Geht's?. Florian Scheuba
dessen Börsel leider nicht nur 60 Euro, sondern sechs Millionen Euro fehlen. Und noch einen Unterschied gibt es: In Kärnten haben Sie nicht einmal die Wurstsemmel bekommen. Das erste unabhängige Gutachten eines deutschen Prüfers stellt nämlich bezüglich der sechs Millionen Euro teuren Aktivitäten Birnbachers beim Verkauf der Kärntner Hypo ausdrücklich fest: »Anhaltspunkte dafür, dass überhaupt Leistungen erbracht wurden, sind den Akten nicht zu entnehmen.«
Dass sich angesichts dieser Tatsachen Josef Martinz in der Vorwoche mit Unterstützung der FPK als Aufsichtsratsvorsitzender der Landesholding bestätigen ließ, anstatt über eine ab Jänner mögliche verordnete räumliche Nachbarschaft mit Uwe Scheuch nachdenken zu müssen, lässt die Vermutung aufkommen, dass Birnbachers monumentale Chuzpe ansteckend ist. Ein weiteres Indiz dafür lieferte der vorletzte Sonntags-Kurier, für den ausgerechnet jener Gutachter, der gegen fürstliche Bezahlung die strafrechtliche Unbedenklichkeit der Birnbacher-Gage behauptet hatte, einen Gastkommentar verfasste, in dem er »die Käuflichkeit der Medien« und deren »Korrumpierbarkeit« geißelt.
»Birni« selbst meint übrigens auf die Frage, ob er auch mit einem niedrigeren »Honorar« zufrieden gewesen wäre: »Ja, aber mich hat niemand gefragt.« Dass sich der Villacher Steuerberater da nicht selbst zu Wort gemeldet hat, ist offensichtlich dem über seinem Schreibtisch hängenden Wahlspruch geschuldet: »Dem Anständigen das Anständige raten.« Als sich Haider und Martinz mit ihm über seine Bezahlung berieten, war die Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieses Spruchs leider nicht gegeben.
Birnbachers Pech war es, dass er auf einen Richter gestoßen ist, der nicht glauben wollte, dass eine Wurstsemmel 60 Euro kostet. Das wiederum hat Birnis Einstellung zu der ganzen Geschichte geändert. Und so ist es dann weitergegangen …
The power of Tacheles
Ein Mann tritt vor die Öffentlichkeit und erklärt: »Ich gestehe. Ich selbst und einige andere daran Interessierte haben die faulen Eier im Garten versteckt. Es war nicht, wie von uns immer behauptet, der Osterhase. Den Osterhasen gibt es in Wirklichkeit nämlich gar nicht.«
Die Öffentlichkeit reagiert schockiert: »Unfassbar!« »Sensation!« »Ein politisches Erdbeben!« Die Klagenfurter Staatsanwaltschaft räumt ein, dass man vier Jahre lang vielleicht doch zu sehr mit der Fahndung nach dem Osterhasen beschäftigt war und darüber andere Ermittlungen ein wenig vernachlässigt hat. Von der Kärntner Landesholding gekaufte Gutachter, die zuvor die unzweifelhafte Täterschaft des Osterhasen bestätigt hatten, beeilen sich nun, zu erklären, dass sie bloß die theoretische Möglichkeit des Eier-Versteckens durch marodierende Hasen-Banden nicht grundsätzlich ausgeschlossen hätten. Und Landeshauptmann Dörfler weist Zweifel an der realen Existenz des Osterhasen scharf zurück und warnt vor möglichen Folgen: »Was wird dann als Nächstes infrage gestellt? Das Christkind? Die Zahnfee? Der Lindwurm?«
Die Frage, warum unsere Justiz so lange gebraucht hat, um zu der in Birnbachers Osterhasen-Geständnis enthaltenen Erkenntnis zu kommen, blieb bislang unbeantwortet. Warum er es gerade jetzt abgeliefert hat, scheint hingegen leicht zu erklären zu sein. Der Dank dafür gebührt Richter Manfred Herrnhofer, der dem Villacher Steuerberater gegenüber eine einfache, aber wirkungsvolle Taktik angewandt haben dürfte: Klartext.
Das könnte sich in einer Prozesspause ungefähr so angehört haben:
»Angeklagter! Folgendes:
1.) Ich will weder in Kärntner Politik noch Justiz Karriere machen.
2.) Ich besitze gesunden Menschenverstand.
3.) Ich lasse mich nur ungern verarschen.
4.) Eine mehrjährige Haftstrafe ist nicht das pure Vergnügen, schon gar nicht in Ihrem Alter.
