DIE LANZE (Project 2). Alex Lukeman

DIE LANZE (Project 2) - Alex  Lukeman


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Eingang herein. Sie hielt eine gezogene Baby Eagle neun Millimeter an ihrer Seite. Ihr dunkles, dichtes Haar wurde von einem blass-gelben Tuch zusammengehalten. Sie trug einen olivgrünen Rock, der bis zu ihren Knien reichte, stabile Sandalen, deren Riemen um ihre Knöchel gebunden waren und ein weites braunes Baumwollhemd unter einer braunen Jacke. Sie hatte breite Hüften und volle Brüste, welche sie unter ihrem Hemd dicht an den Körper gebunden hatte. Die dunkle Haut zeigte ihr Erbe des Nahen Ostens. Eine Sonnenbrille verbarg ihre Augen.

      »Was ist geschehen?« Ihre Stimme war leise und angespannt.

      »Ich habe Arslanian tot vorgefunden. Jemand hat auf mich geschossen. Ich habe zurückgeschossen. Er konnte nach hinten entkommen.«

      Rivka holte ihr Telefon heraus und begann zu sprechen. Nick schaute, was aus Arslanians Hand gefallen war. Es handelte sich um einen USB-Stick. Er ließ ihn in seiner Jackentasche verschwinden.

      Er schaute auf seine Uhr. Es war erst halb drei morgens in Washington, aber Harker musste informiert werden.

      »Ja, Nick.« Ihre Stimme klang verschlafen. Sie räusperte sich. »Was ist los?« Sie hustete.

      »Arslanian ist tot. Jemand hat einen Killer auf ihn angesetzt, bevor wir uns treffen konnten. Der Schütze hatte auf mich gewartet, aber er hat mich verfehlt. Er ist entkommen.«

      »Sind Sie sicher, dass er es auch auf Sie abgesehen hatte?«

      »Ziemlich. Arslanian war erst seit ein paar Minuten tot. Der Laden war für alle offen zugängig und der Mörder hielt sich immer noch dort auf. Als er mich verfehlt hatte, ist er schnellstens verschwunden.«

      »Wer wusste, dass Sie heute Morgen dort hingehen würden?«

      »Nur Sie und Shin Bet.«

      »Das ist eine überschaubare Liste.«

      Es war für einen Moment still, während Harker darüber nachdachte.

      »Was ist Ihr Plan?« Sie hustete.

      »Ich habe keinen. Herzog wird schon was einfallen. Ich halte mich im Moment an seine Vorgaben.«

      »Seien Sie lieber vorsichtig. In Ordnung, ich werde mal sehen, was ich von hier aus herausfinden kann.«

      »Ich werde Ihnen etwas senden.« Er tastete nach dem USB-Stick in seiner Tasche.

      »Halten Sie mich auf dem Laufenden.« Sie beendete das Gespräch.

      Rivka stand in der Nähe. Er nahm ihren Geruch wahr. Eine unaufdringliche Kombination von Moschus und jüdischen Blumen.

      »Ein Anruf bei Ihrer Mutter?«

      »Ja. Jemand wusste, dass ich kommen würde. Das Timing ist ein zu großer Zufall.«

      »Sie könnten recht haben. Wir werden das mit Ari besprechen.«

      Die Polizei kam und sperrte den Laden ab. Zwei weitere Shin Bet Agenten tauchten auf. Carter sah sich noch einmal um. Er wusste, dass die Polizisten eher etwas Brauchbares finden würden als er. Sie brachen auf, um sich mit Ari zu treffen.

      Kapitel 14

      Elizabeth Harker lehnte sich in ihrem schwarzen Lederstuhl zurück. Sie zupfte ein Papiertuch aus einer Box auf dem Tisch und hustete hinein, faltete es zusammen und warf es in den Papierkorb. Sie tippte mit ihrem Stift auf dem Tisch und dachte über Nick nach.

      Zwei Tage vor Ort und er steckte bereits bis zum Hals im Wahnsinn des Mittleren Ostens. Es war geradezu unheimlich, wie er den Ärger anzog. Sie nippte an dem Kaffee, den sie sich zubereitet hatte und gab noch mehr Zucker in die Tasse. Sie bekam einen Hustenanfall, verschüttete dabei fast den Kaffee. Sie wartete, bis es vorbei war, tupfte ihre Lippen mit einem Papiertuch ab. Sie kramte einen Inhalator aus ihrer Handtasche und atmete einmal tief ein.

      Elizabeth war seit Nicks Anruf wach gewesen und hatte in Gedanken verschiedenste Möglichkeiten durchgespielt. Sie hatte keinen Grund gehabt zu glauben, dass jemand Arslanian töten würde. Sie hatte keinen Grund gehabt zu glauben, dass jemand versuchen würde, Nick vom Spielfeld zu räumen. Jemand hatte um jeden Preis verhindern wollen, dass Arslanian mit Nick oder sonst irgendwem sprechen würde.

