Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Paket 2 – Western - William Mark D.


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      Riva war vor vierzig Jahren als Sohn italienischer Emigranten nach Boston gekommen und hatte sich bald in den Westen geschlagen. Hier war das Land, das er suchte – und das Leben, das er bevorzugte.

      Er war ein Bandit. Früher einmal hatte er unten in Florida in einer alten Hütte gelebt, sich auf Kosten eines italienischen Ehepaares ernährt, an einem nie fertigwerdenden Boot gebaut, mit dem er als ›freier Mann‹ die sieben Weltmeere durchkreuzen wollte. Aber das hatte eines Tages ein Ende gehabt, als er aus der Hütte mußte, weil eine Ölgesellschaft den Grund und Boden gekauft hatte. Da war der Italo-Amerikaner nach Westen gezogen.

      Hinunter nach Texas, an die einsame Grenze New Mexicos.

      Und hier trieb er sich nun schon einige Jahre vagabundierend umher. Eine Zeitlang war er unten auf der Corbintora Ranch gewesen, die einem Spanier gehörte, hatte als Peon gearbeitet, war aber dann bald weiter westlich gezogen und eines Tages auf Eddie Norton gestoßen.

      Norton war ein Satteltramp – ein Bandit.

      Die beiden überfielen einsame Reiter in der Gegend von Al Punato, beschossen einmal, allerdings aus sicherer Entfernung, von einer Sandsteinpyramide aus sogar die Overland, hatten aber damit keinen Erfolg und warben in El Rabada noch zwei weitere Tramps an, die mit ihnen zogen, Jimmy Deeger und Ric Oakland.

      Poul Riva hatte eine Bande.

      Bei dem ersten Feuergefecht in der kleinen Stadt Gingers am Croce River, schlug sich der Revolvermann Hearst auf Rivas Seite.

      Seitdem zählte die Crew fünf Männer.

      Was die nun seit drei Monaten bestehende Bande bisher erbeutet hatte, war mehr als wenig. Deshalb drängten die Männer ihren Anführer, etwas ›zu unternehmen‹.

      Riva hatte sich in seiner neuen Rolle als Bandenboß bisher wohl gefühlt. Aber was da auf ihn zukam, mißfiel ihm sehr. Er konnte nicht verstehen, daß die anderen so wenig genügsam waren, immer wieder im Sattel sitzen mußten, um irgendeiner Beute nachzujagen. Aber er dachte auch nicht daran, seinen ›Posten‹ als ›Boß‹ abzugeben. Deshalb sann er nach.

      Das, was Paoletto Riva ersann, war ebenso verwegen wie verlockend: Er hatte nicht mehr und nicht weniger vor, als die große Wells Fargo Station Santa Margerita zu überfallen.

      Sie alle kannten die Station. Sie lag mitten in der Sandwüste, nach allen Himmelsrichtungen hin über sechzig Meilen von jeder Stadt entfernt. Eine Versorungsstation dreier sich hier kreuzender Overland-Postlinien und zweier großer Trailwege. Drei große Häuser, Ställe, Scheunen, Baracken und Schuppen.

      Riva selbst hatte ausbaldowert, daß nur elf Menschen auf der Station waren – elf Männer.

      Frauen gab es nicht in Santa Margerita.

      Eine ganze Woche arbeitete Riva an dem Plan. Dann trug er ihn seinen Leuten vor.

      Alle waren von dem Gedanken ebenso erschrocken wie begeistert. Nur der Revolvermann Joseph Hearst schwieg.

      Riva hatte ihn nur angesehen.

      »Du bist dagegen, Joe?«

      »Yeah, weil es Wahnsinn ist. Nicht wegen der elf Männer, sondern wegen der Tatsache, daß die Station ganz sicher auf Überfälle vorbereitet ist. Wenn wir dreißig oder vierzig Leute wären, wenn wir eine Bande wären wie die Kellys oder die Belwoods, wenn wir einen Tornado über der Station loslassen könnten, yeah, dann wäre ich dabei. Aber wir sind fünf Figuren. Ich wette, daß wir nicht zwei Leute heil am anderen Ende der Station herausbringen werden.«

      Nach diesem Gespräch war es lange still zwischen den Tramps gewesen. Einige der Männer glaubten Hearst – aber im Grunde standen sie hinter Riva und träumten von der großen Beute, die er ihnen versprochen hat-te.

