Wyatt Earp Staffel 2 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Staffel 2 – Western - William Mark D.


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Tür.

      Erst jetzt, da er ganz zu sehen war, kam der sonderbare Eindruck, den dieser Mann machte, voll zur Geltung. Die engen grauen Lewishosen liefen über schwarze Texasstiefel aus, die mit Verzierungen besteppt waren. Die Stiefel waren blankgeputzt. Wie überhaupt alles an dem Mann blankgeputzt und sauber war. Er bot einen grotesk-gefährlichen Eindruck, dieser Cass Brisbane aus Texas.

      Wie alt mochte er sein?

      Dreißig vielleicht, vielleicht auch älter. Es war ihm nicht anzusehen. Jetzt, da er unten war, konnte man scharfe Falten in seinem kalkigen Gesicht erkennen. Er richtete seine pulvergrauen Augen auf Rice. »Was willst du?« fragte er mit einer Stimme, die einem das Frösteln auf den Rücken jagen konnte.

      Milt lehnte sich gegen das Geländer und musterte den Revolvermann eingehend. »Du bist doch ein Meisterschütze, Cass?«

      Der Schießer ignorierte diese Einleitung und wiederholte seine Frage.

      »Du weißt doch, wen wir erwarten?« mischte sich Cunnings ein.

      Der Kopf des Revolverschwingers flog herum.

      Cunnings feixte dumm.

      Da meinte Rice: »Ich habe einen ehrenvollen Posten für dich, Cass!«

      »Du hast schon zehn ehrenvolle Posten verteilt, Milt!« versetzte Brisbane gelassen.

      Milt kniff die Augen zu engen Spalten zusammen. »Das waren nur Beobachtungsposten, Cass. Du bekommst die Aufgabe, den Mann aufs Korn zu nehmen. Wo du stehen willst, ist mir einerlei. Nur treffen mußt du ihn.«

      Der Schießer hob mit einem Ruck den Kopf. »Ich treffe immer, Milt.« Er hatte es nicht ganz ausgesprochen, da zuckten seine Hände zu den Colts. Dicht neben den aufgestützten Händen Rices schlugen die beiden Kugeln ins Geländerholz.

      Rice hatte sich nicht bewegt. Er grinste kalt. »Laß die Scherze, Cass«, sagte er ruhig. »Wir wissen, daß du schnell bist. Aber wir warten auf einen Mann, von dem wir es auch wissen.«

      Die Mundwinkel des Schießers zogen sich um eine Spur nach unten. »Was soll ich tun?«

      Cunnings knurrte: »Schießen sollst du, wie Milt es gesagt hat! Und wo du stehst, ist einerlei. Am besten oben am Fenster.«

      Unmerklich schoben sich die dünnen Brauen in dem kalkigen Gesicht des Revolvermannes zusammen. »Am Fenster?«

      »Yeah!« rief Cunnings ungeduldig. »Und sobald du ihn siehst, schießt du.«

      »Ohne Anruf?«

      »Yeah! Oder willst du ihn etwa erst warnen?« höhnte der Riese.

      Der Schießer zog die Brauen noch näher zusammen. »Ich bin kein Heckenschütze, Salt Cunnings!« sagte er verweisend.

      »Dann ruf ihn meinetwegen an!« entschied Rice. »Aber denk daran, mit wem du es zu tun hast.«

      Ohne eine Antwort wandte sich der Revolverschwinger um und ging mit staksigen, hölzernen Schritten ins Haus.

      Salt Cunnings blickte ihm mit sanftem Unbehagen nach. »Ich möchte ihn nicht im Rücken haben«, sagte er leise.

      »Du hast ihn nicht im Rücken«, versetzte Rice, während er sich umdrehte und wieder auf die Straße blickte. Ohne daß Salt es bemerkte, beäugte er verstohlen die beiden hellen Löcher, die die Kugeln des Schießers in das Geländerholz gerissen hatten.

      *

      Auch dieser Tag verrann.

      In der Nacht lehnte Rice an einem Vorbaupfosten und kaute auf einem Zündholz herum.

      Neben ihm, weit über das Geländer gebeugt, stand Salt Cunnings.

      »Er hat uns schon den ersten Schlag versetzt, ehe er überhaupt da ist«, flüsterte Rice.

      »Ich will meinen Hut fressen, wenn ich das kapiere, Milt!« stieß der Riese unwillig hervor.

      Rice spie das Streichholz aus. »Er ist noch nicht hier. Und eben damit macht er uns fertig. Verstehst du?«

      Cunnings schüttelte den Kopf.

