Gestalten mit Licht und Schatten. Oliver Rausch

Gestalten mit Licht und Schatten - Oliver Rausch


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Neues entdecken können. Auch möchte ich Sie in die Lage versetzen, das Licht anderer Fotografen selbst analysieren und verstehen zu können, um es für sich selbst zu nutzen und nach eigenen Wünschen und Ideen frei abzuwandeln.

      Nicht zuletzt habe ich oft das Problem, dass ich mich mit einigen Fotografen kaum über Licht unterhalten kann, da diese nur wenige sprachliche Kategorien für Licht haben, um genau ausdrücken zu können, was sie tatsächlich beschreiben wollen. Oft ist ein Licht in deren Sprachgebrauch nur »hart« oder »weich«, »diffus« oder »gerichtet«. Aber Licht ist so viel mehr. Mein Anliegen ist es, Ihnen einige differenzierte Begriffe nahezubringen und sie gegeneinander abzugrenzen, um auch sprachlich das Phänomen Licht in den Griff zu bekommen. So kann ein Austausch über Ideen vereinfacht werden und dabei helfen, Ihre inneren Vorstellungsbilder bereits vor einer Aufnahme auszudifferenzieren.

      Wie Sie das Buch nutzen können

      Die einzelnen Kapitel sind nach Möglichkeit in der Reihenfolge gegliedert, in der Sie das Ausleuchten einer Person im Studio (und später on Location) gestalten sollten. Als Erstes setzen Sie das Hauptlicht. Das ist zunächst eine Lampe, später auch die Sonne oder jede andere Lichtquelle. Erst wenn diese perfekt steht und sich alle gewünschten Effekte zeigen, sollte mit Aufhellungen das entstandene Ergebnis weiter verfeinert und den technischen Anforderungen entsprechend modifiziert werden. Im Kapitel über das Hauptlicht sind daher zunächst Bilder zu finden, bei denen der Kontrast eigentlich viel zu hoch ist; hier habe ich noch bewusst auf eine anschließende Aufhellung verzichtet. Dieses Kapitel stellt die Hauptlichtarten so dar, wie Sie sie beim Ausprobieren an dieser Stelle vor sich sehen werden. Erst in den weiteren Kapiteln werden die anfänglichen Bilder durch Lampengrößen, Aufheller und Effektlichter weiter modifiziert. Dabei folge ich der wichtigen Regel, dass der nächste Schritt beim Ausleuchten immer erst dann erfolgen sollte, wenn der aktuelle Schritt so zufriedenstellend ausgeführt wurde, dass eine weitere Verbesserung im aktuellen Schritt nicht mehr möglich ist.

      Die gezeigten Bilder am Anfang des Buches sind also im Arbeitsablauf eines Studiofotografen »Zwischenergebnisse«, die noch »ausgebaut« werden sollten. Das Buch ist so angelegt, dass Sie sich Schritt für Schritt das Verständnis und die praktischen Fähigkeiten beim Gestalten mit Licht erarbeiten können. Es zeigt nicht bereits von Anfang an das »perfekte« Endergebnis, sondern den Weg dorthin, und verdeutlicht, auf welche Aspekte Sie bei jedem einzelnen Schritt achten sollten. Ich habe das Buch so aufgebaut, dass Sie es im Studio als Leitfaden nutzen können, als praktische Anleitung, um das Gezeigte selber auszuprobieren. Ich möchte erreichen, dass Sie Ihre Wahrnehmung auf diese Weise schulen und so sicher im Umgang mit Licht werden, dass Sie für die späteren Kapitel den Kopf wirklich frei haben, um sich dem weniger flexiblen Tageslicht auch bei komplexeren und teilweise hektischen Motiven mit vollem »Durchblick« widmen zu können. Gönnen Sie sich das reizarme Studio mit all seiner Ruhe, um zu lernen.

      Die einzelnen Kapitel stellen zudem mit möglichst einfachen Beispielen die Aspekte des Lichtes in »Reinform« dar. Meine Erfahrung ist nämlich, dass viele junge Fotografen anfänglich Probleme haben, die Wirkung von Motiv, Bildgestaltung und Lichtwirkung losgelöst voneinander zu betrachten. Damit Sie die Wirkung der Akzente, Linienführung, Flächenaufteilung, der Blickführung und nicht zuletzt die Stimmung der einzelnen Lichtarten unabhängig voneinander und vor allem auch unabhängig vom Motiv wahrnehmen können, verzichte ich zunächst auf spezielle Hintergründe, Make-up, Posen und Requisiten, die sich als weitere Mittel anbieten, um die Wirkung eines Bildes zu steigern und zu differenzieren.

