Globetrotter-Spirit: Reisen als Lebensschule. Группа авторов
Popkultur scheint auf der zeitlosen Faszination für die Lebensweise der Prärie-Indianer zu beruhen. Ich frage mich oft, woher das kommt. Vielleicht ist es die Vorstellung von Freiheit. Der Freiheit, sich selber zu sein. Schwitzhütten, Tipi und Traumfänger sind für einige «poppig», für andere sind sie verwirklichte Emotionen. Wie der Knabe im Mann, der gerne in der Natur ist und ein Feuer macht. Das auszuleben, finde ich in Ordnung. Aber manchmal wird «Indianisches» aus einem kulturellen Rahmen herausgebrochen, für den hier das Verständnis fehlt. Denn es geht doch darum, Spiritualität zu leben! Das ist eine Praxis – Beispiel Schwitzhütte –, die den Indianern ein Jahrhundert lang verboten war! Also fand es im Geheimen statt. Erst 1978, unter Präsident Jimmy Carter, wurde die indianische spirituelle Praxis gesetzlich erlaubt. Und jetzt kommen wir: Hey! Das machen wir auch! Da fehlt es oft an Respekt und Hintergrundwissen.
Welche Bedeutung haben die Indianer für uns?
Für einige keine, weil sie nicht wissen, dass Indianer nicht mehr im Tipi schlafen oder tagelang über die Prärie reiten. Leute, die das glauben, traf ich mehrmals. Andere sind von der Schönheit der komplexen Kunst begeistert, die auch ins Alltagsleben, etwa in Form wunderschöner Haushaltsutensilien, integriert ist. Einige berührt die indianische Philosophie, die uns auffordert zu erkennen, dass wir ein Teil von allem sind. Dieses zirkulare Denken schliesst mit ein, dass wenn du recht hast, ich nicht zwangsläufig unrecht habe. Das Gegenteil, das lineare Denken, erleben wir hier doch täglich!
Wie sieht die heutige Situation der Indianer im Vergleich zu vor 20 Jahren aus?
Obschon der Arbeitsplatzmangel in den Reservaten ein echtes Problem ist, sehe ich auch grosse Verbesserungen. Ein Beispiel: Heute kauft ein Lakota-Künstler ein Bisonfell als Rohmaterial zum Bemalen für 400 Dollar, vorher für 2500. Der tiefere Preis ist möglich, weil es wieder Bisons gibt! Die Wirtschaft lebt davon: Fleisch, Wolle, Häute. Die eigenen Kulturprodukte sind für die Indianer wieder erschwinglich geworden und das fördert die eigene Identität. Auch der wachsende Tourismus kann dazu etwas beitragen.
Was könnten wir hier für die Indianer tun?
Simple Dinge: Wir sollten uns über sie – und generell indigene Völker – zuerst einmal informieren. Und beim Kauf eines Traumfängers fragen, wohin das Geld fliesst. Prüfen, ob er nicht «made in Taiwan» ist. Den Glauben, dass es arme Indianer und böse Weisse gibt, können wir loslassen. Er hilft niemandem. Und es ist vorbei. Längst haben Indianer und Weisse gelernt, zusammenzuarbeiten.
Manchmal geistern düstere Indianer-Prophezeiungen – Endzeitszenarien der Hopi – durch die Medien. Was soll man davon halten?
Ich habe aus mehreren Gründen etwas Mühe damit: weil die Aussagen von den Hopi stammen, die sich, wie mir scheint, manchmal etwas elitär gebärden und sich als die Auserwählten im Indianerreich zu fühlen scheinen. Bei diesen Weissagungen geht es letztlich um Macht, Angst und um Kontrolle. In vielen Gesellschaften, auch nicht indianischen, gelang es der Priesterschaft, mit Hilfe bedrohlicher Endzeitszenarien die Menschen in Schach zu halten, um bestimmte Regeln durchzusetzen. Und was bedeutet schon Endzeit? Und für wen? Wirbelsturm Katrina löste in New Orleans eine Art Endzeit aus, aber nicht in Zürich.
Also, trotz Prophezeiung: «Don’t worry – be Hopi?»
(lacht …) Mir gefällt «Be happy and responsible!» besser.
Etwas anderes: Seit zehn Jahren organisierst du Kleingruppenreisen zu den Indianern in den Black Hills. Worum geht es dir dabei?
