Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Paket 2 – Western - William Mark D.


Скачать книгу

      »Die Sache liegt hier anders.«

      »Was heißt anders«, unterbrach ihn der Revolvermann brüsk. »Sie liegt nie anders. Es ist immer das gleiche. Ich werde nur gerufen, wenn ein anderer Angst hat. Oder ist es etwa hier anders?«

      »Nein, das heißt ja, aber – warten Sie, ich muß den Sheriff holen.«

      Jonny Lee stand nicht einmal auf, als Jack Bride den Raum betrat. Er sah nur kurz auf und quetschte ein kaum verständliches »Hallo« durch die Zähne.

      Der Sheriff tippte an den Hutrand.

      Wilkins bot ihm einen Stuhl an.

      Aber Bride lehnte mit einer kurzen Geste ab. Er sagte dem Schießer, um was es sich handelte.

      Jonny Lee hörte sich die Sache schweigend an. Als der Sheriff geendet hatte, ließ er zwei lange Minuten verstreichen, warf dann den Kopf hoch und sah den Postmaster an.

      »Wieviel ist drin?«

      Der sah verzweifelt den Sheriff an.

      Jack Bride preßte wütend durch die zusammengebissenen Zähne: »Vierhundert…«

      Lee lachte heiser auf. Dann erhob er sich und nahm seinen Hut.

      »Der Sheriff hat sich geirrt, Mister Lee!« rief Wilkins hastig. »Es sind vierhundertfünfzig!«

      Der Schießer hatte schon den Türgriff in der Hand, als er sich noch einmal umwandte und sagte:

      »Fünfhundert sind eine Basis.«

      Wilkins lief ihm nach, packte ihn am Arm und stotterte:

      »Mister Lee, warten Sie noch. Die Overland und der Bürgerrat haben das Geld zusammengelegt. Aber ich… ich werde sofort mit Mister Callaghan sprechen, er wird vielleicht die fünfzig dazulegen.«

      »Vielleicht?«

      »Bestimmt«, sagte der Sheriff da mit finsterer Miene.

      Mister Callaghan legte die fünfzig dazu.

      Wilkins hatte ihn in die Poststation geholt. Gebeugt stand der alte Mann da und legte das Geld auf den Tisch.

      Lee blickte kurz auf die zerknitterten Scheine und schob sie dann dem Sheriff hin.

      »Mister Bride wird das Geld solange festhalten. – Und nun die zweite Frage: Wer sitzt auf dem Kutschbock.«

      Der Postmaster und Callaghan blickten einander bestürzt an. Über diese Frage hatten sie noch gar nicht nachgedacht. Himmel, ja, wer sollte auf dem Kutschbock sitzen? Selbstverständlich konnte der Revolvermann das nicht tun. Er sollte die Kutsche doch nur begleiten. Vom Kutschbock aus konnte er ohnehin nichts gegen einen Überfall unternehmen. Ganz davon abgesehen – konnte er überhaupt ein Vierergespann lenken?

      »Ich werde die Overland fahren!« Der Sheriff hatte es gesagt.

      Die drei anderen sahen ihn verblüfft an.

      Wilkins stürzte auf den Sheriff zu und drückte ihm die Hand.

      »Das wollen Sie wirklich tun, Mister Bride?«

      »Wollen?« entgegnete der Sheriff rauh. »Es bleibt mir ja wohl in diesem Nest von Feiglingen nichts anderes übrig…«

      Die Overland fuhr wieder.

      Jack Bride, der Sheriff von Salina, saß auf dem Kutschbock, und der grauäugige Revolvermann ritt hinter der Kutsche.

      Drei Tage lang.

      Es geschah nichts.

      Am Abend des dritten Tages standen die Männer in Wilkins’ Bureau.

      Der Major ging unruhig auf und ab. »So kann es natürlich nicht weitergehen, Gents. In der Stadt ist der Teufel los. Vorgestern ist bei Lumbac Mehl gestohlen worden. Gestern haben sie unten in der Sägemühle Holz geklaut, und heute ist auf Walkers Hühnerfarm Ärger gewesen. Die Halunken von Salina nutzen die Gelegenheit weidlich aus. Es geht also nicht, daß der Sheriff noch länger aus der Stadt wegbleibt.«

      Jack Bride lehnte an der Tür.