      Es gab in jenen wilden Jahren zahllose Banden in diesem Land. Fast täglich bildeten sich irgendwo neue. Glücklicherweise gingen die meisten von ihnen schnell wieder ein. Aber immer blieb irgendwo eine Banditen-Crew hängen, der einmal ein größerer Coup gelungen war, und terrorisierte die Umgegend.

      Die Riva-Bande war bis zu jenem Zeitpunkt, da unsere Geschichte spielt, noch ziemlich bedeutungslos. Und vielleicht wäre sie es auch geblieben und sogar auseinandergefallen, wenn der Italo-Amerikaner Riva nicht den absurden Gedanken mit dem Überfall auf die Wells Fargo Station Santa Margerita gehabt hätte.

      Riva blinzelte über das Land, das unter einer wabernden Glutschicht zu liegen schien.

      Nur wenige Meilen nördlich von hier lag die Station.

      Es war alles vorbereitet für den Überfall.

      Aber wenn Hearst nicht mitmachte, war alles sinnlos. Sie brauchten ihn – ihn vor allem. Er war der beste Schütze der Bande, der reaktionsschnellste Mann, ein umsichtiger Kämpfer und vor allem ein kaltherziger Bursche, der seinesgleichen suchte. Diese Qualitäten hatte Riva schon gleich in der ersten Stunde unten in Gingers am Croce River bei dem Coltman entdeckt. Riva kaute an einem Daumennagel herum und beobachtete das weite Land, das zu Füßen der vom Flugsand während einiger Jahrtausende säulenartig verschliffenen Burg aus rotem Arizonastein lag.

      Dies hier waren die letzten himmelragenden Gesteinstürme, die sich aus Arizona bis hier herauf ins südliche Texas hineinzogen, hier allerdings nicht mehr die gigantischen Ausmaße und nur noch wenig von der Großartigkeit hatten, die die skurrilen himmelragenden Gesteinsbastionen Arizonas aufzuweisen hatten.

      Plötzlich richtete sich Joe Hearst auf. Er war ein schlanker Mensch mit magerem Gesicht, langem Kinn, herabgezogenen Mundwinkeln, kleiner hochstehender Nase und kalten Augen.

      »All right, Riva! Ich reite mit!« brachte er dumpf über die Lippen.

      Auch die anderen erhoben sich.

      Dann stiegen sie hinunter zu den Pferden, die sie in einer Felsspalte abgestellt hatten. Im Sturmritt preschte die Bande nordwärts, der Station Santa Margerita entgegen.

      Und dann geschah an jenem Freitagmittag zwischen zwölf Uhr und zwölf Uhr dreiundzwanzig das, was später niemand mehr für möglich halten wollte:

      Poul Riva und seine vier Banditen überfielen die Station – und fanden keinen Widerstand.

      *

      Sie waren im leichten Trab in die Straße geritten, die von den Häusern, Scheunen, Schuppen und Baracken gebildet wurde.

      Vorm Office stiegen sie von den Pferden.

      Riva selbst betrat das Bureau.

      Er sah sich drei Männern gegenüber, die mit hochgekrempelten Ärmeln an einem Tisch standen und arbeiteten.

      Der Bandit zog seinen Revolver.

      »Hands up!«

      Er hatte es nicht einmal laut oder sehr drohend gesagt – und wunderte sich doch selbst, wie wortlos die Leute reagierten. Sie hoben ihre Hände in Schulterhöhe und starrten ihn verdutzt an.

      Hearst stürmte in die Tür. Blitzschnell nahm er den dreien die Revolver aus den Waffengurten, dann winkte er sie heran und stieß einen nach dem anderen in einen Verschlag, den er verriegelte.

      »Wenn ich einen Laut höre, Boys, fliegt ihr mit der Sprengstoffladung, die ich hier hinlege, in die Luft!«

      Er warf einen Feldsteinsplitter vor die Tür.

      Ebenso, wie Riva das Office genommen hatte, nahm er auch die beiden Lagerhäuser und den Rest der Station.

      Dreiundzwanzig Minuten dauerte der Spuk. Dann hatten die Tramps alles Mitnehmenswerte an sich genommen und stiegen auf die Pferde.

      Riva, der die Kasse geplündert hatte, feuerte vor Übermut einen Schuß auf die große Uhr ab.

      Genau um zwölf Uhr dreiundzwanzig blieb das Uhrwerk stehen.

      Die Wells Fargo Leute waren auf die Straße getrieben worden.

      Da trat der kleine kahlhäuptige Chief der Station einen Schritt vor und blickte Riva, der noch oben auf dem Vorbau des Bureaus stand,


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