TESLAS GEHEIMNIS (Project 5). Alex Lukeman
hätte mithalten können.
Dann müssen also doch irgendwo Kameras sein, dachte Nick. Ziemlich gut. Ich habe keine gesehen.
»Kann ich Ihnen helfen?« Sein Akzent war russisch oder ukrainisch.
»Ja, sehr gern. Wir suchen Endgame Development. Ich hätte da vielleicht ein Projekt für sie.«
Nick griff in seine Jackentasche und achtete auf die Reaktion des Mannes. Er gab sich alle Mühe, es zu verbergen, aber Nick sah, wie er innerlich zusammenzuckte. Unter seiner Jacke trug er eine Waffe. Nick zog eine Visitenkarte hervor und reichte sie dem Mann. Die Karte wies ihn als Nicholas Allen, Executive VP of Video Production aus.
»Mein Name ist Nick Allen. Das ist mein Assistent, Lamont Cranston. Uns schwebt da ein Spieleprojekt vor und man hat uns Endgame empfohlen. Wir würden gern die Möglichkeiten erörtern, mit ihnen zusammenzuarbeiten, aber wie es aussieht, ist niemand hier.«
»Da, geschlossen. Sind zu Strand gegangen.« Der Mann lächelte. In seinem Unterkiefer funkelte ein Goldzahn. »Kommen Sie morgen wieder.« Sein Lächeln gelangte nicht bis in seine Augen.
Nick hörte, wie unter ihnen die Eingangstür geschlossen und etwas geflüstert wurde. Sein Ohr begann zu jucken und zu brennen. Sein persönliches Warnsystem, ein Tick, der ihm schon mehr als einmal das Leben gerettet hatte.
»Wenn das so ist«, sagte er, »schiebe ich meine Karte einfach unter der Tür durch.« Er ging in die Hocke, als wollte er die Visitenkarte tatsächlich durch den Türspalt schieben, packte dann aber das Bein des Mannes und zog es ihm unter seinem Körper weg.
Goldzahn war schnell. Er krachte auf den Boden, holte aber gleichzeitig zu einem Tritt aus. Damit traf er Nick an der Schulter. Der Tritt ließ seinen Arm taub werden und zwang ihn, den Griff zu lösen. Goldzahn rollte sich zur Seite ab, sprang auf die Beine und griff in sein Sakko. Lamont holte aus und trat ihm gegen das Knie. Nick hörte, wie es brach. Goldzahn heulte vor Schmerz auf. Er zog seine Pistole hervor und schoss, während er zu Boden ging. Die Kugel streifte Nicks Jacke.
Nick verpasste ihm einen festen Tritt in die Weichteile. Der Mann schrie. Seine Waffe schlitterte über den Boden davon. Dann trat Lamont ihm gegen den Kopf.
Einer weniger.
Schritte polterten die Treppe hinauf. In dem Korridor gab es keine Möglichkeit, irgendwo in Deckung zu gehen. Nick zog die Sig und feuerte auf das Türschloss. Lamont gab unterdessen drei schnelle Schüsse in Richtung Treppenaufgang ab. Das würde jedem, der dort gerade heraufkam, etwas zum Grübeln geben.
Nick warf sich gegen die Tür. Sie flog auf, und dann befanden sie sich im Büro von Endgame Development. Lamont schloss die Tür hinter ihnen. Kugeln prallten von außen gegen das Metall.
Die Tür war der einzige Ausweg. Sie saßen in der Falle.
An den Wänden stapelten sich eingeschweißte Computerspiele. Auf einer Werkbank standen Computer, ein Laptop und drei große Monitore. An der Wand warb ein grelles Poster für ein gewalttätiges Videospiel, das Nick auch schon in Läden gesehen hatte. Diese Spiele aber hatten mit der Realität nichts zu tun. Die Realität würde jeden Augenblick durch diese Tür stürmen.
Nick gab Lamont ein Zeichen. Die Kisten. Wer immer da draußen war, würde damit rechnen, dass sie hinter der Tür standen, wenn sie sich öffnete. Deshalb ließ sich vorhersagen, was sie tun würden. Nick und Lamont rannten in die Ecke des Raumes und kauerten sich hinter einige der Kisten. Nick holte tief Luft und versuchte den Adrenalinschub in seinem Körper unter Kontrolle zu bekommen. In dem Korridor vor der Tür war alles ruhig.
Lamont hielt drei Finger in die Luft. Da draußen waren drei Männer. Nick fragte sich, woher er das so genau wissen wollte. Aber drei oder vier würde keinen großen Unterschied machen.
Es waren drei.
