Geht's?. Florian Scheuba
Politik und Medien in Österreich nicht mit den Worten »Vernetzung« oder »Verstrickung« adäquat beschreiben kann, sondern von »Verfilzung« sprechen muss.
Daraufhin erhob sich ein Chor der Empörten, dessen Zusammensetzung etwas überraschend wirkt. Im Falter der Vorwoche berichteten verängstigte Politiker über ihre unerträgliche Gängelung durch skrupellose Gazetten. Die Erpressung laufe stets nach dem gleichen »Geld oder Leben«-Schema ab: Inserate her, sonst gibt es Negativberichterstattung. Abgesehen von der Frage, ob ein konsequentes Eingehen auf diesen Deal dazu führen würde, dass in Zukunft Innenpolitik-Seiten layoutmäßig an Basar oder Fundgrube erinnern, macht dieser Aufschrei der Geknechteten doch betroffen. Verstand man früher unter »Druck machen durch Inserate« eine gängige Einschüchterungspraxis gegenüber Zeitungsmachern, so haben sich heute offenbar die Verhältnisse umgedreht. In Österreich ist nicht die Pressefreiheit in Gefahr, sondern die Politikfreiheit.
Zugegeben, es ist nicht leicht, sich Erwin Pröll vorzustellen, wie er vor den neuesten gegen ihn gerichteten Enthüllungskampagnen in den Niederösterreichischen Nachrichten oder Kurier zittert, aber ganz allgemein fragt man sich: Wie gut wären unsere Politiker erst, wenn sie frei von dieser Angst agieren könnten? Denn dass es sich um nackte Angst handelt, geht schon daraus hervor, dass im Falter alle Betroffenen nur unter Zusage ihrer Anonymisierung zur Aussage bereit waren. Nicht einmal die Namen der Medien wollten sie verraten.
Woher kommt diese Furcht? Dass einst Hans Dichand ein Respekt einflößendes Gegenüber war, gilt als unbestritten, aber wie kann man sich ernsthaft vor Claus »weil ich sonst eher als Schleicher verrufen bin« Pándi fürchten? Oder vor der Boulevard-Ruine Michael Jeannée? Ist es nur perfekte Tarnung, dass Eva Dichand in der Öffentlichkeit nicht die machtgierige Gefährlichkeit einer Rebekah Brooks ausstrahlt, sondern eher die Aufgekratztheit einer Döblinger Charity-Flohmarkt-Organisatorin? Und ist sich von Wolfgang Fellner erpressen zu lassen nicht ähnlich demütigend, wie einem mit SpongeBob-Wasserpistole bewaffneten Bankräuber die Tageslosung auszuhändigen?
Vielleicht ist es ja so, dass manche Politiker dieses Unterwerfungsritual brauchen. Wenn wir uns beispielsweise Werner Faymanns Boulevard-Affinität wegdenken: Was bleibt von ihm über?
Und für diejenigen seiner Berufskollegen, die für das ihnen durch Medien zugefügte Gefühl der Machtlosigkeit nach Kompensation lechzen, gibt es ja immer noch die Landesstudios des ORF.
Das Zitat »Weil ich sonst eher als Schleicher verrufen bin« stammt aus einer Strafmandatsintervention des Krone-Innenpolitikchefs Claus Pándi beim mittlerweile suspendierten Wiener Polizeigeneral Roland Horngacher.
Zum Glück gibt es in Österreich auch andere Journalisten, die sich tatsächlich noch dem Gedanken der Aufklärung verpflichtet fühlen. Dafür müssen sie sich auch manchmal beschimpfen lassen …
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.