Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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Die Versicherung des Professors, dass sie weder größere Summen Bargeld, noch allzu wertvollen Schmuck mit sich geführt hätten, genügte.

      Auch der falsche Dr. Bruck brachte das Kunststück zuwege, sich jeder Vernehmung zu entziehen. Das Vertrauen, das er von seiten des Kapitäns genoss, kam ihm dabei zustatten.

      Am Abend vor der Ankunft in Genua, wo die Kreuzfahrt enden sollte, fand das traditionelle Abschiedsfest statt. Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, riss sich Hanna zusammen. Sie zog eines ihrer Abendkleider an und behauptete, dass sie sich glänzend fühle.

      Klaus war erfreut. »Nun macht sich die Erholung bemerkbar. Du siehst heute endlich ein bisschen besser aus, Hanna.«

      »Ja, Klaus.« Sie hatte sich angemalt und mit der Tönungscreme nicht gerade gespart.

      »Ich melde mich bei dir«, flüsterte Georg Pflug ihr zu, als er am Büfett neben ihr stand und sich den Teller mit Hummer und Mayonaise füllte.

      Hanna wusste nur zu gut, dass er sein Versprechen einlösen würde. Die Aussicht, dass sie von nun an keine ruhige Minute mehr haben würde, raubte ihr fast den Verstand.

      *

      Die zwei Tage zwischen der Ausschiffung in Genua und der Heimkehr waren eine letzte Gnadenfrist. Hanna lebte auf, weil sie in diesen Tagen vor Georg Pflug sicher war.

      Klaus Martell verwöhnte seine Frau nach Kräften. Sie legten einen ausgedehnten Einkaufsbummel in München ein und entschlossen sich, den Schmuck für Hanna schon hier zu erwerben.

      »In Frankfurt habe ich nicht mehr soviel Zeit. Heute sind noch Ferien für mich, Hanna.«

      »Willst du noch einmal soviel Geld ausgeben? Die Reise war doch teuer genug.«

      »Ich bin kein armer Mann, Hanna. Willst du mir die Freude nehmen, dir ein wirklich kostbares Geschenk zu machen?«

      Es war gut und tröstlich, seine Liebe zu spüren. Hanna bemühte sich, nicht an die Angst zu denken, die schon morgen wieder da sein würde.

      Sie fanden ein Kollier mit passendem Armreif, beides aus Weißgold mit leuchtenden Rubinen besetzt. Hanna betrachtete die beiden Stücke mit ehrfürchtiger Bewunderung. Als sie den Preis hörte, zuckte sie erschrocken zusammen. Doch da hatte ihr Mann den Scheck bereits ausgeschrieben.

      »Still, Hanna. Es ist das Schönste, das wir finden konnten, und es ist gerade gut genug für meine Frau.«

      Der alte Juwelier verneigte sich. Sorgsam und liebevoll legte er Kollier und Armreif in hübsche Kästen, die er dem Professor überreichte.

      Wie glücklich ich sein könnte, dachte Hanna. Heiß brannten ungeweinte Tränen in ihren Augen.

      Am folgenden Tag kehrten sie heim. Die fürsorgliche Oberschwester hatte das Wohnhaus des Chefarztes bis in den letzten Winkel putzen lassen. Blumensträuße standen in allen Zimmern

      »Es ist schön, wieder in den eigenen vier Wänden zu sein«, stellte Klaus fest. »Ich wünschte nur, du hättest dich besser erholt, Hanna.«

      »Man sagt, dass die Wirkung manchmal später kommt, Klaus«, erwiderte sie leise. »Jedenfalls war es wunderbar, Klaus. Ich möchte dir danken für diese Reise und auch für den herrlichen Schmuck.«

      Der Professor schloss sie in seine Arme. Warum kann ich mich ihm nicht anvertrauen?, dachte sie. Warum muss ich schweigen? Doch es gab kein Zurück auf dem einmal eingeschlagenen Weg.

      Bereits am ersten Abend ging der Professor in die Klinik hinüber, um sich von seinem Vertreter berichten zu lassen, was während seiner Abwesenheit geschehen war. Hanna packte indessen die Koffer aus.

      Einmal läutete das Telefon. Doch Hanna brachte es nicht fertig, den Hörer abzunehmen. Sie wartete mit angstvoll angehaltenem Atem, bis das Klingeln verstummte. War es bereits Georg Pflug gewesen? Er hatte sich Adresse und Telefonnummer ohne jede Geheimnistuerei notiert. Klaus selbst hatte ihm seine Karte überreicht und dem sogenannten Dr. Bruck das Versprechen abgenommen, sich zu melden, falls ihn der Weg einmal vorüberführen sollte.

