MACHETE - Der Passat-Killer von Hawaii. Robert W. Walker

MACHETE - Der Passat-Killer von Hawaii - Robert W. Walker


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Fragebögen auszufüllen, die man ihm im Büro des Staatsanwalts vorgelegt hatte, und wenig mehr geliefert hatte als das, was sie hören wollten.

      Der Passat-Killer stammte vermutlich aus einer dysfunktionalen Familie. Sein Vater hatte wohl einen festen Job gehabt, aber die elterliche Disziplin wäre bestenfalls wechselhaft gewesen. Kindesmissbrauch in einer seiner vielen Formen war wahrscheinlich fester Bestandteil des Familienlebens gewesen. Er hatte einen durchschnittlichen oder überdurchschnittlichen IQ, aber die Chance war groß, dass er in einem Hilfsarbeiterjob arbeitete, der seiner Meinung nach weit unter seiner erhofften Stellung, seiner Berufung oder seinen Fähigkeiten lag. Sein beruflicher Lebenslauf war vermutlich lückenhaft, wenn nicht chaotisch.

      »Er könnte ein Student an der Universität von Hawaii sein, sehr wahrscheinlich mit eher durchwachsenen Leistungen«, schlug sie vor.

      »Vielleicht, aber vielleicht auch nicht.«

      »Mehrere der Mädchen gingen auf die Universität«, erinnerte sie ihn.

      »Eine der wenigen Verbindungen, die wir zwischen einigen der Mädchen herstellen konnten«, stimmte er zu. Er erzählte ihr kurz von George Oniiwah, Lindas Freund, der zufällig auch Student am Manoa Campus der Universität von Hawaii war.

      »Es scheint wahrscheinlich, dass der Killer einige Verbindungen mit der Universität hat, zumindest auf Basis der wenigen Informationen, die wir haben.« Jessica nahm eine warme Dose Coca-Cola vom Schreibtisch und goss den Rest in den Abfluss im Labor, spülte die Dose aus und warf sie in einen Recycling-Mülleimer unter dem Tisch. Lau beobachtete sie von einem Raum, der drei Türen weiter lag, durch eine Reihe an Glastrennwänden, die das Labor und die Büros trennte. Sie war ein wenig nervös, weil Lau so interessiert an ihr und Parry war, und fragte sich, was hinter seinen schwarzen Augen vorging. Ist es so schwer, im Labor an guten Klatsch und Tratsch heranzukommen?, fragte sie sich.

      »Ja und das wären dann 64 Prozent der Studenten«, sagte Jim Parry, während er ihr folgte.

      »Wie bitte?«

      »Die genaue Zahl von männlichen Studenten auf dem Manoa Campus liegt um die 5.980.«

      »Konzentrieren Sie sich zuerst auf die Teilzeitstudenten«, warf sie ein.

      »Das wären dann um die 2.250.«

      »Nein«, korrigierte sie ihn. »Abzüglich der Frauen, sagen wir mal 40 Prozent, zwischen 1.250 und 1.300.«

      »Hey, nicht schlecht. Das ist doch mal eine Zahl, mit der sich arbeiten lässt«, sagte er mit einem leichten Anflug von Sarkasmus. »Ich werde Tony drauf ansetzen.«

      »Denken Sie daran, unser Mann – wenn er überhaupt Student ist und nicht Tellerwäscher – ist vielleicht schon abgegangen oder wurde rausgeworfen. Sie sollten sich auch die Einschreibungen früherer Semester ansehen, zusammen mit den aktuellen.«

      Er nickte, sagte ihr, dass sie recht hatte, und fügte dann leise ein Detail zu ihrem Wissen über den Killer hinzu: »Der Irre hat vermutlich den Großteil seines Lebens mit einer Freundin oder Ehefrau zusammengelebt oder tut es noch.«

      »Oder den Eltern«, entgegnete sie.

      »Vielleicht mit einem Elternteil.«

      »Stress könnte bei seinen Gewaltausbrüchen eine Rolle spielen.«

      »Möglicherweise kommt der Stress mit dem Passat?«

      Sie stimmte ihm umgehend zu. »Vielleicht etwas Symbolisches, das mit dem Wind zu tun hat? Vielleicht wurde unser Mann bei einem schlimmen Sturm als Kind draußen gelassen, wer weiß?«

      »Der hört wahrscheinlich Stimmen in dem verdammten Wind.«

      Sie nickte anerkennend und führte wie automatisch den Gedankengang fort. »Gewalt kann auch durch ein plötzlich auftretendes Problem ausgelöst werden – finanziell, beruflich, in der Ehe oder Beziehung.«

