Globetrotter-Spirit: Reisen als Lebensschule. Группа авторов
Einstellung hinweisen.
Das Ziel des Buchs ist also nicht, die Zahl der Reisenden noch weiter zu steigern. Bekanntlich leiden etliche Gebiete der Welt bereits unter Overtourism – und es gibt keinen Plan(eten) B. Doch ich sehe es gern, wenn immer mehr Reisefans zu noch bewusster reisenden Weltentdeckern werden. Ich möchte achtsame Menschen zu weltweiten Langzeitreisen inspirieren und den Anstoss zu neuen Bewusstseinsprozessen geben: Reisen, um zu lernen. Jeder, der mit offenen Augen und weitem Herzen unterwegs ist, kann als Individuum dazu beitragen, dass die Welt ein bisschen toleranter und friedlicher wird.
Dass hier als Hauptteil meine 84 Editorial-Kolumnen aus dem Globetrotter-Magazin publiziert werden, mag erstaunen, da Editorials üblicherweise nur auf die Inhalte der vorliegenden Publikation hinweisen. Ich versuchte damals, mehr daraus zu machen und der Leserschaft jedes Mal Gedanken auf den Weg mitzugeben, die zum Nach-Denken anregen und nachhaltig wirken. Aus zahlreichen Echos zu schliessen, ist das recht oft gelungen. Die Texte wurden meist zu einer Art Kolumne, die weit über den Tag hinaus wirkte. Es sind die Originaltexte von damals – allerdings habe ich nun zusätzlich jedem Editorial einen Titel und eine Unterzeile mitgegeben, um die Leserschaft auf das zu erwartende Thema einzustimmen.
Im umfangreichen Teil der Editorial-Kolumnen geht es manchmal besinnlich, oft aber sehr abenteuerlich zu und her. Eine breite Themenvielfalt aus den 40 Jahren von 1967 bis 2007 beleuchtet häufig die Natur und deren Schutz, Zukunftsperspektiven des Planeten Erde, eine Welt ohne Grenzen, Beispiele zur Völkerverständigung, die Globalisierung, Jobben unterwegs, Gefahren, Drogendramen, Tourismustrends, neue Reiseländer, Nostalgisches, Historisches, Philosophisches, einzigartige Abenteuer, Bergexpeditionen, originellste Transportmittel und Unterkünfte, Vietnamkrieg, 09/11, Jahrhundert-Tsunami und weitere relevante Aspekte. Gelegentlich hielt ich auch Reminiszenzen an meine eigenen Reisen fest, die jetzt fast unglaublich wirken, weil die Welt sich inzwischen so stark verändert hat. Schmunzeln beim Lesen ist natürlich erlaubt, denn es gab ja reichlich seltsame oder verrückte Situationen. Dazwischen berühren die Kolumnen die Entwicklung des Globetrotter-Magazins, des Clubs und des frühen Travel Service. Im Zentrum stehen natürlich vor allem die grossartigen und meist einmaligen Abenteuerreisen der vielen - LeserreporterInnen, die ich besonders gerne förderte.
Wer die vielen informativen Puzzleteile im Buch gedanklich zusammensetzt, erhält zum Schluss ein Gesamtbild zum Spirit der pionierhaften Weltenbummler-Jahre und zur wertvollen Möglichkeit, Reisen als eine gute Lebensschule zu nutzen. Plus Informationen zur frühen Entwicklung der ursprünglichen Globetrotter-Unternehmen von den bescheidensten Anfängen in einem Velokeller bis zu einer erstaunlichen Vielfalt an Dienstleistungen.
Die Bewusstseinsbildung über den weiteren Sinn des Reisens war schon immer mein Ziel, seit den 1960er-Jahren, als ich die ersten grossen Essays und Reportagen veröffentlichte – und ist es bis heute geblieben. Ich möchte auf unterhaltsam-informative Weise dazu anregen, vertieft über das Unterwegssein nachzudenken, sodass viele Reisende dann motiviert werden, mehr daraus zu machen – etwas, das ihrem ganzen zukünftigen Leben Nutzen bringt. Ich bin ursprünglich auch losgezogen, um der damaligen geistigen Enge der Schweiz und dem Hamsterrad des Büroalltags zu entrinnen. Vor allem aber aus Interesse am ganzen Planeten Erde – um zu sehen, wie es anderswo aussieht und wie die Menschen dort leben. Bei den Langzeitreisen mit Open End machte ich jeden Tag überraschende Erfahrungen und lernte viel Neues, das ich laufend reflektierte.