      Als Klaus am späten Abend ins Haus zurückkehrte, lag Hanna schon im Bett. Klaus neigte sich über sie und küsste sie zärtlich. »Verzeih, dass ich dich warten ließ, Liebste. Man möchte gleich alles auf einmal erfahren, wenn man wieder im Betrieb ist. Warum bist du nicht ans Telefon gegangen? Ich wollte dir mitteilen, dass es länger dauern wird.«

      »Ich kam zu spät. Zuerst muss ich das Läuten überhört haben. Dann war schon aufgelegt. Es tut mir leid. Ich habe nicht daran gedacht, dass du es sein könntest.«

      Er ging ins Bad.

      »Hast du wenigstens etwas gegessen?«, fiel ihr ein. »Ich bin eine schlechte Hausfrau geworden.«

      »Schwester Inge hat mir etwas vorgesetzt, Hanna. Mach dir deswegen keine Gedanken. Allmählich werden wir uns beide wieder an den Alltag gewöhnen.«

      Später, als das Licht gelöscht war, fragte sie scheu: »Wann holen wir Antje zurück, Klaus?«

      »Jederzeit, sofern unser Fräulein Tochter einverstanden ist. Wenn du willst, rufen wir morgen in Sophienlust an und fahren am Sonntag hin. Das Haus wirkt ziemlich öde ohne unsere Kleine.«

      »Ja, sie fehlt mir auch«, seufzte Hanna.

      Dann war es wieder wie in den Nächten auf dem Schiff. Neben ihr schlief Klaus, beneidenswert tief und fest. Sie selbst aber wurde von nagender Angst gequält und fand keine Ruhe.

      Trotzdem stand sie am Morgen um sechs Uhr auf und bereitete das Frühstück. Forschend ruhten Klaus Blicke dabei auf ihr. »Du hast abgenommen, Hanna. Was ist nur mit dir?«

      »Ich fühle mich gut«, behauptete sie mit erzwungener Munterkeit. »Wenn Antje wieder da ist, bin ich restlos zufrieden.«

      Klaus Martell ließ sich beschwichtigen. Er war mit seinen Gedanken bereits bei den Patienten drüben in der Klinik.

      Hanna ging mit ihm bis an die Haustür und war erleichtert, als sie allein war. Ich muss mich zusammenreißen und ganz ruhig bleiben, dachte sie. Georg hat auf dem Schiff genug zusammengestohlen. Er meldet sich wahrscheinlich vorerst gar nicht. Wenn es soweit ist, kann er mein Sparbuch haben. Klaus hat sich nie für meine persönlichen Ersparnisse interessiert. Es wird ihm nicht auffallen, wenn ich das Geld weggebe.

      Hanna räumte das Geschirr in die Küche und machte die Betten. In Antjes liebevoll eingerichteten Zimmer, in dem sie das Fenster weit öffnete, wurde ihr bewusst, dass sie sich die ganze Zeit nach ihrem Kind gesehnt hatte.

      »Für dich stehe ich es durch, kleine Antje«, flüsterte sie und strich mit zärtlicher Hand über das Bett. »Wenigstens weiß er nicht, dass ich damals schwanger war und dass du seine Tochter bist. Das darf er nie erfahren.«

      Hanna verstummte und legte erschrocken die Hand über den Mund. Nein, nicht einmal dann, wenn sie allein war, durfte sie darüber sprechen. Es war zu gefährlich.

      Im Wohnzimmer suchte sie die Telefonnummer von Sophienlust heraus. Sie erreichte Denise von Schoen­ecker sofort persönlich.

      »Antje geht es blendend«, versicherte Denise auf Hannas Frage. »Sie ist ein richtiges Landkind geworden bei uns. In der Schule hat sie keine Schwierigkeiten, und in unsere Gemeinschaft hat sie sich vom ersten Tag an eingefügt. Ich kann ohne Übertreibung sagen, dass wir Antje liebgewonnen haben und dass wir uns ungern wieder von ihr trennen.«

      »Wir möchten am Sonntag kommen, Frau von Schoenecker. Wäre Ihnen das recht?«

      »Selbstverständlich. Besuch ist bei uns stets herzlich willkommen. Antje wird sich besonders freuen. Haben Sie sich gut erholen können, liebe Frau Martell?«

      »O ja, es geht mir gut«, versicherte Hanna mit krampfhafter Fröhlichkeit. »Eine Seereise ist genau das Richtige, wenn man mal gründlich faulenzen will.«

      »Wie schön. Am Sonntag werde ich mich mit eigenen Augen davon überzeugen können. Wir erwarten Sie zum Mittagessen, wenn das möglich ist.«

      »Vielen Dank.


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