DIE LANZE (Project 2). Alex Lukeman
»Sein Name?«
»Carter.«
»Sie möchten, dass ich ihn besuche?«
»Ja, bitte tun Sie das. Ich bin mir sicher, Sie können eine zufriedenstellende Übereinkunft treffen. Wir verdoppeln Ihre übliche Beratungsgebühr für diesen Auftrag.«
»Wo ist er untergebracht?«
»Im King David Citadel Hotel. Er ist einer ihrer besten Unterhändler.«
Eine Pause.
Der Besucher fragte: »Das Treffen verläuft weiterhin planmäßig?«
»Ja. Beaufsichtigen Sie weiterhin unsere Arrangements. Es wurde ein Update an Sie gesendet. Verhandeln Sie mit unserer Konkurrenz.«
»Ich verstehe.«
Das Gespräch endete. Der Besucher legte das Telefon auf den Boden und zertrat es mit dem Absatz.
Es war ein unerwarteter Auftrag, aber es sollte schnell zu erledigen sein. Der Besucher ging an seinen Laptop. Er öffnete ein Programm, das nie von Microsoft oder sonst irgendjemandem zertifiziert worden war, und zapfte den Reservierungscomputer des King David Citadel an. Er entdeckte Carters Zimmernummer und sah, dass er sich im Hotel befand.
Er tippte eine weitere Taste und rief eine verschlüsselte Nachricht auf. Das »Update«, das sein Auftraggeber erwähnt hatte.
Carter würde sich mit einem armenischen Händler in der Altstadt treffen. Die Anweisungen waren eindeutig. Den Armenier eliminieren und dadurch das Zustandekommen dieses Treffens nachhaltig vereiteln. Ein Bild von Carter, seinem Kontakt und die Adresse, wo das Treffen stattfinden sollte, waren angehängt.
Perfekt. Der Besucher war effizient. Wenn Carter zum Treffpunkt mit dem Armenier erschien, würde sich womöglich die Gelegenheit bieten, zwei Probleme auf einmal zu beseitigen.
Er dachte über den vor ihm liegenden Tag nach. Ließ den Auftrag vor seinem inneren Auge ablaufen, ein Profi, der seinen Plan ausarbeitete, die Schritte, das Terrain, mögliche Komplikationen und Hindernisse visualisierte.
Der Besucher schaltete seinen Laptop aus. Er griff nach der 22er Ruger mit Schalldämpfer, die er für seine Arbeit bevorzugte. Leise, effektiv, mit einer äußerst geringen Chance, dass Kugeln etwas durchschlugen, was sie nicht sollten – es war seine Lieblingswaffe. Er nahm sich ein Reinigungsset, breitete alles präzise in einer Reihe vor sich aus und begann, die Pistole zu säubern. Der Geruch von Lösungsmittel und Waffenöl und der Blauschimmer des Metalls gab ihm ein friedvolles, geordnetes Gefühl von Bestimmung, eine existenzielle Meditation, die sich auf das Werkzeug des Todes in seinen Händen fokussierte.
Der Besucher dachte an sein Zuhause in Deutschland, in den bayrischen Bergen. Es unterschied sich so sehr von diesem unfruchtbaren Wüstenland dieser Judennation. Grüne Bäume und schwarze Erde, schneebedeckte Gipfel, die sich wie Götter in den reinen, blauen Himmel erhoben. Der Geruch von Kiefern und die Pracht der alpinen Blumen, die im Frühling im Hochland blühten. Warme Sommertage. Schöne Frauen mit rosigen Wangen und breiten Hüften.
Aber sein geliebtes Bayern war verdorben, krank.
Vergiftet von Juden und Ausländern. Bastard-Rassen, die wie Kakerlaken über sein geliebtes Vaterland herfielen. Deutschlands Erbe, durch rückgratlose Politiker, die den zionistischen Amerikanern und ihresgleichen dienten, gegen einen Haufen Grütze eingetauscht.
Es war noch nicht zu spät, den Schaden zu bereinigen. Schon bald würden die Juden zu Fall gebracht werden. Der lange aufgeschobene Abschluss der Endlösung würde über diese Nation von Untermenschen namens Israel kommen.
Der Besucher summte vor sich hin, während er überschüssiges Öl von der Pistole wischte.
Kapitel 11
Auf der deutschen Forschungsstation an der Prinzessin-Martha-Küste der Antarktis war der Frühling in vollem Gange. Während der letzten vier Wochen war das Thermometer über den Gefrierpunkt gestiegen. Die Erderwärmung und das Ozonloch waren heiße Themen im Speisesaal.