      Um aber bereits nach den ersten Kapiteln einen Eindruck zu gewinnen, wie sich die einzelnen Aspekte in komplexeren Fotos darstellen, habe ich zwischen den einzelnen Theoriekapiteln die besprochenen Aspekte mit Praxisbeispielen unserer Studierenden der Fotoakademie-Koeln illustriert. Diese Bilder greifen nicht nur die Thematik des vorangestellten Kapitels auf, sondern verweisen zugleich auf die weiterführenden Kapitel. Bei den Beschreibungen dieser Beispiele gehe ich der besseren Orientierung halber zunächst auf jene Aspekte ein, die zuvor behandelt wurden, und komme anschließend auf erst im Folgenden dargestellte Inhalte zu sprechen. Ich empfehle Ihnen, die eingeschobenen Praxisbeispiele nach der kompletten Lektüre der Theoriekapitel ein zweites Mal zu betrachten. So können Sie die bei der ersten Lektüre noch unbehandelten Aspekte einfacher wiederent-decken und nachvollziehen.

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      Tobias Müller

       In diesem Selbstporträt von Tobias Müller, unserem ersten Stipendiaten an der Fotoakademie-Koeln, können Sie viele der noch zu besprechenden Gestaltungsaspekte wiederfinden. Die Hauptlichtquelle, ein großer Reflektorschirm, beleuchtet die räuberische Szene im sogenannten Rembrandtlicht, was eine gewisse dramatisch-dynamische Stimmung erzeugt. Der Schirm ist so aufgestellt, dass sein Widerschein auf der Tapete ein deutliches Glanzlicht erzeugt, das den Blick auf die diebischen Hände im Bild lenkt. Dabei ist das Glanzlicht so »transparent« gestaltet, dass die Farbigkeit der dunklen Wand nicht leidet. Nebenbei wird zugleich die Materialbeschaffenheit, also die feine Struktur der Tapete, im Bild herrlich modelliert. Dasselbe gilt auch für die Falten in Hemd und Hose.

       Das Licht sorgt aber nicht nur für eine gute Strukturwiedergabe, sondern auch noch für eine dreidimensionale Wirkung. Es ist so positioniert, dass der Bilderrahmen durch seine Schattenbildung auf der Wand deutlich erkennbar in den Händen des Diebes liegt. Durch die Schattenbildung wird auch erkennbar, wie Tobias und die Vase deutlich vor der Wand stehen, sich so vom Hintergrund lösen und dem Bild eine räumliche Tiefe verleihen. Nebenbei sind die Plastizität im Gesicht und die Rundung der Vase herrlich durch Schattenverläufe herausgearbeitet. Damit die Schatten nicht zu dunkel wiedergegeben werden, ist das Hauptlicht durch eine weitere kleine Lichtquelle, knapp unterhalb der optischen Achse positioniert, aufgehellt. Betrachten Sie den Schatten von Tobias auf der Wand. In der Höhe des Kopfes ist der Schatten viel heller als auf Höhe des Knies, wodurch der Blick des Betrachters vom Bildrand weg in die hellere Bildmitte geführt wird. Die aufhellende Lampe ist mit ihrem »Hotspot« auf das Gesicht von Tobias gerichtet und durch deren schmalen Abstrahlwinkel ergibt sich der Helligkeitsverlauf der Schatten.

       Wenn Sie das Bild genau analysieren, werden Sie feststellen, dass die Vase auf ihrer linken Seite eine zusätzliche Aufhellung der Schatten von links her erhält, die auf dem Modell aber nicht wirksam wird. Der äußerste Rand der Vase ist durch die »Zangenaufhellung« aus unmittelbarer Nähe von einer dritten Lichtquelle erfasst. Da das Modell viel weiter von dieser Lichtquelle entfernt ist, sorgt der sogenannte Verlaufskontrast dafür, dass das Modell selbst davon unberührt bleibt.

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      Dieter Faustmann

       In den Bildern von Dieter Faustmann können Sie die metaphorische Kraft des Lichtes erkennen. Sein Erstrahlen im Spiegel in einem ansonsten dunklen Raum hat etwas Magisches und zugleich Bedrohliches. Der »Weg ins Licht« wird auch in Horrorfilmen gerne als Licht im Spiegel dargestellt. Der leere Stuhl erweckt zunächst Assoziationen der Vergänglichkeit. Gleichzeitig erklärt das Bild das Licht als wenig himmlisch und der Stuhl bekommt etwas sehr Makaberes, wenn Sie die Schreibtischlampe entdecken, die das spiegelnde Licht erzeugt … eine Verhörsituation? Beim zweiten Bild muss ich unweigerlich an Motten denken, die das Licht umschwirren. Zugleich legt die Kombination aus Licht und Engeln eine völlig andere Lesart nahe, bei der das Licht etwas Heiliges hat. Dieter spielt in diesen Bildern stark mit unterschiedlichen Assoziationsfeldern, in denen Licht als Motiv kulturell fest verankert ist, und deutet sie geschickt und spannungsreich um.

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      Tobias Müller – »Die Bedeutung der Fotografie«

       In diesem Bild


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