      »Du kannst es auch nicht verstehen, weil du kein Hirn hast. Überleg doch mal: Er weiß, daß wir auf ihn warten. Und er kommt nicht. Das heißt, er kommt, aber er ist noch nicht da. Jeder weiß, daß er kommen wird – aber er läßt uns warten. Und er weiß genau, daß uns dieses Warten zermürben wird. Ich höre seit Stunden ein dumpfes Trommeln im Schädel. Es klingt wie Hufschlag…«

      »Ich höre nichts«, antwortete der Hüne und schob seinen Kopf vor, um zu lauschen.

      »Es ist ein dumpfes Trommeln, Salt, wie der Hufschlag eines Pferdes. Eines einzelnen Pferdes…«

      Rice schob ihn beiseite. »Er ist in der Stadt!« flüsterte er vor sich hin. »Ich habe ihn gehört; den Hufschlag seines Pferdes habe ich im Schädel dröhnen gehört. Seit Stunden. Ich habe es dir ja vorhin gesagt. Er ist da! Vielleicht schon ganz in der Nähe. Vielleicht hier hinter der nächsten Ecke. Er belauert uns – wenn er will, knallt er uns ab. Aber das tut er nicht. Er läßt uns herumstehen, sinnlos herumstehen, Salt! Er weiß, daß er uns damit mehr schlägt…«

      Der Riese sah sich unbehaglich um und fuhr sich durch den schweißnassen Kragen. Dann brummte er: »Du siehst zu schwarz, Milt. Wenn er da wäre, würde er schießen, würde uns längst weggewischt haben!«

      Milt fuhr herum. »Ja, du würdest schießen. Du und ich und jeder andere. Nicht aber er. Er schießt nicht aus dem Dunkel. Er ist der große Wolf, Wyatt Earp. Er hat es nicht nötig, aus dem Dunkel heraus zu schießen. Er ist ein Meisterschütze, und hinter ihm steht das Gesetz!«

      »Aber er hat doch keine Chance gegen uns, Milt«, krächzte Salt Cunnings. »Was will er gegen sechsundzwanzig entschlossene Männer tun?«

      Milt hob den Kopf und blickte den Hünen etwas nachdenklich an. »Sind es entschlossene Männer? Ich weiß es nicht, Salt. Ich glaube viel eher, daß es Hornochsen sind, dummdreiste Halunken, die nur auf ganz schnelle Art an Geld kommen wollen.«

      »Wollen wir das nicht alle?« fragte der andere.

      Der Boß nickte. »Schon, aber es hat sich uns ein Felsbrocken in den Weg geschoben. Der alte Sheriff hat ihn in letzter Minute in unseren Weg gerollt. Wir müssen ihn beiseite schaffen; wenn wir hier in der Stadt das Heft in der Hand halten wollen, müssen wir den Fight mit Wyatt Earp aufnehmen.«

      Milt Rice hatte es halblaut und heiser hervorgestoßen. So, als müsse er sich das Gesagte selbst noch einhämmern.

      Salt nickte. »Yeah – das wollen wir doch. Wir warten doch hier auf ihn.«

      Sie warteten.

      Bis der Morgen kam.

      Dann stierten sie mit brennenden Augen auf die Straße, auf die Häusergiebel, deren Anblick sie mittlerweile haßten.

      Sie warteten den ganzen Vormittag.

      Keiner verließ seinen Posten.

      Um halb zwölf riß dem Banden-Chief die Geduld. Er verließ den Vorbau und überquerte die Straße.

      Vor dem Haus des Arztes blieb er stehen, stemmte die Hände in die Hüften und brüllte: »Doc! Komm raus!«

      Es dauerte eine Weile, bis der alte Arzt vor der Tür erschien. »Was wollen Sie, Rice?« knurrte er.

      »Wo ist er?«

      »Wer?«

      »Frag nicht so blöde, Alter, sonst fetze ich dich auseinander. Ich frage dich, wie ich den alten Sheriff gefragt habe! Antworte gefälligst. Wo ist er?«

      Der Arzt wandte sich um. Ehe er im Haus verschwand, sagte er: »Wenn Sie mich fragen, Rice, müssen Sie schon deutlich sprechen. Ich weiß nicht, wen Sie suchen. Und wenn Sie nun wollen, können Sie mir getrost eine Kugel in den Rücken schicken. Ihr müßt dann sehen, wie ihr euch selbst zusammenflickt, wenn Wyatt Earp kommt und euch Löcher in die Haut schießt!«

      Unbeherrscht


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