Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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Hanna. Ich hatte ähnliche Gedanken, aber ich war nicht sicher, ob du nicht von gestern noch müde bist.«

      Es wurde ein vergnüglicher Abend. Erst später suchte das Paar die Kabine auf. In den frühen Morgenstunden gab es einige Unruhe, als die Ausflügler endlich an Bord kamen. Wenig später setzte das Luxusschiff seine Fahrt fort.

      Die Küste Afrikas war schon nicht mehr zu erkennen, als man sich beim Frühstück wiedersah. Thomas und Michaela Wolfsen kamen sofort an den Tisch der Martells. Es war unverkennbar, dass Michaela geweint hatte. Der erste Streit in ihrer jungen Ehe?

      »Wie war es in Tanger? Sind Sie auf Ihre Kosten gekommen?«, fragte Hanna so unbefangen wie möglich, nachdem man einander einen guten Morgen gewünscht hatte.

      »Es war schön und interessant«, antwortete Thomas Wolfsen. »Man stellt sich das ganz falsch vor. Leider gab es dann hier auf dem Schiff eine böse Überraschung für uns.«

      »Wieso?«

      Michaela suchte nach ihrem Taschentuch und tupfte sich verstohlen ein paar Tränen fort. »Mein Armband ist weg«, berichtete sie aufschluchzend. »Gestohlen.«

      »Du brauchst nicht zu weinen, Liebling«, versuchte ihr Mann sie zu trösten. »Wahrscheinlich findet es sich wieder. Außerdem hatte ich unser gesamtes Gepäck samt dem Schmuck versichert. Lass dir die Freude an der Reise deshalb nicht verderben!«

      »Ist es in Tanger passiert?«, fragte der Professor voller Anteilnahme. »Gibt es also doch allerlei lichtscheues Gesindel dort?«

      »Nein. Ich hätte dieses auffällige Stück bestimmt nicht mitgenommen. Ich hatte meinen Schmuck und ein paar größere Geldscheine im Koffer eingeschlossen. Jemand hat den Koffer geöffnet und dabei nicht einmal das Schloss beschädigt. Da sieht man, wie primitiv solche Schlösser sind. Mein Armband und das Bargeld fehlen. Sonst ist noch alles vorhanden.« Michaela weinte.

      »Jemand, der es nur auf Geld und Wertsachen abgesehen hat. Haben Sie den Verlust schon dem Kapitän gemeldet?«, erkundigte sich der Professor bei Thomas Wolfsen.

      »Ja, sofort. Er versprach, der Sache nachzugehen. Natürlich ist ihm der Vorfall recht peinlich. Er gab uns den Rat, weitere Wertsachen und Barbeträge im Safe zu deponieren. Kein schönes Gefühl, wenn man plötzlich auf sein Eigentum achtgeben muss, als befände man sich in einer Räuberhöhle.«

      Der Professor nickte. Er konnte die Empfindungen des jungen Mannes nur zu gut verstehen.

      »Das Schiff war gestern wie ausgestorben. Wenn es jemand darauf anlegte, gab es genügend Gelegenheit, sich durch einige Kabinen zu schleichen und die Koffer auf Wertsachen zu untersuchen«, erklärte er nachdenklich. »Natürlich verdächtigt man zuerst das Personal. Die Kabinenstewards haben Schlüssel. Aber sie wären eigentlich schön dumm, wenn sie sich auf so etwas einließen. Bei ihnen wird man sowieso nachforschen.«

      »Unser Kabinensteward ist seit fünfunfzwanzig Jahren im Dienst der Linie. Er ist über jeden Verdacht erhaben«, versicherte Michaela lebhaft. »Ich mag ihn richtig gut leiden. Er hat ganz weißes Haar und ist auf eine rührend altmodische Art höflich. Auch der Kapitän würde für ihn die Hand ins Feuer legen.«

      »Wissen Sie, ob noch andere Passagiere bestohlen worden sind?«, fragte Hanna leise.

      »Keine Ahnung. Wir haben niemanden gesprochen. Die meisten, die gestern an Land waren, schlafen noch.«

      Obwohl Thomas Wolfsen wiederholte, dass der Verlust ihn nicht allzu sehr treffe, war die Stimmung zunächst gestört. Michaela erinnerte sich daran, dass ihre Mutter sie gewarnt hatte, das kostbare Hochzeitsgeschenk mit auf die Reise zu nehmen. Der Professor verlieh seiner tief verwurzelten Abscheu vor Unehrlichkeit und Verbrechen beredten Ausdruck, was für die arme Hanna nicht gerade angenehm anzuhören war.

      Bis zum Mittagessen stellte sich heraus, dass in acht Kabinen Geld und Wertgegenstände abhanden gekommen waren. Es handelte sich bei den Betroffenen durchweg um Teilnehmer am Landausflug nach Tanger. Da sich der peinliche Vorfall nicht verheimlichen ließ, gab der Kapitän am Abend eine Erklärung ab, entschuldigte sich im Namen der Reederei und versprach, dass man alles versuchen wolle, um den Schuldigen zu finden und die entstandenen Verluste zu ersetzen.

