DIE SIEBTE SÄULE (Project 3). Alex Lukeman

DIE SIEBTE SÄULE (Project 3) - Alex  Lukeman


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einen olivfarbenen Metallcontainer von der Größe einer Seekiste zu jemandem im Inneren des Lastwagens hinauf. Zwei weiße Toyota Pick-ups mit fest montierten Degtjarjov-MGs warteten in der Nähe. Die russischen Waffen waren in diesem Teil der Welt ziemlich populär. Das Gebäude ähnelte einer der Chemiefabriken, die das US-Militär hier vor Jahren bombardiert hatte. Dort wurde damals VX produziert, ein tödliches Nervengas, das aus Pestiziden synthetisiert wurde. Die ausgebombte Ruine war in Khartoum zu einer Touristenattraktion geworden. Vielleicht produzierte wieder irgendjemand VX. Deshalb brieten Ronnie und Lamont jetzt in der afrikanischen Sonne: Um herauszufinden, ob etwas an der Sache dran war.

      »Sie gehen sehr behutsam mit dieser Kiste um. Als würden sie rohe Eier transportieren.« Ronnie justierte sein Fernglas. Das Sonnenlicht reflektierte von den Linsen und tanzte über die Frontscheibe. Ronnie fluchte lautlos. Jemand zeigte in ihre Richtung. Bei den Pick-ups entstand hektische Aktivität. »Scheiße, wir sind aufgeflogen. Zeit zu verschwinden.«

      Lamont startete den Motor. Er wendete, fädelte auf die Straße nach Khartoum ein und trat das Gaspedal durch. Ronnie wandte sich um und sah, dass die bewaffneten Pick-ups ihnen folgten. Ihr Toyota raste durch die Ausläufer von Khartoum. Die Verfolger näherten sich und die Schützen an den MGs eröffneten das Feuer. Kaum, dass die ersten Schüsse fielen, rannten die Anwohner in Deckung und die breite Straße leerte sich. Jeder im Sudan kannte das Geräusch von Gewehrfeuer.

      Lamont und Ronnie duckten sich. Das Heckfenster explodierte in einem Hagel aus Glassplittern. Kugeln durchlöcherten die Frontscheibe, ließen den Staub um sie herum hochspritzen und schlugen in die weißgekalkten Wände der umliegenden Gebäude ein. Ein paar Geschosse prallten vom Kabinendach ab. Es klang, als schlüge jemand mit einem Hammer auf den Stahl. Hinten auf der Ladefläche, unter einer Segeltuchplane, lag ein Granatwerfer. Aber da hinten nützte er ihnen nichts. Ronnie stieß seine Tür auf. »Ich schnapp' mir den Granatwerfer.« Er kletterte nach draußen und hielt sich am Dachrahmen fest, wo eben noch das Heckfenster gewesen war. Glassplitter schnitten in seine Handfläche. Er fluchte, schwang ein Bein über die Ladekante und rollte sich auf die Ladefläche. Er kroch zu dem Granatwerfer und schlug die Plane beiseite. Sie wurde vom Fahrtwind erfasst und landete auf der Straße hinter ihnen. Er öffnete die Transportkiste, holte das lange Abschussrohr heraus und lud die erste Granate.

      Einer der Schützen zielte auf ihre Hinterreifen. Sie zerplatzten mit hörbarem Knall und verwandelten sich in verbogene Felgen und zerfetztes Gummi. Lamont rang mit der Lenkung des Pick-ups. Ronnie kam hoch, kniete sich hin und feuerte. Die Granate zog eine Rauchspur hinter sich her. Er spürte den heißen Wind der Schüsse, die ihn verfehlten und die Kabine trafen. Lamont schrie auf. Das vordere der sie verfolgenden Fahrzeuge verschwand in einem Feuerball. Der zweite Pick-up passierte das brennende Wrack. Das charakteristische Hämmern des russischen MGs hallte von den umliegenden Hauswänden wider. Ronnies zweite Granate zerfetzte den Pick-up, nachdem sie dessen Frontscheibe durchschlagen hatte. Der Wagen wurde von der Straße gehoben, kippte um und explodierte dann. Ihr eigener Wagen geriet ins Schleudern, rammte seitlich eines der Gebäude und schrammte an der Außenwand entlang, bis er schließlich zum Stehen kam.

      Ronnie sprang von der Ladefläche, öffnete die Fahrertür und zog Lamont hinter dem Lenkrad hervor. Seine Schutzweste hatte zwei der Kugeln aufgehalten. Eine dritte hatte seinen Arm getroffen. Blut durchtränkte seinen Burnus. Seine braunen Züge hatten jetzt die Farbe von dünnem Milchkaffee und waren schmerzverzerrt. Er drückte den verletzten Arm gegen seinen Körper. Dünne Flammen züngelten unter der Motorhaube ihres Pick-ups hervor. Jetzt, wo die Schießerei vorbei war, kamen die Anwohner wieder aus ihren Häusern und Geschäften.