Die Tür flog auf. Der erste Mann rollte sich durch die Tür, landete in der Hocke und feuerte in die Richtung, in der er seine Gegner vermutete. Die Schüsse bohrten sich in den Putz der Wand. Lamont schoss und verfehlte ihn, feuerte erneut, und der Mann ging zu Boden. Damit hatten sie ihre Position verraten.
Der zweite und dritte Mann feuerten durch die offene Tür und auf die Kisten. Holzsplitter explodierten in alle Richtungen. Ein langes Stück traf Lamont unter dem Auge und bohrte sich in seine Wange. Blut rann an ihr herunter. Er schoss weiter. Die Männer in dem Korridor zogen sich zurück.
Eine Pattsituation.
Scheiß drauf. Nick sprang auf und rannte auf die gegenüberliegende Wand zu. Im Laufen konnte er einen flüchtigen Blick in den Flur erhaschen. Er sah einen der Schützen und verpasste ihm zwei Kugeln, bevor dieser überhaupt reagieren konnte.
Der letzte Mann war einfach nur dumm. Er spähte in den Raum hinein und schoss auf Nick. Lamont drückte zweimal ab. Der Mann rutschte an dem Türrahmen hinunter, brach auf der Schwelle zusammen und rührte sich nicht mehr. Der Raum war angefüllt mit Pulverdampf und den an heißes Kupfer erinnernden Geruch von Blut. Dann mischte sich noch der Gestank menschlicher Ausscheidungen darunter.
Nick lief zu der Arbeitsplatte und nahm den Laptop an sich. Dann sah er auf die toten Männer hinunter und steckte seine Pistole zurück ins Holster.
»Game over«, sagte er.
Kapitel 8
Harker lehnte sich in ihrem Sessel zurück.
»Die Boulevardpresse nennt es das Massaker von Brighton Beach und hält es für eine Fehde zweier verfeindeter Mafiagruppierungen. Die Männer, die sie töteten, gehörten alle zu einer der russischen Banden. Und die Kisten bei Endgame waren randvoll mit Pornografie, verpackt als New-Age-Seminare.«
»Das gefällt mir«, kommentierte Lamont. An der Stelle, wo ihn der Holzsplitter getroffen hatte, trug er eine weiße Bandage, die sich von seiner dunklen Haut abhob.
»Das Gebäude bestand aus festem Stein mit dicken Türen.« Nick spielte an seinem Ohr herum. »Niemand hat die Schüsse gehört. Und falls doch, schien es niemanden zu kümmern.«
»Wie seid ihr da wieder herausgekommen?«, erkundigte sich Stephanie.
»Es gab am anderen Ende des Korridors noch eine zweite Treppe, die in die Garage hinunterführte. Dort haben wir uns einen von ihren Wagen ausgeliehen.«
»Und zwar einen schönen Wagen. Einen brandneuen Beemer«, ergänzte Lamont. »Wir haben ihn dann in einer Entladezone stehenlassen. Das hier ist schließlich New York, also dürften sie ihn binnen zwei Minuten abgeschleppt haben.«
Ronnie lachte.
»Das war eine ziemlich extreme Reaktion auf unseren Besuch«, sagte Nick. »Sie konnten unmöglich wissen, was wir von ihnen wollten. Ich meine, wir hätten auch Cops sein können. Aber die sind gleich aufs Ganze gegangen.«
»Sie hatten ihre Befehle, jeden daran zu hindern herauszufinden, was sich dort verbirgt«, sagte Elizabeth. »Da muss es um mehr als nur Pornografie gehen.«
»Der Laptop, den ihr mitgebracht habt, ist verschlüsselt«, erklärte Stephanie. »1024-Bit-Verschlüsselung. Das Neuste vom Neuen. Militärausstattung.«
»Wann werden Sie herausgefunden haben, was sich darauf befindet?«
»Freddie arbeitet bereits daran.«
Freddie war ein hochaufgerüsteter Cray XMT im Computerraum ihres Hauptquartiers. Stephanie pflegte all ihren Computern Namen zu geben.
»Mir gefällt die Verbindung zu den Russen nicht«, grübelte Nick. »Wieso hängen die Russen da mit drin?«
Lamont sah zu Nick. »Vielleicht geht es ja doch nur um Pornos. Mafia-Kram.«
»Die Russenmafia bedeutet selten etwas Gutes, aber normalerweise schießen die nicht einfach irgendwelche Leute zusammen, wenn es nicht unbedingt sein muss. Das erregt Aufsehen und sorgt für Probleme. Seht euch doch nur die Nachrichten an.«
»Hier