TESLAS GEHEIMNIS (Project 5). Alex Lukeman
du nicht verletzt wirst.«
Er verschwand. Selena sah ihm nach. Ihr Herz hämmerte von innen gegen ihre Brust. Sie begann zwischen den Bäumen hindurchzuhuschen, die Pistole in beiden Händen an ihrer Seite.
Die Flammen fraßen sich lodernd durch das trockene Holz der Hütte. Rote, orangefarbene und gelbe Funken stiegen in den Nachthimmel. Kleinere Explosionen waren aus dem Inneren der Hütte zu hören. Der Lärm übertönte Nicks Bewegungen durch das Unterholz. Er schob Äste beiseite, hob seine nackten Füße und setzte sie mit vorsichtiger Präzision wieder auf dem unebenen Grund ab. Er mied den Rand des Wäldchens und umkreiste die Flammen.
Schließlich hörte er sie, noch bevor er sie sah … zwei weiße Männer, komplett in Schwarz gekleidet. Sie trugen Uzis bei sich.
»Vielleicht haben sie es nach draußen geschafft«, sagte der erste von ihnen. Er war etwa eins-achtzig groß, schlank. Ex-Militär, dachte Nick, ausgehend davon, wie er die Waffe hält. Der zweite Mann war kleiner, untersetzter.
»Da raus? Machst du Witze?«
Er deutete auf das Gebäude. Die Hütte war mittlerweile von Flammen eingeschlossen. Das Fachwerk wurde sichtbar, während das Inferno unaufhaltsam die Wände und die Einrichtung verzehrten.
Nick hob seine Pistole und lauschte.
»Er schrie etwas, bevor die Granate hochging«, sagte der größere Mann.
»Meinetwegen kann er den ganzen Weg bis in die Hölle schreien. Die sind Toast. Lass uns verschwinden.«
»Hey, sieh mal da drüben. Eine Katze.« Der große Mann deutete in eine Richtung.
Eine große, orangefarbene Katze saß am Rande der Lichtung und betrachtete neugierig die Feuersbrunst. Nick erkannte sie.
Burps.
Der Kater war immer hier, wenn sie die Hütte besuchten. Nick schuldete ihm was. Vor Jahren hatte er ihm das Leben gerettet.
»Jetzt pass auf«, sagte der Mann. »Katzenfutter.« Er hob seine Uzi.
Nick schoss dem Mann zwei Kugeln in den Rücken und er sackte zusammen. Die nächsten beide Schüsse trafen den untersetzten Mann in die Brust und warfen ihn rückwärts auf den Boden.
Burps rannte in den Wald hinein. Damit sind wir quitt, Kumpel. Nick wartete, beobachtete. Die beiden Körper bewegten sich nicht. Er spähte nach rechts und links, sah aber nichts weiter. Niemanden. Also betrat er die Lichtung.
Zwischen den Bäumen bellte Selenas Pistole, drei harte, flache Echos. Ein dritter Mann fiel auf die Lichtung hinaus, wie die anderen in Schwarz gekleidet. Selena trat zwischen den Bäumen hervor. Nick lief zu dem Mann und behielt gleichzeitig die Baumreihe im Auge. Die Waffe des Mannes, eine weitere Uzi, trat er aus dessen Reichweite. Blut quoll zwischen den Lippen des Mannes hervor.
Nick kniete sich neben ihn. »Wer hat dich geschickt?«
Der Kerl sah mit schmerzverzerrtem Gesicht auf. Hustete Blut. Er versuchte zu sprechen und hustete wieder. Ein plötzlicher Schwall roter Farbe ergoss sich auf die braune Erde. Dann hörte sein Brustkorb auf sich zu bewegen.
Selena trat hinzu und starrte auf den Mann hinunter, den sie soeben getötet hatte. Nicht darüber nachdenken. Das kannst du später verarbeiten. Sie wurde langsam gut darin, ihre Gedanken und Gefühle so lange zu verdrängen, bis der geeignete Zeitpunkt dafür gekommen war.
»Gottverdammt«, sagte sie.
Nick stand auf und deutete auf die Leichen. »Sie haben es nicht besser verdient. Der da drüben wollte Burps abschießen. Einfach nur so zum Spaß.«
»Du blutest ein wenig«, bemerkte sie. Seine Brust war mit Striemen von den Ästen und Kratzern von der Fliegengittertür überzogen, durch die er gestürmt war.