Ich möchte ernsthaft Interessierten ermöglichen, die jahrtausendealte Kultur der Prärie-Indianer – so alt ist sie wirklich! – zu erfühlen, zu erleben und zu sehen, wie sie heute ist. Wir reiten und besuchen traditionelle Heiler, Lehrer, Philosophen und Musiker. Diese Lakota sind meine Freunde und verdienen durch uns anständig. Es soll ein Geben und Nehmen sein, mithin ein Beitrag zu einem aufrechten Leben. Ich glaube, das ist möglich, solange wir nicht als konsumierende Touristen auftreten, sondern als Reisende, die etwas lernen wollen – das ist für mich ein wichtiger Unterschied. Was ich mit den Reisen und den Menschen erlebe, denke ich, bringt das Beste aus mir hervor. Deshalb mache ich es.
Die touristische Infrastruktur reicht nur bis an die Grenze der Reservate. Die bedürftigsten Indianer innerhalb des Reservats profitieren von den Besuchern am wenigsten. Was ist zu tun?
Auf meinen Kultur- und Landschaftsreisen und neuerdings auch Themenreisen bewegen wir uns zu 60 Prozent innerhalb des Reservats – alles Geld bleibt im Reservat. Für die Entwicklung der Infrastruktur ist die Stammesregierung verantwortlich. Alles geht langsam, und es gibt erst ein Motel.
Reisende bringen unterschiedliche Erwartungen an die indianische Kultur mit. Was wünschst du dir, sollte man im geistigen Rucksack mitbringen?
Respekt. Das ist das Wichtigste. Und Offenheit. Wissen ist weniger wichtig, das kann man sich aneignen.
Deine Website heisst www.chanteetan.com, ein Ausdruck der Lakota-Sprache, der «von Herzen» bedeutet. Was meinst du damit?
Cangleska-Wakan, die Black Hills. Dort liegt der heilige Kreis, wo der Mensch geboren wurde. Der Ort der sieben Riten, die einem Ziel dienen: ein guter Mensch zu sein – jeden Tag. Das ist schwierig. Und weise zu werden. Nicht vom Kopf her, sondern vom Herzen.
Charly Juchlers Website enthält interessantes Hintergrundmaterial und weiterführende Links zum Thema Lakota-Indianer: www.chanteetan.com
Roman Peter: «Ich war schockiert über die Abfallmengen auf einer Naturschutzinsel»
Vor bald vier Jahren gründete der IT-Spezialist Roman Peter zusammen mit Freunden aus Thailand die Bewegung «Trash Hero». Erklärtes Ziel: die Natur von Zivilisationsmüll befreien. Was auf einer kleinen Insel begann, wurde zu einer internationalen Bewegung mit Tausenden von freiwilligen Helfern.
Das Gespräch führte Andy Keller
Wie wird man als IT-Fachmann Gründer einer Umweltschutzorganisation?
Das Ganze hat mit zwei Dingen zu tun: mit dem Reisen und der Musik, doch ich muss etwas weiter ausholen. Nach dem Abschluss meines Informatikstudiums wollte ich etwas von der Welt sehen und machte mich zusammen mit einem Kollegen auf eine siebenmonatige Weltreise durch Australien, Neuseeland, die Südsee, Kalifornien, Mexiko, Zentralamerika und Venezuela. Als mein Kollege vor der Abreise sagte, er nehme seine Gitarre mit, wollte ich ihm als leidenschaftlicher Freizeitmusiker nicht nachstehen und machte mich auf die Suche nach einem Keyboard, das mit Batterien lief. Als die Reise losging, packte ich das Keyboard in eine grosse Tasche, wickelte meine Kleider drum herum, um es zu schützen, und fuhr zum Flughafen.
Habt ihr viel zusammen gespielt?
Wir hatten regelmässig kleine Auftritte, die sogar einen Teil der Reise finanzierten. Wenn wir zum Beispiel am Abend am Strand von Fidschi spielten, mussten wir für die Übernachtung im Hotel nur die Hälfte bezahlen.
Das Musikmachen als Mittel, um Kontakte zu knüpfen.
Musik verbindet. In Auckland spielten wir für Obdachlose auf der Strasse, die von den alten Songs, die sie alle kannten, begeistert waren und das Bier mit uns teilten. In Mexiko lernte ich den Neuseeländer Ryan kennen. Er erzählte mir, dass er beim Reisen in Guatemala einen Jungen mit einer Verletzung am Bein über längere Zeit betreut hatte,