Geht's?. Florian Scheuba
Telekom gearbeitet (bei einer 40-Stunden-Woche also praktisch durchgehend ein ganzes Jahr lang), kann sich aber an keine Details seiner Tätigkeit mehr erinnern, da er alle Unterlagen weggeschmissen hat.
Karl-Heinz Grasser hingegen stellt klar, dass seine Schwiegermutter sich nicht am »Verfolgungswahn« gegen ihn beteilige. Offensichtlich setzt die Dame statt auf leeren Wahn lieber auf harte Fakten, indem sie nicht nur die Bestätigung der Aussagen Grassers verweigert, sondern diesen vor den Finanzbehörden schwer belastet und dadurch Ermittlungen wegen Beweismittelfälschung gegen ihren Schwiegersohn auslöst.
Nein, die drei Herren haben genug Probleme, man muss nicht auch noch die juristische Folgenlosigkeit des Delikts »Volksverhöhnung« beklagen. Wer angesichts dieser Symptome von Chuzpe-Hypertrophie gar die Frage »Wie wär’s zur Abwechslung mal mit Reue?« stellt, dem ist ohnehin nicht zu helfen.
Oder doch? Ein Bericht des Standard lässt die Hoffnung aufkommen, dass Angeklagte vor Gericht wenigstens mit von schlechtem Gewissen angehauchter Selbsterkenntnis überraschen können. Im Zuge einer Klage gegen die Tageszeitung Heute wegen einer darin veröffentlichten angeblich völlig unwahren Behauptung erklärte deren Anwalt, dass es sich bei dem beschuldigten Medium um ein »Gratisboulevardblatt« handle, dessen Geschichten nicht zwangsläufig »für bare Münze« genommen werden müssen.
Die darin nur notdürftig versteckte Botschaft »Wer den Blödsinn, den wir schreiben, glaubt, ist selber schuld« mag den Hautgout des Zynischen haben, als Beispiel für ein klares Eingeständnis statt jämmerlicher Ausreden ist sie bemerkenswert.
Wer weiß, vielleicht wird eines Tages Mensdorff, Strasser und Grasser doch noch die Würdelosigkeit ihrer Rechtfertigungen unerträglich und sie ringen sich durch zu Bekenntnissen wie: »Sie fragen mich ernsthaft, ob ich als Waffenlobbyist mit Schmiergeld zu tun habe?«, »Wenn man sich als Innenminister schon ständig mit Kriminalität beschäftigt hat, sollte man auch aus eigener Erfahrung wissen, worum es geht. Das hat schon mein Vorgänger Karl Blecha gewusst« oder »Ich war jung und brauchte das Geld … nicht wirklich, aber für einen Klagenfurter Autoverkäufer ist der Jetset von Capri eine echte Herausforderung.«
Sie müssen ja nicht gleich so weit gehen wie Julius Meinl. Dessen Bank ließ unlängst ein Inserat schalten, das nur aus einem Satz bestand: »Unabhängige Justiz ist gefordert, in der Causa Meinl Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen.«
Eine Forderung, die auch die vielen geschädigten Anleger nicht schonungsloser formulieren hätten können und die vermuten lässt, dass Meinl bald schon mit kleinem Gepäck vor den Toren des Wiener Landesgerichtes Einlass begehren wird.
Interessant, wie die Tageszeitung Heute sich selbst sieht. Das sollte man einmal der höchsten Instanz der SPÖ verraten. Die Rede ist natürlich von Michael Häupl.
Häupl heute,
die Krone Österreichs
»Eine rote Schmiede für Journalisten« mutmaßte unlängst Die Presse in einer künftigen Publizistikakademie auf dem Mediencampus St. Marx zu erkennen. Heftige Dementis der Gemeinde Wien waren die Folge, denen ich in diesem Fall sofort Glauben schenken will. Wozu braucht die SPÖ Wien von ihrer Gunst abhängige Journalisten? Wozu gibt es Österreich, Heute und die Kronen Zeitung? (Apropos: Natürlich sind Heute und die Kronen Zeitung voneinander völlig unabhängige Medien. Schließlich gab es auch im heimischen Fußball-Cup heuer schon das spannende Duell Rapid gegen Rapid Amateure.)
Rund 15 Millionen Euro pro Jahr lassen die Gemeinde Wien und deren Betriebe an die drei Blätter zumeist in Form von Inseraten oder Kooperationen fließen. Dafür gibt es besonders in Wahlzeiten nicht nur eine Berichterstattung, deren kritische Schärfe an jene der Prawda unter Leonid Breschnew oder die der NÖN unter Erwin Pröll gemahnt, sondern auch persönliche Beratung bis auf Bundesebene – wenn beispielsweise der amtierende Bundeskanzler der Republik beim Krone-Redakteur seines Vertrauens nachfragt, ob er nach eben erlittener Wahlniederlage im ORF auftreten soll oder besser nicht. Eine Beziehung, in der – teilweise im wahrsten Sinn des Wortes – familiäre Harmonie herrscht und deren Störung durch Außenstehende sofort sanktioniert wird. Als etwa das profil vor vier Wochen über die skandalösen und unverschämt dreisten Verflechtungen zwischen Gemeinde und Partei berichtete – eine Aufdeckung, deren Neuigkeitswert mit Enthüllungen à la »Playback beim Musikantenstadl!« oder »Verdacht auf Absprache bei Wrestling-WM!« vergleichbar ist –, reagierte die Spitze der Wiener SPÖ mit beleidigtem Fernbleiben beim 40-Jahres-Fest des Magazins.