      »Genauso habe ich mir das vorgestellt. Ist die Katze aus dem Haus, dann tanzen die Mäuse auf dem Tisch.«

      Der Revolvermann hatte bisher schweigend auf seinem Hocker gesessen. Jetzt schob er sich eine Zigarette in den Mund und meinte: »Wie lange soll der Zauber überhaupt noch gehen?«

      Ja, das war es. Der Revolvermann Jonny Lee konnte schließlich nicht bis in alle Ewigkeit hinter der Kutsche herreiten.

      Die Männer sahen einander an.

      Da erklärte der Postmaster: »Ich werde morgen auf der Overland sitzen.«

      »Und mich? Brauchen Sie mich auch nicht dazu?« wollte der Schießer wissen.

      »Yeah«, entgegnete Wilkins. »Die Halunken, die Norton und Degorey aus dem Weg geräumt haben, wissen natürlich genau, daß Sie und der Sheriff die Kutsche begleitet haben. Wenn ich morgen allein fahre, wissen sie das auch.«

      »Damit wollen Sie also sagen, daß die Banditen hier in Salina sitzen«, fragte der Major.

      »Ich weiß es nicht, Mister Grain, aber weshalb haben sie die Kutsche nie überfallen, wenn ein Mann dabei war, der mit dem Colt und mit dem Gewehr umgehen kann. Als Sheriff Ferguson und Mister Bride dabei waren, ging alles gut. Als jetzt der Sheriff mit Mister Lee fuhr, ging wieder alles gut. Mir kann doch niemand einreden, daß das Zufall ist.«

      Mister Callaghan war dagegen, daß der alte Postmaster wieder selbst auf den Kutschbock kletterte, den er vor sieben Jahren verlassen hatte, als Bill Norton den Job übernahm. Aber die Männer hatten ja keine Wahl.

      Drei Tage kutschierte der alte Wilkins die Overland, und der Revolvermann Jonny Lee begleitete ihn.

      Es geschah nichts.

      »Ich hatte es vermutet«, meinte der Sheriff. »Die Bande rührt sich nicht. Solange Lee dabei ist.«

      Und Jonny Lee hatte auch kein Interesse daran, noch länger für die fünfhundert Dollar in der Staubfahne hinter der rumpelnden Overland durch die sonnenglühende Landschaft zu reiten.

      Callaghan selbst würde solange den Dienst in der Station übernehmen.

      »Wenn es erst klappt«, meinte der Overland-Boß, »dann findet sich auch bald ein neuer Driver.«

      Jeff Wilkins sah ein, daß es ein nicht gutzumachender Fehler von ihm gewesen war, sich selbst einmal für den Job angeboten zu haben. Er war siebenundsechzig Jahre alt und ganz gewiß nicht mehr der Mann, der den Strapazen gewachsen war. Hatte er doch ohnehin in den drei Tagen immer über eine Stunde mehr gebraucht, als die Postkutsche sonst für diese Route benötigte. Die Passagiere, die wöchentlich regelmäßig die Kutsche benutzten, hatten gestern schon über die »langsame Fahrt« geschimpft.

      Und der alte Wilkins wußte obendrein genau, daß seine Stunde geschlagen hatte, wenn er allein auf der Linie fuhr.

      Es war spät in der Nacht. Schon elf durch. Drüben aus den beiden Sa­loons kam noch der Lärm hämmernder Orchestermusik.

      Der alte Wilkins stand vor dem Hoftor der Poststation und blickte zum Grandhotel hinüber.

      Im Obergeschoß des weißgetünchten Steinbaus brannte hinter einem Fenster noch Licht.

      Es war das Zimmer des Revolvermanns Jonny Lee.

      Der Postmaster überquerte die Straße, betrat den Hof des Hotels und kam ungesehen durch den Hinterausgang ins Haus.

      Vorsichtig stieg er die Treppe hinauf, ging durch den Korridor und blieb vor der letzten Tür auf der linken Seite stehen. Er klopfte leise an.

      Sofort war das scharfe Knacken eines Revolverhahns zu hören.

      Wilkins zuckte zusammen. Dann vernahm er die Stimme des Schie­ßers.

      »Wer ist da?«

      »Ich bin’s, Jeff Wilkins.«


Скачать книгу