Hans Hyan-Krimis: Der Rächer, Das Rätsel von Ravensbrok & Mord im Bankhaus Lindström. Hans Hyan

Hans Hyan-Krimis: Der Rächer,  Das Rätsel von Ravensbrok & Mord im Bankhaus Lindström - Hans Hyan


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gekommen bin?«

      Und die Umgebung begann ihm peinlich zu werden. Er wünschte sich fort und wäre gewiß nicht so rücksichtsvoll gewesen, auch nur eine Minute zu bleiben, hätte er nicht gehofft, schließlich doch noch etwas Wissenswertes zu erfahren.

      Sie mochte das dunkel ahnen, und wie er jetzt aufstand, nicht um fortzugehen, sondern nur, weil seine innere Unruhe ihn nicht sitzen bleiben ließ, da sagte sie, die Hände wie bittend erhebend:

      »Ach nein! ... Bleiben Sie doch ... Ich habe Ihnen wirklich was zu sagen.«

      »Ja, ja.« erwiderte er, nun auch ein bißchen vorlegen, »ich bleibe ja hier ... Was is es denn? ...«

      Er sah sie forschend an, und sie merkte an seinem Blick den Schmerz und die Verzweifelung, die diesen Mann noch immer in ihren Krallen hielten.

      »Es tut mir so leid,« sagte sie, und ihre sonst ein wenig harte Stimme bekam einen weichen, fast zärtlichen Ton, »ich habe Ihre Frau ja auch gekannt, Herr Nachbar ... Sie hat mir immer gegrüßt, wenn sie die Treppe runter kam ...«

      »Ja, ja ...« Das war alles, was er sagen konnte. Das Weh kam wieder so über ihn, daß er sich nicht halten konnte und ein paarmal laut aufschluchzte.

      Da trat diese arme kleine Dirne neben ihn und legte, ohne ein Wort zu sagen, den Arm um seine Schulter und hielt ihn so, bis er ruhiger wurde und mit erwachendem Eifer zu fragen begann, was sie wüßte.

      Sie besann sich ein bißchen, und dann begann sie zögernd:

      »Sie wissen doch, Herr Marquardt, wer ich bin ...« Ein verlegenes Lachen und dabei doch ein kokettes Wiegen in den Hüften. »Na ja! ... Das is nu mal so, daran läßt sich auch nix ändern. Ich hab's oft genug versucht, Arbeet zu kriegen, aber entweder sie wollen mich nich oder de Arbeet schmeckt mir nich ... Wenn man so lange nischt mehr getan hat, denn is es nämlich schwer ...«

      Wieder dieses verlegene Lachen, dann ging Ernestine Augst an den Nachttisch, zündete sich eine Zigarette an und hielt ihrem Besuch die Schachtel ebenfalls hin. Der lehnte ab.

      »Na, nu sehn Se mal, Herr Marquardt, ich bin ja schließlich auch nichts Besseres wie die andern. Wo's so viele sind, da kommt's auf eine mehr' oder weniger ja auch nicht an. Wenn mein Vater leben geblieben wäre, ja denn ... Aber mit meine Mutter habe ich mich nich verstehen können. Da flog ich raus. Nachher als Dienstmädchen ...«

      Sie hatte sich auf die Sofalehne gesetzt und ließ die Füße, von welchen die Pantoffel herabhingen, herunterbaumeln.

      »... Na, mit einem Wort, es ist ja immer dieselbe Geschichte, und es wär' ja auch alles noch nicht so schlimm, aber das Schlimmste sind die Bräutigams ... Unsereine will doch auch mal das Gefühl haben, daß sie einer wirklich lieb hat ...«

      Ihr Blick hatte sich ganz nach innen gerichtet. Heinz Marquardt, der ihr gespannt zuhörte, merkte, daß sie jetzt nicht mehr für ihn, sondern für sich selber sprach.

      »... Natürlich, eigentlich ist es ja damit auch nichts! Denn die wollen doch auch weiter nichts wie unser Geld, aber sie tun doch wenigstens so, als wenn sie einen lieb hätten und eifersüchtig auf die Mächens wären. Und denn haben sie alle eenen, und darum hatte ich auch einen. Natürlich, jetzt habe ich keinen mehr ...!«

      Weshalb das so natürlich war, das sagte sie nicht, aber Heinz Marquardt meinte eine Empfindung von dem zu haben, was sie dabei dachte, und unwillkürlich rückte er mit den Schultern, als sei ihm etwas sehr unangenehm.

