Wyatt Earp Staffel 2 – Western. William Mark D.
kleine schlitzäugige Kreole Lewt White im tiefen Schlagschatten der Scheune über die ganze Länge des Hofes auf das Wohnhaus zu.
Zwanzig Yards trennten ihn noch von dem Marshal, den er vor der Hintertür stehen sah. Er schob sich jetzt noch vorsichtiger und langsamer näher.
Irvin Gray trat in die Bunkhaustür. »Marshal, was wollen Sie von uns?«
»Drüben im Corral stehen gestohlene Pferde. Ihr seid Pferdediebe.«
»Das ist nicht wahr«, rief der vierschrötige Gray zurück. »Die Tiere hat der Boß von Turkey Greek gekauft.«
»Das wird sich herausstellen. Jedenfalls hat Hees eine sonderbare Art, mit einem Sheriff oder einem Marshal zu sprechen.«
Gray war ein zäher Bursche. »Und ich finde es sonderbar, daß ein Marshal einen staatenbekannten Spieler als Backman mit sich schleppt.«
»Dafür sollte ich dir die Zähne einschlagen, Bursche. Wenn Doc Holliday nicht dazugekommen wäre, hätte es heute unten in der Stadt eine Menge Tote gegeben.«
»Er hat Mac Gibbons erschossen!«
»Mac Gibbons hat zuerst gezogen. Außerdem, Freund, er ist nicht tot!«
Gray ging von der Tür auf den dunklen Körper des Vormannes zu, wälzte ihn herum und horchte aufmerksam nach seinem Atem.
»Brinkt ihn rüber ins Bunkhaus. Doc – wo sitzt die Kugel?«
»Drüben in der Hauswand!« kam Hollidays Stimme zurück.
»Was soll das heißen?« forschte Gray.
»Es war ein Schläfenstreifschuß!«
Gray zerrte den Vormann hoch. »Wie will er das wissen? Er sollte lieber am Spieltisch…«
Holliday machte zwei schnelle Schritte vorwärts. »Kein Wort weiter, Amigo!«
Zähneknirschend schleppte der Cowboy den ohnmächtigen Vormann ins Bunkhaus hinüber.
Indes hatte der Kreole den Rand des Schlagschattens erreicht und sah mit engen Augen zu dem Marshal hinüber.
Er würde ihn töten. Er, der kleine, zeitlebens von seinen Mitmenschen verachtete Mann! Er würde ihnen allen zeigen, was er wert war. Niemand war ihm im Messerwurf überlegen.
In dem Augenblick, als er aufsprang, wirbelte der Missourier herum, der das winzige Geräusch gehört hatte.
Doc Holliday zauberte seinen rechten Colt aus dem Halfter, als die Klinge schwach aufblitzte.
Aber da krachte auch schon ein Schuß.
Der schlitzäugige Kreole Lewt White riß den Kopf hoch. Das Messer glitt aus seiner Hand. Er stürzte nach vorn und fiel mit dem Gesicht hart auf den festgestampften Lehmboden des Ranchhofes.
Wyatt starrte zu der Scheunenecke hinüber.
Da stand dicht am Haus ein Mann.
Wyatt wußte auf einmal, daß es Dave Collins war.
Sicher hätte Wyatt selbst noch geschossen, aber er hatte den Mann nur schwer ausmachen können.
Auch Holliday hatte den Abzug schon angezogen.
Aber Dave Collins hatte sein Wort wahrmachen können. Er hatte den Mann gestoppt, der den Missourier mit einem heimtückisch geschleuderten Mexikanermesser hatte ermorden wollen.
Wyatt riß den Rancher, der zu sich gekommen war, vom Boden hoch und schlang ihm einen Lederriemen um die Hände.
In diesem Augenblick entstand drüben im Bunkhaus ein entsetzlicher Lärm.
Gray und Jul Viggers lagen sich in den Haaren.
Viggers war dafür gewesen, mit dem Marshal zu sprechen. Gray war dagegen. Er hoffte noch immer auf Hees.
Die Schlägerei blieb nicht bei den beiden. Die anderen Männer, noch erregt von den Ereignissen des Tages, warfen sich mit in die Keilerei. Hocker flogen gegen die Wände, Fenster sprangen klirrend in hundert Scherben, Tische stürzten um, und wüste Schreie gellten in den Hof.
