Slaughter's Hound. Declan Burke

Slaughter's Hound - Declan  Burke


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Mannes, der die Hälfte seines Lebens mit Weintrinken zum Lunch verbrachte und die andere Hälfte damit, Spesenvordrucke auszufüllen. Ich ließ die Mappe auf meinen Schoß fallen und die Verschlüsse aufschnappen. Das Diktafon war ein hübsches kleines digitales Teil, kaum größer als sein Ronson-Feuerzeug und lief seit fast zwanzig Minuten. Ich schaltete es aus, steckte es in meine Brusttasche und schob ihm die Aktenmappe wieder hin.

      »Geben Sie mir mal einen kleinen Tipp«, sagte ich. »Was haben Sie denn gehofft, das ich sagen würde?«

      »Das Gerät habe ich nur zu meiner eigenen Sicherheit dabei. Für den Fall, dass ein unzufriedener Mandant zu einem späteren Zeitpunkt meinen Ratschlag nicht mehr befolgt. Das ist üblich so.«

      »Zum einen bin ich aber gar nicht Ihr Mandant. Und selbst wenn, wäre es illegal, weil Sie mir nicht gesagt haben, dass Sie unsere Unterhaltung aufnehmen.«

      Ein öliges Grinsen schimmerte auf und verschwand irgendwo zwischen dem ersten und zweiten Kinn. »Nur wenige Dinge im Leben sind eindeutig legal, Mr Rigby.«

      »Zum Beispiel die Tatsache, dass Sie mit Finn ein doppeltes Spiel gespielt haben.«

      Vielleicht lullte mich das Klackern der Verschlüsse der Aktenmappe ein. »Trotz seines großen Bekanntheitsgrads«, sagte er, während er die Tasche aufklappte und ein Scheckbuch herausnahm, »hatte Finn nicht sehr viele enge Freunde.« Er schloss die Mappe wieder, legte das Scheckbuch darauf und griff nach dem Füllfederhalter in seiner Brusttasche. »Ich denke, Mrs Hamilton möchte nun gerne mit einem dieser engen Freunde sprechen, um sich von ihrem Schmerz abzulenken. Wäre es wirklich zu viel verlangt, ihr diesen Gefallen zu tun, nach der wahrscheinlich schlimmsten Nacht ihres Lebens?«

      »Ja.«

      Er schraubte den Füller auf. »Sie werden selbstverständlich dafür entschädigt, dass Sie Ihre Zeit opfern. Ich gehe mal davon aus, dass es ungefähr zwei Stunden in Anspruch nehmen könnte, inklusive der Fahrt dorthin und wieder zurück. Wären dreihundert Euro eine akzeptable Summe?«

      Ich dachte an Finns zerstörte und verbrannte Leiche. Ich dachte an den tiefen Schmerz seiner Mutter. Ich dachte an die drei Beutel, die Finn bestellt hatte, bevor er in die Tiefe sprang, Toto McConnells Gras, das in Rauch aufgegangen war.

      »Machen Sie fünfhundert draus«, sagte ich, »in bar.«

      11

      Es könnte Marx gewesen sein. Oder vielleicht auch Engels. Wie auch immer, jedenfalls hat mal jemand gesagt, die Menschheit wäre erst dann befreit, wenn sie den letzten Priester an den Eingeweiden des letzten Bankers aufgehängt hätte. Ungefähr in diesem Sinn. Komischerweise hat er die Anwälte nicht erwähnt. Vielleicht dachte er, es wäre unmöglich, die auszurotten, genau wie Kakerlaken oder die Hoffnung. Ich war mir da nicht so sicher. Eine silberne Kugel, die zuvor in Knoblauch getunkt wurde, ein Holzpflock durchs Herz – es wäre zumindest einen Versuch wert.

      Jimmy blieb mir erspart. Gillick fuhr selbst. Der Saab klang wie ein aufgegeilter Engel, still und leise bis auf ein selbstgefälliges Summen. Die Innenausstattung war aus glänzendem Leder und Walnussholz. Die Armaturen leuchteten in Blau und Rot und sahen aus, als hätte man sie aus einem Learjet-Cockpit ausgebaut. Als wir an der Kirche in Drumcliffe vorbeifuhren, brach er endlich das Schweigen. Wie zufällig und ganz locker. »Also, was hat Finn denn nun gesagt?«

      »Worüber?«

      »Bitte, Mr Rigby. Ich dachte, wir hätten diese Spielchen hinter uns gelassen.«

      »Nein, Sie dachten, Sie hätten mich gekauft.«

      »Das ist nicht …«

      »Und in Wahrheit wollen Sie vor allem wissen, was er über Sie gesagt hat.«

      »Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«

      »Einen Scheiß können Sie nicht. Deshalb gurken Sie doch um fünf Uhr morgens durch die Stadt und holen Desperados aus Verhörzellen. Damit Mrs Hamilton mit mir spricht, nicht mit Ihnen, und vergisst zu fragen, warum Sie im Hafengebäude waren und Finn genervt haben.«

