Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg
daran gewöhnen, dass ich der Dr. Matthias Bruck bin, den du auf der Schiffsreise getroffen und vorher nie gesehen hast?«
»Es ist jetzt unwichtig. Geh, sonst kommt mein Mann.«
»Schon gut, ich verschwinde. Ich wünsche dir viel Glück, Hanna. Du hilfst mir aus einer gewaltigen Patsche. Am liebsten würde ich dich zum Dank noch einmal küssen.« Er beugte sich über das Bett und versuchte, seine Lippen auf Hannas Mund zu legen. »Du bist ja meine Frau.«
Hanna wollte sich wehren.
»Ein einziges Abschiedsküsschen, Hanna. Nur eins.« Lächelnd hielt er sie fest.
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür. Klaus Martell trat ein. Er sah die Szene so, wie sie jeder sehen musste. Als Liebesszene!
»Dr. Bruck? Sie hier?« Der Professor maß den falschen Doktor mit einem eiskalten Blick.
Erkannt hatte er ihn gleich.
Georg Pflug erfasste die Situation nur halb. Er dachte nur an den wiedergefundenen Schmuck.
»Der Herr Professor! Das ist wirklich ein Vergnügen für mich. Leider bin ich sehr in Eile, denn ich muss noch etwas Geschäftliches hinter mich bringen. Der Unfall hat uns ein bisschen aufgehalten. Auf Wiedersehen! Ich empfehle mich. Tschüs, Hanna.«
Er ging hinaus. Niemand hielt ihn zurück. Hanna war schneeweiß geworden.
»Dass er dich verehrte, habe ich schon auf dem Schiff bemerkt. Dass du dich aber heimlich mit ihm treffen würdest, hätte ich für unmöglich gehalten. Ich erfuhr eben, dass er am Steuer unseres Wagens saß. Doch da glaubte ich noch, dass ihr euch rein zufällig getroffen hättet. Wenn ich nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, wie es wirklich steht …«
»Klaus, ich …«
»Spare dir bitte die Ausreden, die ich dir doch nicht glauben würde. Tschüs. ›Tschüs, Hanna‹, waren seine Worte beim Weggehen. Ihr scheint auf sehr vertrautem Fuß zu stehen. Ich möchte euch nicht im Weg sein, Hanna. Dass ich dich jemals wieder in meinem Haus aufnehme, kannst du allerdings kaum erwarten.«
»Bitte, Klaus lass mich dir alles erklären. Ich will …«
Er schüttelte unwillig den Kopf. »Es hat keinen Sinn, Hanna. Ich schicke dir morgen früh deine Koffer ins Hotel Intercontinental. Wohin du dann gehen willst, magst du selbst entscheiden. Ich muss noch darüber nachdenken, ob ich eine Scheidungsklage einreiche. Ich hasse jeden Skandal, wie dir bekannt sein dürfte. Zunächst rate ich dir, dir irgendwo eine Unterkunft zu suchen, bis ich mich von diesem Schock erholt habe. Lass mich deine Adresse wissen.«
»Du schickst mich fort?«, stammelte Hanna entsetzt. »Mich und meine kleine Antje?«
»Wieso Antje? Ich habe die Verantwortung für dieses Kind übernommen. Ganz gewiss werde ich nicht zulassen, dass du das Kind mitnimmst. Antje hat Anspruch auf eine gute Erziehung und Ausbildung in einer sauberen Atmosphäre. Glücklicherweise ist sie zurzeit in Sophienlust gut aufgehoben.«
»Klaus, du hast kein Recht …«
Er ließ sie auch diesmal nicht ausreden. »Du hattest kein Recht, dich heimlich mit diesem Mann zu treffen. Jetzt ist es meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Antje aus der Sache herausgehalten wird. Als ich Antje adoptierte, habe ich alle Pflichten eines leiblichen Vaters für sie übernommen. Sie soll mir später nicht vorwerfen können, ich hätte in dieser Stunde der Krise versagt.«
Hanna fühlte Schmerzen im Kopf, die ihr fast den Verstand raubten. Jedes der unbarmherzigen Worte ihres Mannes traf sie wie ein Hammerschlag. Sie war so elend, dass sie die Augen schloss und endgültig schwieg.