»Das ist nichts. Wir sollten besser Harker anrufen. Im Pick-up liegt ein Notfallhandy.«
Selena betrachtete Nick, während die wechselnden Farben der Flammen über ihn strichen. Seine grauen Augen waren so schwarz wie die Nacht. Seine Haut leuchtete im Feuerschein und seine alten Narben zeichneten sich als dunkle Schatten und Flecken darauf ab. Gemeinsam liefen sie zu dem Silverado. Er zog eine Sporttasche unter dem Sitz hervor und nahm ein Paar Turnschuhe und ein altes schwarzes T-Shirt heraus. Außerdem kramte er ein Handy aus der Tasche und steckte es sich in die Hose.
Die Hütte brannte lichterloh. Die Hitze war bis über die Lichtung hinweg zu spüren.
»Lass uns die Leichen absuchen.« Er lief zu dem ersten Mann, den er erschossen hatte, und begann dessen Taschen zu durchsuchen. Selena übernahm den Mann daneben.
»Nichts«, sagte sie.
»Hier auch nicht.« Er trat zu der dritten Leiche, und dort spürte er etwas Hartes unter der Kleidung. Er zog ein Handy hervor, eines der billigen Prepaid-Modelle, die man überall kaufen konnte. Er steckte es sich ebenfalls in die Tasche.
»Hier wird es bald vor Cops und Feuerwehrleuten wimmeln«, sagte er. »Wir müssen die Leichen verschwinden lassen. Hilf mir, sie zwischen die Bäume zu tragen.«
Sie zerrten die drei toten Männer tief in das Waldstück, dann kehrten sie zurück, sammelten die Waffen ein und brachten sie zu den Leichen.
Er reichte ihr das Handy aus der Sporttasche. »Ruf Harker an, während ich mir ein Paar Socken suche.«
Mit dem Telefon in der Hand sah sie ihm auf dem Weg zurück zu dem Pick-up nach. In diesem Moment explodierte der Propangastank in der Hütte. Sie wirbelte zu dem brennenden Haus herum, und erst da fiel ihr auf, dass sie noch immer ihre Glock in ihrer Hand hielt.
Wie bin ich nur hierher geraten?, fragte sie sich.
Kapitel 2
In Virginia war es kurz vor sechs Uhr morgens. Elizabeth Harker saß bereits seit einer Stunde hinter ihrem Schreibtisch. In ihrer Hand hielt sie eine Tasse warmen schwarzen Kaffees. Sie fühlte sich zuhause, wenn sie an diesem Schreibtisch saß. Das Project war ihr Leben geworden.
Elizabeth Harker besaß große grüne Augen und eine milchigweiße Haut. Sie war eine kleine Frau. Ihre Größe und ihr Aussehen, mit ihren rabenschwarzen Haaren, ließ die Leute oft an tanzende Elfen und Feen aus einer Geschichte von Tolkien denken. Hin und wieder verwechselten sie dann auch Größe und Geschlecht mit Kompetenz und trauten ihr nur wenig zu. Ein Fehler, den niemand ein zweites Mal beging.
Ihr Satellitentelefon meldete einen Anruf.
Probleme, dachte sie sofort. Es ist zu früh. Sie nahm den Anruf entgegen.
»Jemand griff uns in Nicks Hütte an. Wir brauchen ein Säuberungskommando.«
»Leichen?«
»Drei. Die Hütte ist abgebrannt.«
»Geht es Ihnen gut?«
»Ja. Nick hat ein paar Kratzer abbekommen.«
»Kratzer?«
»Hier, er kann es Ihnen selbst erzählen.«
Elizabeth hörte Selena etwas rufen, und dann meldete sich Nick.
»Direktor, wir brauchen ein Säuberungskommando.«
»Das sagte Selena bereits. Was ist passiert?« Sie ließ sich von Nick auf den neuesten Stand bringen.
»Warten Sie einen Moment«, unterbrach sie ihn dann. Sie wechselte zu dem Telefon auf ihrem Schreibtisch und sprach ein paar wenige Worte mit jemandem am anderen Ende. Dann legte sie es wieder beiseite.
»Ein Team ist unterwegs und wird in zwei Stunden da sein. Verstecken Sie die Leichen und Waffen, bevor jemand bei Ihnen eintrifft.«
»Schon geschehen.«
Nick sah zu, wie die Funken stoben – jeder einzelne ein Feuer, das nur darauf wartete, entzündet zu werden. Am Tag zuvor hatte