      Lamont hatte die Hautfarbe eines Äthiopiers, aber blaue Augen. Ronnie hatte indianische Züge. Sie trugen einheimische Kopfbedeckungen, Umhänge und hatten Bärte. Sie gingen nicht als Sudanesen durch, aber niemand würde sie für Amerikaner halten. Ronnie zog seine Pistole, um unnütze Diskussionen zu vermeiden. Niemand sprach sie an. Sie rannten die Straße hinunter und verschwanden in einem Labyrinth aus Hinterhöfen und schmalen Gassen, das sich zwischen den Häuserzeilen erstreckte. Hinter ihnen ging der Wagen in Flammen auf und schickte eine schwarze Rauchsäule in den wolkenlosen Himmel.

      Ronnie hielt in einer menschenleeren Seitenstraße an. Ein dünner Strahl Sonnenlicht fiel zwischen den schmutzfarbenen Wänden herab. Er schnitt Lamonts Ärmel auf. Über dem Ellbogen zeigte sich ein gesplitterter Knochen, wo die Kugel den Arm durchschlagen hatte.

      »Wie schlimm sieht's aus?« Lamonts Stimme war ganz rau vor Schmerz.

      »Nicht gut. Muss die Blutung stoppen. Das wird wehtun.« Ronnie schnitt Streifen aus seinem Burnus und verband die Wunde. Er improvisierte eine Schlinge. Lamont biss die Zähne zusammen. Ronnie behielt die Straße im Auge und drückte eine der Tasten an seinem Telefon. Der Anruf konnte zwar abgehört werden, aber ohne den richtigen Chip am anderen Ende konnte man nichts verstehen.

      Es entstand eine kurze Verzögerung, als der Anruf über den Satelliten weitergeleitet wurde. Stephanie antwortete. »Ja, Ronnie?«

      »Wir haben ein Problem. Wurden von zwei Fahrzeugen verfolgt. Haben uns um sie gekümmert, aber unser Wagen ist im Eimer. Lamont hat eine Kugel abbekommen. Ich bin nur leicht verletzt.« Er sah auf seine blutige Hand hinunter. »Holt uns hier raus. Lamont muss sofort in ein Krankenhaus.«

      »Geht zum sicheren Haus. Wir evakuieren euch von dort.«

      »Sie haben etwas auf einen Siebeneinhalbtonner geladen. Wir haben den Laster letzte Nacht verwanzt.«

      »Wir werden sie orten. Ruft wieder an, wenn ihr in Sicherheit seid.«

      »Geht klar.« Ronnie legte das Telefon beiseite.

      Kapitel 4

      Am folgenden Tag trafen sich Nick und Selena mit Stephanie in ihrem Büro. Ronnie und Lamont befanden sich mittlerweile auf einem Flugzeugträger der US-Navy, zweihundert Meilen vor der Küste. Wegen der Evakuierung aus Khartoum schuldeten sie der CIA jetzt einen Gefallen. Das PROJECT hatte kein Personal rund um den Globus. Langley schon. Zu Nicks großer Überraschung hatten sie kooperiert. Carter war erleichtert, dass sich sein Team jetzt in Sicherheit befand, aber er wusste auch, dass Langley eine Gegenleistung fordern würde.

      Es gab eine neue Entwicklung, aber sie war nicht gut. Stephanie brachte sie auf den neuesten Stand. »Senator Randolph wurde ermordet. Drei Agenten des Secret Service befanden sich bei ihm. Auch sie sind tot, ebenso seine Frau und ihr Hund. Sie fanden ein Symbol bei seiner Leiche, das dem von London glich. Der Präsident hat mich angerufen und erwartet Antworten.«

      Randolph war einer der führenden Gegenkandidaten von Präsident Rice in den kommenden Wahlen gewesen. Er hatte sich für eine vorbeugende Militärintervention im Iran ausgesprochen und gegen jeden anderen, der sich Nuklearwaffen verschaffen wollte. Also hatte gerade jemand einen Anschlag auf den Mann verübt, der der nächste Präsident der USA hätte werden können. Nick sprach nur aus, was sie alle bereits wussten: »Es ist wahrscheinlich, dass man wegen des Symbols eine Verbindung zu den Schiiten erwarten würde. Randolph wollte harte Sanktionen gegen Teheran. Genau wie der britische Außenminister. Jeder wird annehmen, dass der Iran hinter den Attentaten steckt.«

      »Vielleicht entspricht das ja der Wahrheit.« Stephanie trommelte mit den Fingern auf ihren Schenkel.

      »Das ergibt doch keinen Sinn, Steph. Warum sollten die Iraner ihre Beteiligung öffentlich bekanntgeben? Das ist doch gar nicht ihr Stil.«

      »Die öffentliche Meinung wird das für uns entscheiden. Das ist Sache der Politik, das weißt du genau. Man sucht nach einem Schuldigen. Wenn erst jemand die Verbindung herstellt, könnte das Krieg bedeuten.«

      »Ich glaube nicht, dass es Teheran war«, sagte Selena. Sie hielt das Foto des Symbols hoch. »Ich habe mich daran erinnert, wo ich es schon einmal gesehen habe. Kaum zu glauben, dass es jetzt wieder auftaucht.«

      »Was meinst du damit?« Carter war ungeduldig.

      »Es ist das Zeichen des Geheimbundes der Hashashin. Davon leitet sich das Wort Assassine ab. Sie waren eine schiitische Sekte, die vor siebenhundert Jahren einfach verschwand.«


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