      Um die aufgeregte Stimmung zu besänftigen, wurden Getränke herumgereicht, und der Kapitän schlug vor, den Tag mit einem allgemeinen geselligen Beisammensein zu beschließen. Niemand solle sich die Ferienlaune verderben lassen.

      Der Kapitän blieb bei seinen Passagieren und sorgte durch ein paar sicherlich hundertmal erprobte Gesellschaftsspiele, an denen sich jedermann beteiligen musste, für Abwechslung und vor allem für Ablenkung.

      Zwischendurch tanzte man eifrig. Da der Kapitän mit gutem Beispiel voranging, machte seine Anstrengung Schule, dass auch persönlich nicht miteinander bekannte Partner sich zusammen aufs Parkett wagten. Die beiden bildhübschen Damen Hanna und Michaela konnten sich bald der Tänzer, die sich vor ihnen verbeugten, kaum noch erwehren.

      Hanna tanzte, bis ihr die Fußsohlen brannten. Es war dem Kapitän gelungen, aus der Not eine Tugend zu machen und seine Passagiere zu einer fröhlichen Gemeinschaft zusammenzubringen, was nicht auf jeder Kreuzfahrt die Regel ist. Dass ihm die Diebstähle Kopfzerbrechen verursachten, merkte man dem welterfahrenen, gewandten Mann nicht an. Er plauderte, tanzte und schien überall gleichzeitig zu sein.

      Eben legte er zusammen mit Hanna einen meisterhaft gekonnten Charleston aufs Parkett. Hanna erinnerte sich an die lustigen Abende im Schwesternheim, als sie mit ihren Kolleginnen diesen schwierigen Tanz zum Klang eines Plattenspielers eingeübt hatte. Sie beherrschte die komplizierten Schritte immer noch. Mit lachenden Augen nickte sie ihrem Mann zu, der ihr bewundernd zuschaute.

      Ein Steward in weißer Jacke näherte sich dem Kapitän, der mit bedauernder Miene seinen Tanz unterbrach.

      »Das ist schade, gnädige Frau. Ich bin leider immer ein bisschen im Dienst, sogar an einem so netten Abend. Wollen Sie mich entschuldigen? Ich bin sicher nicht lange weg. Sehen Sie, da kommt eben Dr. Bruck in den Saal. Er ist gewiss so freundlich, meinen Platz als Ihr Partner einzunehmen. Hallo, Doktor! Können Sie den Charleston?«

      Der Mann, der auf Hanna zukam, war der Bärtige mit der dunklen Brille. Er verbeugte sich höflich und versicherte, dass er sein Bestes tun wolle, um den Kapitän zu vertreten.

      Inzwischen war der Tanz jedoch zu Ende.

      »Darf ich um den nächsten Tanz bitten?«, fragte Dr. Bruck leise. »Sehen Sie, die Band spielt schon weiter.«

      Hanna war es, als wanke der Boden unter ihr. Es gab nicht den geringsten Zweifel. Vor ihr stand Georg Pflug.

      Sie ließ zu, dass er den Arm um sie legte und zu tanzen begann. »Ich beobachte dich schon lange«, raunte er an ihrem Ohr. »Hast du mich eben erst erkannt?«

      Hanna zitterten die Knie. Trotzdem bemühte sie sich krampfhaft weiterzutanzen. Niemand durfte etwas merken. Niemand!

      »Offenbar hat es dir die Sprache verschlagen«, spottete der tadellos gekleidete, elegante Mann, dessen gewandtes, sicheres Auftreten kaum noch an den Tierpfleger Georg Pflug erinnerte.

      »Du …, du hast einen falschen Namen angenommen. Mit dem Bart hätte ich dich nicht erkannt.«

      »Umso besser. Wenn du keinen Verdacht schöpfst, wird es auch kein anderer tun. Das habe ich gut eingefädelt. Bist du sehr unglücklich gewesen, als man dir mitteilte, dass ich tot sei?«

      Seine zynische Art war schockierend. Hatte sie diesen Mann wirklich jemals geliebt? Hanna begriff es nicht. Und doch war sie seine Frau gewesen und hatte ein Kind von ihm.

      Himmel, wenn er nicht tot ist, besteht sogar meine Ehe mit ihm noch. Was mache ich bloß?, überlegte sie.

      »Du hast auf diese Weise einen Strich unter die Vergangenheit ziehen wollen«, brachte Hanna gepresst hervor.

      »Stimmt genau. Glaubst du, ich hätte Lust gehabt, ins Kittchen zu gehen? Afrika ist groß. Das war genau die richtige Idee. Allerdings hätte ich nicht geglaubt, dass ich dir


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