einen Anlauf.

      Jetzt erst löste sich das Entsetzen des Cowboys. »Nein…! Wahnsinn…!«

      Aber da flog der schlanke Körper des Roten nach zwei federnden Sätzen schon mit weit vorgesteckten Armen vom Felspodest über die Tiefe der Kluft.

      John Elliot hatte die Augen geschlossen.

      Als er sie wieder öffnete, sah er den Indianer nicht mehr.

      Nur das Rauschen des Flusses stieg zu ihm herauf, das immer mehr anschwoll, bis es dem Verunglückten fast die Besinnung raubte.

      Dann hörte er plötzlich ein Geräusch unter sich. Ein Tier? Ein Raubvogel vielleicht?

      Er hielt den Atem an und starrte in die Tiefe. Da, er glaubte seinen Augen nicht trauen zu dürfen, schob sich über die rissige Kante eines vorspringenden Steinstückes eine braunrote Hand. Eine Menschenhand!

      Die Hand hatte sich in den Stein gekrallt, schien wie leblos zu verharren und bewegte sich dann plötzlich, sprang weiter, und eine zweite Hand folgte ihr.

      Dann tauchte der schwarzblaue Schopf auf, in dem die Silberfäden blinkten.

      Für einen Augenblick hob der Indianer das Gesicht.

      John Elliot sah in seine dunklen Augen. Und dann beobachtete er, wie der rote Mann sich an dem Fels links im Klimmzug hinaufzog.

      Niemals hätte es der Cowboy für möglich gehalten, daß ein Mensch sich an dieser steilen Wand hinaufbewegen könnte. Mit bebenden Gliedern beobachtete er den lebensgefährlichen Kletterakt des Indianers.

      Jetzt befand Ore Batica sich noch etwa fünfzehn Yards schräg unter dem Weißen. Er stieg steil hoch und bekam die Felsrinne, die er angestrebt hatte, genau vor sich. Dann endlich war er auf gleicher Höhe mit Elliot, nur etwa neun Yards von ihm entfernt.

      Der Weiße starrte mit weit offenen Augen zu ihm hinüber. Was hatte der Rote vor? Wollte er ihn nur verhöhnen? Wollte dieser Felsenmensch ihm nur zeigen, wie er sich hier bewegen konnte?

      Das Gesicht des Indianers blieb ausdruckslos.

      Und plötzlich schwirrte eine Lassoschlinge durch die Luft, verfing sich in dem Geäst der Tamariske und ließ das Gesträuch erzittern.

      »Der weiße Mann muß das Seil dicht am Stein um die Astgabel schlingen.«

      Elliot tat es sofort.

      »Und jetzt wird sich der weiße Mann an das Seil hängen und immer eine Hand vor die andere nehmen. Mit den Füßen stößt er sich dabei immer vom Felsen wieder ab.«

      »Aber das Seil! Wenn es hier von der Astgabel losreißt?«

      »Der weiße Mann wird immer nur eine Hand von dem Seil lösen und sich mit der anderen festhalten. Selbst wenn das Seil drüben reißt, hier halte ich es fest, und der weiße Mann hängt immer noch am Seil.«

      Der Schweiß stand Elliot in dicken Perlen auf der Stirn, als er am Seil über der Felswand hing. Es dauerte lange, ehe er es wagte, eine Faust zu lösen.

      »Der weiße Mann muß schneller die Griffe wechseln«, mahnte ihn der Indianer. Und dann forderte er ihn auf, nicht in die Tiefe zu schauen.

      Plötzlich, als Elliot etwa die Hälfte der Distanz hinter sich hatte, wurde die Tamariske drüben mitsamt ihrer Wurzel aus dem Spalt gerissen.


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