Das Reisen war für mich – und für viele Tausende andere Traveller – ein absoluter Augenöffner, der alle Horizonte erweiterte und mich immer weiter voranbrachte. Es erwies sich auch als Weg der Befreiung von veralteten Denkmustern, als sanfte Revolution des Bewusstseins mit kreativen Wirkungen. Und als Weg zu sich selbst, zu mehr Selbsterkenntnis und Verständnis von Situationen, zu mehr Achtsamkeit im Alltag. Von tausend positiven Erkenntnissen, die ich unterwegs gewann und dann in mein Leben integrierte, hier nur mal zehn Stichworte herausgepickt: einfacher leben, vegetarisch essen, Ayurveda-Kuren, Yoga, mehr Toleranz, Lachen, Menschenwürde, Naturverbundenheit, Wasser ist Leben, Buddhas weise Worte.
Ich danke dem Leben für die Chancen und für die Geistesgegenwart, sie wenigstens gelegentlich erkannt und ergriffen zu haben. Die wertvollste Entdeckung für mich war das kreative Denken, das unterwegs durch all die vielen neuen Szenerien und Begegnungen laufend neu angekurbelt wurde. Auch meinen Teams in den verschiedenen Geschäftsfeldern fühle ich mich in Dankbarkeit verbunden, denn ohne ihr engagiertes Mittun hätten wir wohl nicht so viel erreicht.
Und ich danke der kreativen kosmischen Urkraft, dass ich so grandiose Abenteuer erleben und so viele lehrreiche Erfahrungen machen und dabei doch eine gewisse Unschuld des Herzens bewahren konnte. Alles fliesst, ist in stetiger Veränderung. Wir sind alle immer unterwegs, brechen täglich auf zu neuen Horizonten – inneren oder äusseren. Das Ziel ist, sich gesund, zufrieden und sinnerfüllt durchs Abenteuer Leben zu bewegen.
Allen achtsamen Reisefans und Naturfreunden wünsche ich weitere abenteuerliche Entdeckungsreisen, die ihr Leben bereichern. Wer mit Ehrfurcht vor dem Wunder der Schöpfung auf Reisen geht und den Menschen respektvoll und lernfreudig begegnet, wird das Beste in sich zum Ausdruck bringen.
Zürich, im Sommer 2019
Globetrotter Walo Kamm
Reiseunternehmer Walo Kamm in seinem bücherreichen Atelierbüro (Zürich, 2010). (Foto: Dominique Meienberg)
1. Teil: Aufbruch zu neuen Horizonten
Nach einer Panne des russischen Geländewagens geht die Reise auf dem Dach eines Busses weiter (Kunduz, Afghanistan, 1967).
5 Interviews mit Menschen, in deren Leben sich durchs Reisen neue Wege öffneten
Charly Juchler aus Winterthur, seit vielen Jahren vorwiegend in South Dakota bei den Lakota zuhause, widmet sein Leben primär dem Wohlergehen dieses indianischen Volksstamms.
Der Luzerner Roman Peter hatte beim Musizieren auf einer thailändischen Insel eine grossartige Inspiration, die ihn in kurzer Zeit zu einem weltweit aktiven Plastikmüllentsorger werden liess.
Clemens Kuby, Mitgründer der Grünen und Dokfilmer, konnte sich dank spiritueller Kräfte selber von einer Querschnittlähmung heilen und reiste dann zu Schamanen in aller Welt, um von ihren eigenartigen, aber höchst wirksamen Heilmethoden mehr zu lernen.
Ergänzt wird dieser Buchteil durch zwei Interviews, die ich selber gab … ein nostalgisches von 1974, nach meiner siebenjährigen Weltenbummlerzeit und nachdem ich gerade euphorisiert war vom Erfolg meiner pionierhaften Diavortragstournee. Das andere von 2011, 37 Jahre später, nachdem ich als erfolgreicher Unternehmer längst eingesehen hatte, dass ich den Grossteil meines Wissens und Denkens wie auch die Sozialkompetenz und Tatkraft auf meinen Reisen erlangt hatte.
Charly Juchler, weshalb haben dich die Lakota-Indianer adoptiert?
Der 42-jährige Charly Juchler aus Winterthur lernte Maschinenmechaniker, schloss eine Handelsschule ab und arbeitete als Bordmechaniker auf verschiedenen Schiffen von Greenpeace. Dann zog es ihn wieder dahin, wo er schon gewesen war, bevor er das Meer befuhr: zu den Indianern in Nordamerika. Reisen, die sein Leben veränderten. Die Indianer faszinierten Charly seit seiner Kindheit – heute ist er ein grosser Kenner der Lakota, der Prärie-Indianer in South Dakota. Seit 1994 lebt er die meiste Zeit in den Black Hills vom Handel mit prärie-indianischer Kunst und von Kulturreisen