Michael Häupls Verhältnis zur ihn huldigenden Berichterstattung ähnelt also jenem Dagobert Ducks zum Gold. Bis über den Kopf damit zugeschüttet, zürnt er, wenn auch nur eine Bürzelfeder noch unbedeckt hervorlugt. Dabei übersehen selbst vorgeblich kritische Medien, wenn er sich mit wirklich alarmierenden Eingeständnissen an die Öffentlichkeit wendet. Auf die Behauptung Heinz-Christian Straches, die SPÖ sei eine »Islamisten-Partei«, antwortete der Bürgermeister, dass dies so wäre, als würde man die FPÖ als »Nazi-Partei« bezeichnen. Sollte dem so sein, muss man sich über die partielle Unterwanderung der Wiener SPÖ durch Neo- und Alt-Islamisten ernsthafte Sorgen machen.
Nach dem Desaster mit der Wehrpflicht-Volksbefragung sollte man glauben, Häupl wäre aus Schaden klug geworden. Noch ist davon nichts zu merken. Und wie schaut es diesbezüglich auf der unteren Führungsebene der SPÖ aus? Konkret: Wie geht Werner Faymann mit dem Boulevard um?
Can’t buy me love
Wer Ärzte oder Mitarbeiter einer urologischen oder gynäkologischen Ambulanz zu seinem Bekanntenkreis zählt, kennt die einschlägigen Erfahrungsberichte, die diese oft zu fortgeschrittener Stunde zwecks Erheiterung geselliger Runden zum Besten geben. Sie handeln von meist spätnachts in die Notaufnahme eingelieferten Patienten, in deren Körperöffnungen sich ungewöhnliche Dinge wie Flaschen, Glühbirnen, Südfrüchte oder heimisches Gemüse befinden, zu deren eigenhändiger Entfernung die Betroffenen nicht mehr in der Lage sind. Auf die für die Anamnese unverzichtbare Frage, wie es denn zu dieser nicht alltäglichen Applikation gekommen sein mag, gibt es stets die gleichen Antworten: Man sei, aus der Dusche kommend, gestolpert und auf eine im Badezimmer stehende Champagnerflasche gefallen oder hätte sich versehentlich auf eine tückisch aus einem Polstermöbel hervorragende Karotte gesetzt.
Als verantwortungsbewusster Mediziner darf man nun diese Erklärungen keinesfalls mit höhnischem Gelächter oder investigativem Nachfragen quittieren. Die Tatsache, dass kein vernunftbegabtes Wesen existiert, das eine solche Vorgeschichte ernsthaft glauben würde, muss den Patienten nicht auch noch grob vor Augen geführt werden, lässt doch die Art ihrer Beschwerden darauf schließen, dass sie sich in einer psychisch labilen Situation befinden, die möglicherweise durch Einsamkeit und fehlende körperliche Nähe ausgelöst wurde und daher auch als verzweifelter Schrei nach Liebe gedeutet werden kann.
Eine ganz ähnliche Situation erleben wir derzeit rund um den ÖBB-Inseratenskandal. Die bisherigen Erklärungen der Patienten Faymann und Ostermayer haben den gleichen Wahrheitsgehalt wie jene der eingangs beschriebenen Notaufnahmefälle. Und auch hier sollte man Rücksicht auf die emotionale Befindlichkeit der bei einer hochnotpeinlichen Ferkelei Ertappten nehmen, denn die Vermutung liegt nahe, dass ebenfalls ein unerfüllter Wunsch nach Zuneigung die Wurzel der Affäre ist.
Diese Erkenntnis verdanken wir Doris Bures, die in einem Interview mit dem Standard meinte: »Wenn es wahr wäre, dass ich mir mit Inseraten mediales Wohlwollen erkaufe, dann müsste ich in den Politikerrankings ganz oben stehen und nicht bloß im Mittelfeld.« Ein Bekenntnis, das nicht nur von entschlossener Realitätsverweigerung zeugt – im aktuellen Beliebtheitsranking von Österreich liegt Bures an vorvorletzter Stelle –, sondern auch eine menschlich erschütternde Fehleinschätzung an den Tag bringt. Politiker wie unsere Infrastrukturministerin denken offensichtlich, dass man durch Subventionierung