Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg
mich das Aussehen Ihrer Frau gleich bei der Ankunft erschreckte.«
»Ob es ein Fehler war, mit ihr die Mittelmeerfahrt zu unternehmen? Ich habe mir diese Frage in letzter Zeit schon mehrmals gestellt. Wir hatten uns so viel von der Reise versprochen. Ich selbst fühle mich um Jahre verjüngt.«
»Gibt es etwas, das Ihrer Frau Kummer bereitet? Mein persönlicher Eindruck ist, dass sie unter einem seelischen Druck leidet.«
Klaus Martell hob ratlos die Schultern.
»Sie kann sich die Fehlgeburt doch nicht so zu Herzen genommen haben. Es war der erste Schatten in unserer Ehe. Wir freuten uns beide auf das Kind.«
»Manchmal ist eine solche Enttäuschung für eine Frau sehr tiefgreifend«, erwiderte Denise nachdenklich.
Der Gong rief zu Tisch.
Antje erschien ohne ihre Mutter. »Sie möchte nicht essen, Tante Isi«, richtete die Kleine betrübt aus. »Dabei hat Magda doch Hähnchen gebraten.«
»Vielleicht bekommt sie später Appetit«, tröstete Denise. Sie bemühte sich bei Tisch, Antje und ihren Vater ein wenig abzulenken. Alexander von Schoenecker fragte nach der Route der Seereise, und Klaus Martell begann zu erzählen, wobei er auch die Diebstähle auf dem Schiff erwähnte. Die Erwachsenen schüttelten darauf den Kopf, während die Kinder die Sache abenteuerlich und spannend fanden.
»Was so alles passieren kann«, äußerte Nick. »Wenn ich mit an Bord gewesen wäre, hätte ich mich auf die Lauer gelegt. Ist Ihnen auch etwas geklaut worden, Herr Professor?«
Klaus Martell unterdrückte ein Schmunzeln, und Nick übersah den mahnenden Blick seiner Mutter. »Nein, wir hatten wohl nicht genügend Wertvolles bei uns, und das Geld gaben wir dann in den Safe.«
»Was tut ein Dieb mit dem Schmuck?«, fragte Henrik mit runden Augen. »Wenn er ihn verkaufen will, fällt es doch gleich auf.«
»So etwas wird von ganz bestimmten Leuten gekauft«, belehrte Nick ihn mit der Miene eines welterfahrenen Mannes. »Dann wird der Schmuck umgearbeitet und wieder verkauft. Man findet die Stücke nie wieder.«
»Gemein«, sagte Irmela. »Mir tut die junge Frau leid, die auf der Hochzeitsreise war. Es stört mich auch, dass der Dieb nicht gefunden wurde.«
»Da hast du recht«, bestätigte der Professor. »Mir ist das genauso unangenehm. Es sind leider so viele Menschen auf einem solchen Schiff, dass es fast unmöglich ist, einen geschickten Dieb zu finden. Die Polizei hat sich viel Mühe gegeben, aber ohne Erfolg.«
Den Kindern war dieses Thema interessanter als die fremden, bunten Hafenstädte, von denen der Professor eigentlich hatte erzählen wollen. Sie stellten immer neue Fragen. Erst Magdas wohlgelungene Eisbombe mit Früchten brachte eine Ablenkung. Sobald die Teller gefüllt waren, senkte sich andächtiges Schweigen über das große Esszimmer. Die Kinder vergaßen über der kalten Schleckerei alles andere, während die Erwachsenen lächelnde Blicke tauschten.
Als das Essen vorüber war, bat Klaus Martell Denise um Entschuldigung, weil er sich um seine Frau kümmern wollte.
Antje schob ihre Hand in die ihres Vaters. »Darf ich mitgehen, Vati?«
»Ja, gewiss. Mutti hatte Sehnsucht nach dir.«
»Ob sie sich nachher die jungen Katzen ansehen kann? Nach Bachenau zu Tante Andrea wollten wir eigentlich auch. Zu dumm, dass Mutti nicht gesund ist.«
Sie fanden Hanna unverändert matt. Auch jetzt wollte sie nichts zu essen haben.
Antje legte den Kopf neben den ihrer Mutter aufs Kissen. »Vati hat beim Essen von eurer Reise erzählt. War es sehr aufregend, als der Dieb kam?«, fragte sie gespannt.
Über Hannas blasses Gesicht ging ein Zucken. »Hat Vati davon erzählt? Es war nicht schön, Antje. Man möchte sich doch auf einer Ferienreise freuen und nicht über einen Dieb ärgern.«
»Nick hätte ihn bestimmt erwischt. Er ist sehr klug und kann alles.«
»Aber Nick war leider nicht mit auf dem Schiff, Antje«, meinte der Professor. »Du darfst nicht so auf Mutti einreden. Das strengt sie an. Setz dich da drüben still hin.«
Antje küsste Hanna auf die Wange und ging zu einem Sessel beim Fenster. Dort machte sie es sich bequem und sah ihre Mutter unverwandt an.