      Und sie empfand auch das wieder mit dem Instinkt des Weibes, das sich mit einer noch unerkannten und selbst unbewußten Neigung zu einem Manne hingezogen fühlt, deswegen setzte sie schnell hinzu:

      »Ich will ooch keenen wieder! Überhaupt keenen, denn schließlich sind die Männer doch alle egal, und wenn sie zuerst noch so nett sind, nachher malträtieren sie einen und schlagen einen so lange, bis man nich mehr leben möchte ...«

      Heinz Marquardt betrachtete sie wie ein Rätsel. Er hatte schon früher die eine oder die andere dieser Art kennengelernt, aber er hatte sich niemals Gedanken darüber gemacht, ob und was für Empfindungen diese Mädchen haben. Ein leises Interesse für sie ergriff ihn, und er gab dem schüchtern Ausdruck.

      »'s ist doch eigentlich schade!« sagte er, »so'n nettes Mädchen wie Sie sind ...«

      »Helf er sich, kleine Maus,« meinte sie mit einem leichtfertigen Lachen, »ich muß nun schon mal so verbraucht werden, wie ich bin ... Aber darum habe ich Ihnen ja nich reinjerufen ...«

      »Nein, nein!« Er schnappte sofort wieder in seine Idee ein und fragte, dicht an sie herantretend:

      »Wissen Sie denn wirklich etwas? ... Was denn?«

      Sie wiegte den Kopf hin und her, daß ihre schwarzen, schweren, jetzt aufgelösten Haare in dicker Welle von einer Schulter zur anderen glitten und sagte:

      »Ich weeß ja selber nichts, aber seh'n Se mal, was ich vorhin von die Kerls gesagt habe, das konnten Sie sich doch denken, daß es nich so ganz zufällig war.

      Ich hatte doch einen und hab'n so lange gehabt, bis er mir derartig mit's Messer verarbeit't hat, daß ich vier Wochen in de Klinik liegen mußte ... Hier ...«

      »Sie haben ihn also nich wiedergekriegt?« fragte Heinz Marquardt, ohne daß er vorläufig sah, was diese Erzählung mit seiner Sache zu tun haben sollte.

      »Nee«, lachte das Mädchen, und aus ihrem Gelächter klang der Stolz, mit dem sie auch heute noch an den einst Geliebten dachte.

      »Und dabei geht er ganz frech in die Cafés,« fuhr sie fort, »ich seh'n die Woche manchmal drei-, viermal, aber er hat sich'n Schnurrbart abnehmen lassen und das Haar schwarz gefärbt ...«

      »Aber was hat der denn damit zu tun?« konnte sich Marquardt jetzt nicht enthalten zu fragen.

      Sie sah Marquardt eine ganze Weile starr an.

      »Na, was denn?« fragte er ... »Was denn?«

      »Ja, ich weiß nich, ob ich Ihnen das sagen soll? ...«

      »Aber gewiß«, er ergriff ihre Hand und sprach ganz eindringlich. »Alles, jedes Wort will ich wissen, was die gesagt hat!«

      »Nee, aber Sie werden denn böse sein mit mir?«

      »Wahrhaftig nicht!« Er legte beteuernd die Hand aufs Herz, »ich bin Ihnen ewig dankbar und will wahrhaftig alles tun für Sie, was in meinen Kräften steht!«

      Sie lachte kurz auf. »Was dis schon sein wird! ... Aber darum tue ich es ja auch gar nich. Wissen Sie, Herr Marquardt, Sie tun mir leid und eigentlich noch mehr Ihre arme Frau ...«

      »Ja, ja,« ... sagte er und faltete unwillkürlich die Hände, »aber nu sagen Sie doch, was hat die denn gesagt, die ...«

      »Die blaue Lotte, meenen Se? Na, wenn Sie's denn durchaus wissen wollen und sind mir auch nich böse ...«

      Sie sah ihn noch einmal zweifelnd an, worauf er ihr mit energischem


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