Wyatt lief auf das Bunkhaus zu.
Vor der Tür huschte ihm ein Schatten entgegen.
Es war Doc Holliday. Der Gambler zischte: »Die Jungs nehmen uns eine Menge Arbeit ab, Marshal.«
Wyatt stieß mit dem Fuß die Tür auf. Er gab einen Schuß gegen die Decke ab und brüllte: »Ruhe!«
Aber nur langsam erstarb der Lärm.
Der Rancher lehnte drüben an der Haustür und stierte mit flackernden Augen zum Bunkhaus hinüber. Dann stieß er sich plötzlich ab und rannte quer über den Hof.
Dave Collins, der noch an der Scheune stand, brüllte ihm nach: »Stop!«
Aber Hees hatte schon die Stalltür erreicht, stieß mit den gefesselten Händen den Riegel hoch und ließ sich fallen.
Daves Kugel fraß sich über dem Kopf des Ranchers in das Holz der Stalltür.
Dann war Hees wieder auf den Beinen, stieß die Tür auf und stürzte in den Stall.
Im gleichen Augenblick schlug die zweite Kugel des Mestizen auf eine Eisenkrampe der offenen Tür und fuhr jaulend in den Stall.
Hees, der gerade auf den gezähmten Mustang zustürzte, sah den Huf des Pferdes nicht mehr kommen.
Wie von Titanenkraft wurde der Rancher zurück auf die Steinplatten vor der Stallwand geschleudert.
Er war sofort tot.
Als Dave Collins eine halbe Minute später in den Stall kam, schlug der Hengst drüben immer noch wild mit den Hinterhufen nach dem Mann aus, den er getötet hatte.
Der Cowboy fand den Rancher am Boden und schleppte ihn hinaus in den Hof. Als er einen Blick auf den gräßlich zugerichteten Kopf des Mannes warf, ließ er ihn los und lief zum Bunkhaus.
Da hatte der Marshal inzwischen Ruhe geschaffen.
Eine große Petroleumlampe stand blakend auf dem rohgezimmerten Tisch und warf geisterhafte Schatten an die Wände.
Der Mestize blieb hinter Wyatt stehen. »Hees ist tot«, sagte er.
Der Cowboy stieß den Kopf vor. »Du hast ihn abgeknallt«, schrie er. »Einen Mann mit gefesselten Händen.«
In den Augen des Mestizen blitzte es auf. Fast leise sagte er: »Er ist in den Stall gelaufen. Eines der Pferde hat ihn mit dem Hinterhuf erwischt.«
»Das war Happy«, rief Jul Viggers.
Die Männer drängten an dem Marshal vorbei nach draußen. Als sie zum Bunkhaus zurückkamen, waren sie still und blieben vor dem Marshal stehen.
Viggers rieb sich das Kinn und meinte schließlich: »Er ist tot. Happy hat ihm die Schädeldecke zertrümmert. Vielleicht wollte er mit dem Hengst fliehen. Und...« Der Cowboy machte eine Pause, stieß die Luft geräuschvoll durch die Nase aus und fuhr fort: »Vielleicht ist es gut so. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß ich nach dem, was sich heute mittag auf der Mainstreet abgespielt hat, nicht weiter für Hees geritten wäre. Ich war nicht dabei, aber ich weiß, daß Hees grausam war, und Mac Gibbons war ein Mann, der rot sah, wenn er sich gekränkt fühlte.«
Wyatt warf einen Blick in das eingefallene bleiche Gesicht des Vormannes; die Cowboys hatten ihn auf sein Lager gebettet.
Jul Viggers fuhr fort: »Mister Earp, ich weiß längst, daß eine Menge schief ist hier auf der Ranch. Aber was es war, das wußte ich bis heute nicht. Ich bin seit einiger Zeit der zweite Vormann. Ich kann Ihnen nichts sagen, ich weiß nur, daß die Jungs nicht schlecht waren, als sie kamen. Sie haben einfach wie Zugochsen blind den Befehlen des Ranchers gehorcht. Es ist ein schlechter Job hier, Marshal. Aber es gibt so wenig Chancen hier oben, einen besseren Job zu kriegen.«
Wyatt sog an einer Zigarre und blickte den Cowboy an. »Wer hat die Pferde gebracht?«
»Ich