TESLAS GEHEIMNIS (Project 5). Alex Lukeman

TESLAS GEHEIMNIS (Project 5) - Alex  Lukeman


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einzigartige Begabung für alte und unbekannte Sprachen. Auf diesem Gebiet hatte sie sich einen weltweiten Ruf erarbeitet.

      »Manchmal. Meistens nicht. Nach dem vergangenen Jahr könnte ich nie wieder in mein altes Leben zurückkehren. Nicht einmal bei all den Nachteilen, die es mit sich bringt, für Elizabeth zu arbeiten.« Sie starrte in ihr Weinglas. »Denkst du manchmal darüber nach, auszusteigen? Etwas anderes zu tun?«

      »Ja, manchmal. Aber es dürfte schwer werden, ein normales Leben zu führen. Was immer das sein mag.«

      »Manche Dinge ändern sich nicht, ob nun in einem normalen Leben oder nicht.«

      »Was meinst du damit?«

      Sie stellte ihr Glas ab und küsste ihn. Ein langer Kuss.

      Sie lösten sich voneinander. »Nicht das Thema wechseln«, sagte er.

      Sie blickte ihm in die Augen. Graue Augen, mit goldenen Tupfen.

      Gemeinsam liefen sie ins Schlafzimmer und zogen sich aus. Sie presste sich an ihn und legte ihre Arme um ihn. Dann strich sie mit ihren Händen über seinen Körper, ertastete seine Topografie, die seine Geschichte erzählte. Seine rechte Körperhälfte war von den Waden bis zur Schulter mit Narben überzogen, die Folgen einer Granate in Afghanistan. Ihre Berührung war vertraut. Sie sog seinen Duft ein, versuchte ihn zu inhalieren. Sie warf ihn aufs Bett und setzte sich auf ihn.

      »Sag mir, dass du mich liebst«, forderte sie ihn auf. »Sag es mir.«

      »Du weißt, dass ich das tue.«

      »Sag es mir.«

      »Ja. Ja, ich liebe dich.«

      Sie war bereit für ihn. Sie führte ihn, und dann begannen sie, sich im Gleichklang zu bewegen. Danach lagen sie sich lange Zeit in den Armen.

      Nick schlief ein. Und träumte den Traum.

       Sie kommen sehr schnell über den Berghang, das Wummern der Rotoren gleicht dem Herzschlag des Krieges.

       Das Dorf liegt in einem sandigen Tal, umgeben von schroffen Berghängen unter einer erbarmungslosen Sonne.

       Er springt als Erster aus dem Helikopter, seine Marines dicht hinter ihm. Sie hasten die Straße entlang. Rechts von ihnen niedrige Häuser mit flachen Dächern, auf der linken Seite weitere Häuser und der Markt. Die windschiefen Marktbuden sind aus alten Kisten zusammengeflickt, von herabhängenden Stoffbahnen getrennt. Fliegen belagern den Stall des Metzgers.

       Irgendwo schreit ein Baby. Die Straße ist leer. Wo sind alle geblieben?

       Plötzlich tauchen bärtige Männer auf den Dächern auf wie Zähne eines Drachen und eröffnen das Feuer. Die Marktstände verwandeln sich in einen Wirbelsturm aus Holzsplittern. Putz und Gesteinsbrocken explodieren aus den Häuserwänden.

       Er kauert sich in einen schmalen Hauseingang. Aus einem der Häuser rennt ein Kind mit einer Granate in der Hand auf ihn zu und schreit irgendetwas über Allah. Nick zögert, eine Sekunde zu lange. Der Junge wirft sie nach ihm, und Nick erschießt ihn. Der Kopf des Jungen verschwindet in einer Wolke aus Blut und Knochen. Wie in Zeitlupe fliegt die Granate durch die Luft … dann wird alles weiß …

      Nick schrie und schrak schweißgebadet auf.

      »Ist okay, Nick. Es war nur ein Traum.« Selena wartete damit, ihn zu berühren, bevor sie sich sicher war, dass er nicht mehr schlief.

      Er rieb sich sein Gesicht. »Versuch weiterzuschlafen«, sagte sie.

      »Das ist zwecklos.«

      Er stand auf und wartete auf den Morgen.

      Kapitel 7

      Endgame Development waren in einem Gebäude aus Beton und Ziegeln gegenüber der Brighton Beach Avenue untergebracht. Die gesamte Gegend war ein städteplanerischer Albtraum. Apartmentgebäude und Reihenhäuser drängten sich dicht an Ladengeschäfte und Dienstleister. Die meisten der Beschilderungen waren auf Russisch oder Ukrainisch gehalten. Brighton Beach war daher auch als Little Odessa bekannt. Hier befand sich die Operationsbasis für die russische und ukrainische Mafia in den Vereinigten Staaten.