      Ihre Intuition machte sich bemerkbar, verlangte nach Aufmerksamkeit. Das war etwas, worüber sie nicht sprach – Intuition. Ihre männlichen Kollegen würden mit den Augen rollen, wenn sie wüssten, wie sie agierte. Manchmal fühlte sie sich wie eine moderne Kassandra, die vor kommenden Katastrophen und Leid warnte.

      Etwas stimmte absolut nicht.

      Ihr Telefon klingelte.

      »Direktor, Stephanie hier. General Hood liegt im Walter Reed. Er hatte letzte Nacht einen Schlaganfall.«

      Stephanie Willits war Elizabeths Stellvertreterin und rechte Hand. General Hood war Direktor der Nationalen Sicherheitsbehörde und Elizabeths Verbündeter.

      »Wie ist die Prognose?«

      »Es sieht nicht gut aus. Er wird nicht in der Lage sein, die NSA weiter zu führen. Laut meinen Quellen wird General Dysart seine Nachfolge antreten.«

      »Wo sind Sie gerade, Steph?«

      »Auf der Umgehungsstraße, auf dem Weg ins Büro. Der Verkehr ist wie immer furchtbar. Bin in etwa dreißig Minuten da.«

      »Danke für die Vorwarnung. Stellen Sie sich schon mal auf einen langen Tag ein.«

      »Geht klar, Direktor. Bis gleich.«

      Elizabeth legte auf.

      Der Direktor der NSA war einer der wenigen, die vom Project wussten. Eine ihrer Aufgaben war es, kritische Warnmeldungen der NSA an den Präsidenten zu überprüfen. Sie hatte ein gutes Arbeitsverhältnis mit General Hood gehabt. Das hatte die Dinge wesentlich einfacher gemacht. Jetzt war er aus dem Spiel.

      Elizabeth kannte Dysart und sie mochte ihn nicht. Er war ein Pentagon Power Player, konservativ und militant, mit einigen wichtigen Kongressabgeordneten verbündet. Er war schlau, das ließ sie ihm. Er war aber auch ein Kontrollfreak und herablassend, abweisend gegenüber Frauen und anderen, die er als ihm unterlegen ansah. Der weltgrößte Geheimdienst war im Begriff, unter seine Kontrolle zu geraten. Der Tag war soeben um einiges schlimmer geworden.

      Das gesicherte Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelte. Sie nahm ab und verbarg ihre Überraschung bezüglich der Stimme am anderen Ende der Leitung.

      »Direktor Harker, hier ist General Dysart. General Hood ist schwer erkrankt und ich wurde angewiesen, seine Aufgaben zu übernehmen. Ich habe seine Unterlagen durchgesehen und wollte mich bei Ihnen melden. Sie scheinen sich einer ungewöhnlichen Beziehung mit ihm erfreut zu haben.«

      Elizabeth hielt ihre Stimme neutral. »Es tut mir leid zu hören, dass er erkrankt ist. General Hood war immer hilfsbereit gewesen.«

      »Ich rufe an, um Ihnen einen gut gemeinten Ratschlag zu geben. Sie führen momentan eine Mission in Israel durch.« Es war keine Frage.

      Ihre Intuition schlug Alarm. Wie hatte Dysart herausgefunden, dass Nick in Jerusalem war? Keiner außerhalb des Teams hätte davon wissen sollen. Hood hatte es nicht gewusst. Noch nicht mal der Präsident wusste bis jetzt davon. Dysart fuhr fort.

      »Ich glaube, es ist in Ihrem Interesse, Ihren Agenten zurückzurufen. Ich habe mit Lodge gesprochen, drüben in Langley. Mir ist bewusst, dass Sie die Interessen des Präsidenten abwägen müssen, aber es ist für mehr als genug Sicherheitsmaßnahmen gesorgt. Sie treten anderen auf die Füße, Direktor. Ich dachte nur, ich lasse Sie das wissen.«

      Der Direktor des CIA war eine weitere Person auf der kurzen Liste, die von ihrer Einheit wussten. Elizabeth traute Lodge etwa so weit, wie sie das Pentagon über den Potomac werfen konnte.

      Dysart war höchstens seit ein paar Stunden für die NSA verantwortlich. Er sollte wichtigere Dinge zu tun haben. Aber dennoch hatte er ihr soeben den »Rat« gegeben, eine sensible Geheimoperation, die möglicherweise die Sicherheit des Präsidenten beeinflussen könnte, zu beenden. Ihre Intuition


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