      »Ich war dort, weil Mrs Hamilton mich darum gebeten hat. Und ich verwahre mich gegen …«

      »Sind Sie aus gesundheitlichen Gründen so früh aufgestanden? Was kommt dann als nächstes, ein Sitzbad?«

      Ein Seufzen. »Mrs Hamilton ist nicht nur eine langjährige Mandantin aus gutem Hause. Sie ist mit mir befreundet, genauso wie ihr Ehemann mit mir befreundet war. Wenn sie mich zu einer ungewöhnlichen Uhrzeit anruft, dann ist das nur ein Beweis dafür, wie dringend meine Hilfe benötigt wird.«

      »Stets ihr ergebenster Diener.«

      Wir erreichten die Kreuzung in Monaneen. Er setzte den Blinker links, schaltete runter und bog ab Richtung Küste. Der Horizont war jetzt grau, die Donegal Mountains schimmerten rötlich im Dunst. »Ein leichter Minderwertigkeitskomplex kann durchaus heilsam sein, Rigby. Er darf Sie nur nicht allzu sehr behindern.«

      »Wo ist denn der ›Mister‹ geblieben?«

      Das gefiel ihm. »Möchten Sie lieber, dass ich Sie Mr Rigby nenne?«

      »Sie werden ja gut dafür bezahlt. Und ich schätze, in Ihrem Fall läuft es wegen der unchristlichen Urzeit auf das Dreifache des Maßlosen hinaus, plus Spesen.«

      Er wurde langsamer, weil eine Kreuzung kam, und fuhr geradeaus weiter. »Darf ich fragen, warum Sie unserem Freund Tohill nichts davon gesagt haben, dass ich gestern Abend bei Finn war?«

      »Er hat nicht danach gefragt.«

      Er lachte vor sich hin. »Jimmy wird das zu schätzen wissen.« Er wartete. »Und das ist definitiv alles, mehr nicht?«

      Er hätte Jimmy mitbringen sollen. Je mehr er redete, desto mehr fragte ich mich, warum er Angst hatte, ich könnte etwas gegen ihn in der Hand haben.

      Er blinkte links und wir fuhren durch das schmiedeeiserne Tor über den knirschenden Kies hinein in den kleinen Wald aus Eichen und Ahornbäumen. Weiter vorne huschte ein Dachs über die Straße und verschwand im Straßengraben. Seine Augen schimmerten grünlich auf im Licht der Halogenscheinwerfer. »Wie ich hörte, haben Sie mal als Privatdetektiv gearbeitet«, sagte er.

      »Berater für Recherchen.«

      »Natürlich.« Er lachte wieder vor sich hin. »Wissen Sie, eines Tages könnte ich vielleicht die Dienste eines Rechercheberaters benötigen.«

      »Ihre Art von Geschäft braucht solche Dienste doch tagtäglich. Was stimmt denn nicht mit den Beratern, die Sie zurzeit beschäftigen?«

      »Nichts, die arbeiten alle zur Zufriedenheit. Aber ich habe zu meinem Glück eine sehr große Zahl von Mandanten. Manchmal muss auch etwas ausgelagert werden.«

      »Manche zieren sich ein bisschen, wenn’s ums Schuldeneintreiben geht, was?«

      »In der jetzigen Situation muss man sich breit aufstellen, Mr Rigby, sonst geht man unter.« Nur der Hauch eines spöttischen Untertons. »Ich könnte mir vorstellen, dass Sie das mehr als die meisten anderen zu schätzen wissen.«

      »Und Sie glauben, ich wäre der Richtige, weil ich nicht gleich alles überall hinausposaune.«

      »Falls Sie damit fragen wollen, ob Vertraulichkeit für meine Mandanten eine große Rolle spielt, dann lautet die Antwort Ja.«

      »Ich hab mich zur Ruhe gesetzt.«

      »Auch das kam mir zu Ohren.« Er räusperte sich. »Harry J. Rigby, ehemaliger Berater für Recherchen und freischaffender Journalist. Im Jahr 2004 angeklagt des Mordes an Edward Rigby, genannt Gonzo, jedoch nicht verurteilt, aufgrund der Tatsache, dass Sie auf zeitweilige Unzurechnungsfähigkeit plädierten und daher anschließend in die psychiatrische Klinik zur abschließenden Beurteilung eingewiesen wurden, wo Sie dann den größten Teil der folgenden vier Jahre verbrachten.« Er warf mir einen Blick zu. »Ich bin kein Fachmann, aber ich könnte mir vorstellen, dass die Ermordung des eigenen Bruders die auf Diskretion angewiesenen Geschäfte eines


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