5.) Dass Haider und Martinz Ihnen die Millionen nicht aus Jux und Tollerei geschenkt haben, weiß ohnehin jeder. Aus all dem folgt:
6.) Vielleicht fällt Ihnen ja was ein, was Sie uns noch erzählen wollen.«
Der Drang zur Wahrheit ist ein menschliches Begehren, das rasch erlahmen kann. Der Birnbacher-Prozess lässt nun darauf schließen, dass Tacheles diesbezüglich geradezu Viagra-hafte Wirkung entfalten kann. Eine therapeutische Maßnahme also, deren Heilkraft sich auch in anderen Fällen erweisen könnte.
Zum Beispiel so: »Sehr geehrter Herr Plech! Sie sind gerade einmal drei Jahre jünger als der Birnbacher. Der Meischi ist jung und naiv, der glaubt noch an eine sorgenfreie, vom dankbaren Karl-Heinz finanzierte Zukunft für die Zeit danach. Aber wie soll die bei Ihnen ausschauen? Ein goldener Rollator mit Swarovski-Steinderln?«
Oder so: »Lieber Herr Rumpold! Nicht bös sein, aber im Vergleich zu Ihren Telekom-Gutachten wirkt das vom Birnbacher wie die Encyclopedia Britannica. Klar, der FPÖ-Permanentwahlkampf kostet Geld, und um das einzutreiben, braucht es einen ›Mann fürs Grobe‹, aber dieser Titel gefällt Ihnen doch nicht mehr. Wenn Sie ein bisserl mitarbeiten, hätten wir vielleicht sogar einen neuen für Sie. Wie wär’s mit ›Eurofighter-Kronzeuge‹?«
Also, nur Mut, bei echten Wundermitteln gibt es auch keine Überdosierung.
Offensichtlich ist Gernot Rumpold noch am Überlegen, wie er sich zu diesem Thema in Zukunft verhalten wird. Aber vielleicht sollte er sich endlich einmal mit seinem ehemaligen Firmenpartner darüber unterhalten …
Sie lachen, wir zahlen
Die allgemeine Enttäuschung über die Nicht-Detonation der durch Stefan Petzners Aussage im Birnbacher-Prozess erwarteten »Polit-Bombe« wäre vermeidbar gewesen. Spätestens am Tag davor war klar, dass es dazu gar nicht kommen kann, denn da erklärte Petzner in einem Krone-Interview: »Wenn ich sage, es kommt was, das die Politwelt erschüttert, dann kommt auch was – ich bin ja kein Idiot.«
Abgesehen von dieser alle Hoffnungen auf Relevanz zerstörenden Ankündigung: Sich ausgerechnet von Petzner Enthüllungen über die Ära Haider zu erwarten, wäre ähnlich realistisch wie die Hoffnung auf eine schonungslose Abrechnung mit der politischen Führung der DDR durch Margot Honecker.
Die Aufgabe, diesbezüglich Klartext zu sprechen, bleibt somit bei Leuten wie Armin Wolf hängen, der es im ORF-Sommergespräch mit Josef Bucher auf den Punkt brachte: »Jörg Haider würde, wenn er noch leben würde, aller Voraussicht nach demnächst für ein paar Jahre im Gefängnis sitzen.« Dessen ungeachtet sieht der BZÖ-Chef nach wie vor in Haider sein »politisches Vorbild«. Diese Trotzhaltung hat etwas kindlich Rührendes, und wenn Bucher im gleichen Interview auf die Frage nach seinem größten Talent als Politiker mit »Ehrlichkeit und Anständigkeit« antwortet, erinnert er an einen radikalen Abstinenzler, der sich auf sein Idol Harald Juhnke beruft.
Für eine andere, nicht minder originelle Form der Vergangenheitsbewältigung hat sich Heinz-Christian Strache entschieden. »Keine Kritik mehr am Eurofighter-Geschäft« hätte Haider einst von ihm gefordert, wobei Strache schon damals geahnt hätte, dass »mit den Parteifinanzen irgendetwas nicht stimmen kann. Aber man wollte die geforderten Unterlagen nicht herausrücken, selbst als ich mit einer Klage gedroht habe.« Rückblickend also eine prophetische Erkenntnis, aber dennoch rätselhaft, warum es sich der heutige FPÖ-Obmann einst so schwer gemacht hat.
Die menschliche Schnittstelle zwischen Eurofighter-Deal und FPÖ-Parteifinanzen war Gernot Rumpold. Jener »Mann fürs Grobe« also, der nicht nur laut einem Gerichtsgutachten 600.000 Euro ohne nachvollziehbare Leistung von der Telekom für die Partei kassiert haben soll, sondern just zum gleichen Zeitpunkt auch zwei gemeinsame Firmen mit Strache besessen hat. Das nennt man den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen. Strache hätte sich alle Zweifel, Verdachtsmomente und Klagsdrohungen ersparen können, indem er einfach seinen eigenen Geschäftspartner um Aufklärung gebeten hätte. Es handelt sich hier also um einen ähnlich unerklärlichen Fall von Nicht-Kommunikation wie zwischen Karl-Heinz Grasser