      Der Augusttag war heiß und schwül. Nick und Lamont saßen vor einem schmuddeligen Straßencafé eine Querstraße von dem Gebäude entfernt, aßen russische Pasteten und tranken schwarzen Kaffee. Ihre Sportjacken verbargen ihre Waffen. Nick hatte eine .45er Sig-Sauer P229 mitgebracht, die speziell dafür konzipiert worden war, unauffällig getragen zu werden. Er dachte darüber nach, dauerhaft von seiner Heckler&Koch zu wechseln. Die Sig war kleiner, weniger auffällig und passte ganz wunderbar in das Holster an seiner Seite.

      Niemand würde ernsthaft annehmen, dass sie in diese Gegend gehörten. Wahrscheinlich hielt man sie für Cops. Das gefiel Nick nicht sonderlich, aber dagegen ließ sich wenig unternehmen.

      Das Endgame-Gebäude selbst war mehr als unscheinbar. Eine lange, mattgelbe Mauer voller Graffitis. Eine große, geschlossene Metalltür, die in die Garage führte, auf der einen Seite.

      Im zweiten Stock führte eine Tür auf einen eisernen Laufsteg hinaus, der an der Vorderseite entlangführte. Das Gebäude war vier Stockwerke hoch. Im hinteren Drittel des Laufstegs führten mehrere Treppen und Plattformen zu den Notausgängen im vierten und fünften Stockwerk hinauf. Aus der zweiten Etage blickten ein paar kleine schmutzige und geschlossene Fenster auf die Straße hinaus. Am anderen Ende befand sich eine weitere Garage.

      »Für eine Hightechfirma ziemlich unspektakulär«, sagte Lamont.

      »Und nicht besonders einladend. Als hätte sich der Architekt von der Berliner Mauer inspirieren lassen.«

      »Ein paar von den Typen hier haben in den guten alten Tagen sicher noch mitgeholfen, die Mauer zu bauen.«

      »Ich sehe keine Kameras.« Nick nippte an seinem Kaffee. Der Kaffee war alt, die Pasteten hingegen frisch. »Keine sichtbare Straßenüberwachung.«

      »In einer Gegend wie dieser hat das sicher was zu bedeuten.«

      »Könnte vielleicht eine Übereinkunft mit einem der örtlichen Mafiabosse sein. Das würde es ihnen deutlich leichter machen.«

      »Lass uns ’ne Runde Spazierengehen.« Lamont warf ein paar Geldscheine auf den Tisch und stand auf. Im Inneren des Cafés sah ihnen ein rattengesichtiger Mann nach und wählte dann eine Telefonnummer.

      In einer Gegend wie dieser stach Lamont mit seiner Hautfarbe wie ein bunter Hund heraus. Passanten warfen ihnen finstere Blicke zu. Ein kleines Schild am Eingang des Gebäudes wies in Englisch und Kyrillisch darauf hin, dass Endgame Development im zweiten Stockwerk zu finden sein würden. Eine kurze Treppe führte zu einer Doppelglastür. Durch das Glas waren weitere Treppen und ein Lastenaufzug zu sehen.

      »Wie wäre es mit dem direkten Weg?«, schlug Nick vor. »Ich will schon die ganze Zeit meine Spieleidee entwickeln lassen.«

      »Nach Ihnen.« Gemeinsam betraten sie das Gebäude.

      Der Eingangsbereich war düster und stank nach Urin, abgestandenem Bier und Zigaretten. Die Treppenstufen waren steil, nachgedunkelt und fleckig.

      »Schick«, sagte Lamont. »Auf ihrer Website sah es hier aber aus wie im Hilton.«

      »Ja, Meister der Illusionen. So heißt auch eines ihrer Games.«

      Sie stiegen die Treppenstufen hinauf. In der zweiten Etage führte ein langer Korridor, bedeckt mit rissigem Linoleum, durch das gesamte Gebäude. Nick zählte vier Metalltüren, alle in einem stumpfen Braunton gestrichen. Ein Schild an der zweiten Tür lautete: Endgame Development, LLC.

      Nick betätigte die Türklinke. Verschlossen.

      Etwas weiter den Gang hinunter öffnete sich eine Tür. Ein großer, muskulöser Mann mit Bürstenhaarschnitt kam auf sie zu. Er trug ein schwarzes T-Shirt, ein schwarzes Sakko, schwarze Hosen und


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