Der Professor sprach weiter. »Du wirst Geld brauchen. Hier ist Geld, damit du etwas in der Tasche hast. Außerdem gebe ich dir einen Scheck. Damit kannst du dir ein Konto einrichten. Teile mir die Nummer und das Bankinstitut bitte später mit, damit ich jeden Monat etwas an dich überweisen kann.« Er legte drei Scheine und einen Scheck auf ihren Nachttisch. »Das wäre es wohl. Um das Auto brauchst du dich nicht zu kümmern. Ich habe unsere Werkstatt beauftragt, den Wagen abzuholen. Ein Segen, dass dir nichts Ernstliches zugestoßen ist. Leb wohl, Hanna. Alles Gute.«
Er gab ihr nicht einmal die Hand. Mit starrem Gesicht und hoch erhobenen Hauptes verließ er das Zimmer.
Wenn er wüsste, dass Antje das Kind des Mannes ist, den er für Dr. Matthias Bruck hält, würde er Antje verstoßen, überlegte Hanna. Aber solange er es nicht weiß, wird er mir wahrscheinlich jeden Kontakt mit meiner Tochter verbieten. Was soll ich nur tun?
*
Hanna war blass und litt unter Kopfschmerzen, als sie ins Hotel übersiedelte. Dort erfuhr sie, dass ihr Mann ein Zimmer für sie bestellt hatte. Auch drei große Koffer waren für sie gebracht worden.
Als sie in Begleitung eines Pagen zum Lift ging, kam ihr Georg Pflug entgegen. Er sah schlecht aus und machte ein missmutiges Gesicht.
»Du hier?«, fragte er verblüfft. »Ausgerechnet in diesem Hotel?«
»Das ist Zufall«, antwortete sie müde.»Ich bleibe nur bis morgen.«
»Kann ich dich sprechen?«
»Was gibt es denn noch zwischen uns zu reden?«
»Es ist wichtig, Hanna.«
»Gut, setzen wir uns für fünf Minuten dort drüben hin. Bringen Sie das Gepäck bitte schon ins Zimmer«, wandte sie sich an den Pagen, der mit einem schneidigen: »Jawohl, gnä’ Frau«, reagierte.
»Ich muss in einer halben Stunde bare fünftausend auf den Tisch legen, oder es geht mir an den Kragen, Hanna.« Georg wirkte gehetzt und außerordentlich nervös.
»Hast du den Schmuck nicht verkauft?«, stieß Hanna hervor.
»Ich kann dir nichts mehr geben. Mein Mann hat uns zusammen gesehen und mir das Haus verboten. Es ist alles aus für mich.«
»Blödsinn. Es war Pech, dass er gerade hereinkam. Gestern ging eben alles schief. Mein Bekannter ist nach Paris gereist und kommt nächste Woche wieder. So lange kann ich nicht warten, und mit dem Schmuck als Zahlungsmittel komme ich bei meinem Gläubiger nicht klar.«
»Du kannst den Schmuck überall verkaufen.«
»Ja, aber das geht nicht innerhalb von ein paar Minuten.«
Hanna zögerte eine Sekunde. »Gib mir den Schmuck«, flüsterte sie. »Ich habe einen Verrechnungsscheck über diese Summe bei mir. Du sagtest, dass du ein Konto führst. Dort kannst du den Scheck bestimmt sofort einlösen.«
»Ist der Scheck gedeckt?«, fragte er misstrauisch.
»Er ist gedeckt. Deine Bank kann telefonisch Rückfrage halten. Ich gehe jetzt in mein Zimmer. Du kannst den Scheck bei mir holen, wenn du mir den Schmuck zurückgibst. Ich will ihn meinem Mann wieder zustellen. Wahrscheinlich hat er schon danach gesucht.«
»Du bist schön dumm. Warum verscherbelst du die Sachen nicht? Wenn er dich an die Luft setzt, wird er dir keine weiteren Schecks geben.«
»Das ist meine Sache.«
Hanna stand auf und fuhr mit dem Lift nach oben. Sie hatte ihr Zimmer kaum betreten, als es auch schon klopfte. Georg musste ihr auf dem Fuße gefolgt sein.
»Gib mir den Scheck.«
Hanna holte das Formular aus ihrer Tasche. Georg legte die beiden Kästchen auf den Tisch. Er ließ sogar die Deckel aufschnappen, sodass Hanna sich davon überzeugen konnte, dass die beiden herrlichen Schmuckstücke noch darin lagen.
»Alles klar?«, fragte er heiser.
»Ja, leb wohl. Eigentlich wundere ich mich, dass du mir den Schmuck zurückgegeben hast.«
»Es ist ziemlich mühsam, so etwas zu verkaufen. Man würde mir wahrscheinlich nicht einmal glauben, dass die beiden Stücke nicht gestohlen sind.« Er lachte leise. »So geht es einem, wenn man allzu oft heiße Ware an den Mann bringen muss, Hanna. Schau zu, dass du mit deinem Professor wieder