Die dünner werdende Ozonschicht war Hans Schmidts Fachgebiet. Mit seinen dreißig Jahren war er bereits eine bekannte Größe auf dem wachsenden Gebiet der Umweltstudien. Hans hatte ein gewinnendes, offenes Gesicht, braune Augen und blonde Haare. Über die letzten Monate hatte er seinen Bart wachsen lassen und ein leichter Rotton deutete auf seine Wikinger-Vorfahren. In einem Monat würde er nach Deutschland zurückkehren und seine Jugendliebe, Heidi, heiraten. Das Leben war gut zu Hans.
Er trug hohe, braune Schnürstiefel, eine feste Hose über Thermounterwäsche, zwei Hemden und eine offene rote Jacke. Dazu hatte er eine fellgefütterte Mütze mit oben zusammengebundenen Ohrenklappen. Antarktisches Wetter konnte selbst in den wärmeren Monaten jederzeit umschlagen.
Er hatte sich für die Benutzung einer Schneeraupe angemeldet und Otto Bremen, den Chef der Station und leitenden Geophysiker, überredet, sich mit ihm ins Landesinnere zu den Bergen der Fenriskjeften, dem »Maul von Fenris«, benannt nach dem riesigen, heißhungrigen Wolf der nordischen Mythen, zu begeben. Es war noch weitestgehend nicht erkundetes Territorium.
Bremen war älter, Anfang fünfzig. Er war stämmig und kleiner als Hans. Sein Gesicht war rund und fröhlich, was ihm schon oft eine Rolle als Weihnachtsmann beschert hatte. Über seinen blauen Augen hatte er buschige Augenbrauen, die langsam weiß wurden und seine großen Ohren hielten eine etwas schief sitzende Brille mit Silberrand. Er trug einen gefütterten, gelben Parker, auf dessen Schulter die deutsche Flagge gestickt war. Dazu trug er feste Stiefel und robuste Hosen.
Sie fuhren aus der Garagenhöhle, die in das Eis unter der Station gegraben war, und hielten auf die Berge zu. Die Heizung in der hohen Kabine des Tucker Sno-Cat war bei dem guten Wetter auf niedrig gestellt. Hans öffnete ein Fenster einen Spalt weit, um frische Luft hereinzulassen. Der Tucker war eines von drei identischen Fahrzeugen, die Eric Reinhardt, ein wohlhabender amerikanischer Geschäftsmann deutscher Abstammung, der Station gespendet hatte.
Der große Allison Dieselmotor rumpelte mit einem zufriedenen Dröhnen vor sich hin. Sie fuhren über den Schnee und das Eis zu den eine Stunde entfernten Bergen. Mit seinen beiden 60 Gallonen Tanks, der geschlossenen Kabine und dem großzügigen Stauraum war der Tucker in diesem Teil der Welt wie ein Rolls Royce.
Bremen hantierte mit einem weiteren Geschenk von Reinhardt herum, einem experimentellen Gerät, das mittels Ultraschall Mineralablagerungen entdecken sollte. Die Fenrisberge würden eine gute Testgelegenheit bieten. Bis jetzt hatte im antarktischen Eis noch niemand etwas Erwähnenswertes gefunden, nur ein wenig Eisen und etwas Kupfer. Nichts davon versprach eine kommerzielle Erschließung. Abgesehen davon verhinderte der Antarktisvertrag jegliche größeren Bergbauunterfangen.
Die große Schneeraupe näherte sich den Bergen und Hans hielt sich parallel zu diesen, während er nach irgendetwas ungewöhnlichem im schmelzenden Schnee und Eis Ausschau hielt. Nach zehn Minuten fing das Mineral-Suchgerät zu piepen an.
»Vor uns«, sagte Otto. »Laut dem Gerät nur etwa drei- oder vierhundert Meter.« Er schaute auf ein Diagramm. »Eine hohe Dichte an Eisen und Kupfer, die Anzeige spielt verrückt.«
»Schau mal, dort!« Hans deutete durch die Windschutzscheibe.
Er verlangsamte und brachte den Tucker zu Stehen. An der Seite von einem der gezackten Gipfel hatten sich Eis und Schnee in der Frühlingsschmelze gelöst. Ein grauer, regelmäßiger Umriss zeichnete sich vor dem dunklen Fels ab.
»Was zur Hölle ist das denn?« Hans ließ den Motor im Leerlauf.
»Keine Ahnung. Sieht aus wie von Menschen gemacht. Genau dorthin weist das Gerät.«
»Ich weiß von keiner Station und auch von keinem Camp, die hier gewesen sein könnten.«
Stationen wurden in der Antarktis häufig aufgegeben und verlassen. Beide Männer waren mit der Geschichte der Region vertraut und keiner von ihnen hatte je von irgendetwas hier gehört.
Sie