Klaus Martell zog sich einen Stuhl an das Bett und hielt Hannas Hand, die eiskalt war. Der Puls ging viel zu schnell, doch Fieber hatte Hanna nicht.
»Wir hätten die Fahrt um eine oder zwei Wochen verschieben sollen.«, flüsterte Hanna mutlos. »Jetzt mache ich hier nur Ungelegenheiten.«
»Frau von Schoenecker ist sehr verständnisvoll, Hanna. Sorge dich deshalb bitte nicht.«
Hanna schloss die Augen, doch er sah, dass sie nicht schlief. Mehr als zwei Stunden vergingen so. Dann richtete sich Hanna unvermutet auf. »Ich denke, es geht jetzt einigermaßen. Vielleicht kann ich einen starken Kaffee bekommen?«
Antje strahlte. »Ich laufe in die Küche zu Magda, Mutti. Tante Isi wird sich freuen.«
Der Professor strich seiner Frau über das wirre Haar. »Du willst es erzwingen. Das sehe ich dir an. Frau von Schoenecker machte mir vorhin das Angebot, Antje weiterhin hier in Sophienlust zu behalten, damit du dich gründlich ausruhen kannst. Was hältst du davon? Ich glaube, Antje bliebe ganz gerne.«
Hanna seufzte. »Es …, es ist vielleicht das Beste. Aber es fällt mir schwer, mich noch einmal von meiner Kleinen zu trennen.« Sie stand auf und ging mit unsicheren Schritten ins angrenzende Bad, um sich etwas zu erfrischen und ihr Haar zu richten.
Es klopfte. Denise von Schoenecker erschien mit einem Tablett, auf dem sich eine Kaffeekanne, Milch und Zucker und zwei Tassen befanden. Sie bewirtete Hanna und ihren Mann.
»Das tut gut«, flüsterte Hanna dankbar.
»Fahren wir gleich nach Bachenau?«, warf Antje hoffnungsvoll ein. »Das Tierheim müsst ihr nämlich unbedingt sehen. Tante Andrea wollte Apfelkuchen backen. Nicht wahr, Tante Isi?«
»Ich fürchte, das wird deiner armen Mutti zu viel, Antje.«
»Wir holen die Besichtigung später nach«, fügte Hanna scheu hinzu. »Es beschämt mich, dass Ihre Tochter umsonst Vorbereitungen getroffen hat.«
»Wir schicken ihr dafür eine Abordnung von Buben und Mädchen zusammen mit Schwester Regine. Andrea freut sich auch, wenn Sie selbst ein andermal kommen. Es ist nicht Ihre Schuld, dass es heute unmöglich ist.«
Denise lächelte Hanna aufmunternd zu.
Diese fasste sich ein Herz. »Mein Mann sagte mir, dass Sie bereit wären, Antje noch für einige Zeit zu behalten, Frau von Schoenecker. Vielleicht ist es richtig, wenn wir dieses Angebot annehmen, sofern Antje nicht einem anderen Kind den Platz wegnimmt.«
»Ich bleibe gern noch ein bisschen hier, Mutti«, rief Antje lebhaft aus. »Nicht wahr, ich darf, Tante Isi?«
»Gewiss, mein Kleines. Du siehst selbst, dass deine Mutti sich noch ein Weilchen schonen muss.«
»Ja. Außerdem wäre es schade, wenn wir jetzt nach Hause fahren müssten, ohne dass Mutti und Vati das Tierheim gesehen haben. Ich wollte ihnen auch zeigen, wie gut ich reiten kann. Und die kleinen Kätzchen müssen sie auch sehen. Sie müssen wiederkommen.«
»Wir sind Ihnen sehr dankbar, Frau von Schoenecker«, sagte Klaus Martell rasch.
»Es ist unsere Aufgabe zu helfen, lieber Professor. Nicht immer ist es Geldnot, die Kinder in Schwierigkeiten geraten lässt. Es kann auch ein Krankheitsfall sein wie bei Ihnen oder ein anderes Problem. Werden Sie die Rückfahrt einigermaßen überstehen, Frau Martell? Selbstverständlich können Sie sich ein paar Tage hier erholen, wenn Sie das möchten.«
»Nein, ich muss nach Hause«, stieß Hanna hastig hervor. »Es ist sehr freundlich von Ihnen, mich einzuladen. Aber ich glaube, ich kann nur zu Hause wieder zu Kräften kommen.« Sie wirkte bei dieser Erklärung so erregt,