      »Alkohol und/oder Drogen könnten eine Rolle spielen«, fügte Parry hinzu und stellte sich dem kleinen Wettstreit ihrer Überlegungen. »Eine Person, die normalerweise keine Bedrohung ist, die man kein zweites Mal ansieht, sozial integriert, äußerlich unauffällig, sticht nicht aus der Menge hervor.«

      »Er nähert sich seinen Opfern im Freien, auf nicht bedrohliche Art und an einem freundlichen, vertrauten Ort.«

      »Sammelt sie in Einkaufszentren, in Geschäften oder an Bushaltestellen ein.«

      »Bevorzugt Manipulation mit Worten im Gegensatz zu körperlicher Gewalt, während er seine Beute jagt. Laut dem Polizeibericht hört es sich so an, als könnte Linda ihn von früher gekannt haben, wollte nicht mit ihm gehen, also musste er physische Gewalt anwenden, um sie von der Straße in seinen Wagen zu bekommen.«

      »Genau … sie kannte ihn, und vielleicht kannten ihn auch einige der anderen.«

      »Kontrolle über sein Opfer ist ein wichtiger Teil dessen, was er tut, und seiner Fantasie …«

      »Etwas Rituelles bestimmt seine Handlungen. Beim Mord selbst lebt er eine lange gehegte Fantasie aus, ich weiß.«

      »Er hat Linda verstümmelt. Das war kein reiner Zufall, dass der Geysir ihren Arm aus der Brandung spuckte.«

      Parry sah verwundert aus. »Was meinen Sie?«

      »Eine genauere Untersuchung der Stelle, wo er abgetrennt wurde, hat gezeigt, dass er an der Schulter abgeschnitten wurde, nicht von natürlichen Kräften abgerissen. Es gibt Schnittspuren am Knochen.«

      »Bastard …«, sagte er.

      »Er transportiert die Leichen in einem Fahrzeug«, warf sie ein und setzte ihr gemeinsames inoffizielles Profiling fort.

      Parry, der wieder hin und her lief, nickte und erwiderte: »Ja, und sein Wagen ist in ziemlich gutem Zustand. Er wird es nicht riskieren, angehalten zu werden oder mit dem Wagen liegenzubleiben, weil er nicht mehr anspringt, besonders nach dem, was am Koko Head passiert ist.«

      »Trotzdem hat etwas an dem Wagen in dieser Nacht die Cops vom HPD aufmerksam gemacht.«

      »Kaniola.«

      »Was?«

      »Alan Kaniola hat den Wagen als Erster bemerkt … hat ihn ein verdächtig aussehendes Fahrzeug genannt. Ich hab mir die Aufnahme von der Nacht tausendmal angehört.« Parry nahm der Fall offensichtlich mit und man merkte es. »Sonst ist da nichts. Sie haben kein Kennzeichen durchgegeben. Hatten nie Gelegenheit dazu.«

      »Sehen Sie, ich glaube, der Killer behält Souvenirs von seinen Opfern, möglicherweise Kleidung und Schmuck, aber ziemlich sicher die Hände.«

      »Am Handgelenk abgetrennt?«, wollte er wissen.

      Sie nickte und sah ihn durchdringend an. »Er … er holt seine Trophäen später wieder hervor … zählt sie, durchlebt die Fantasie wieder und wieder, solange, bis er es erneut tut. Und noch etwas. Er genießt es vermutlich, die Berichte über die vermissten Mädchen zu lesen und alles in den Nachrichten, was mit ihrem Verschwinden zu tun hat.«

      Parry nickte. »Er ist ständig da draußen und sucht nach Opfern, nach einem Mädchen, das wie Linda Kahala aussieht.«

      »Er weiß, was er mag … was er will, und er fühlt sich wohl, das hier zu tun. Das ist sein Revier. Er kennt die Gegend genau.«

      Parry stimmte zu. »Und wenn er ein Opfer findet, das genauso aussieht, dann schlägt er wieder zu.«

      »Er lockt sie, vielleicht zuerst mit Worten.« Parry dachte an die Sonette von Shakespeare, die er aus Lindas Zimmer mitgenommen und zu Hause durchgeblättert hatte.

      »Dann sorgt er dafür, dass sich sein Opfer nicht mehr wehren kann«, fuhr sie fort. »Wie eine Schlange, die eine Maus mit Gift lähmt. Wir haben Spuren eines Giftes namens Curare gefunden, das normalerweise nicht in Drogen enthalten ist, die auf der Straße verkauft werden.«

      »Verstehe.«

      »Dann attackiert, tötet und entsorgt er seine Opfer.«

      »Und


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