Slaughter's Hound. Declan Burke
nicht so fest, dass ich bleibende Schäden davontrug. »Denk dir was Besseres aus, Rigby. Sonst wirst du …«
Wieder klopfte es an der Tür. Der Kopf des Uniformierten erschien im Türspalt. »Sir, der Anwalt ist … Scheiße. Sir?« Tohill drehte den Kopf. »Der Anwalt ist gekommen, Sir. Er möchte seinen Mandanten sehen.«
Die Tür ging zu. Tohill ließ mich los, stieß meinen Kopf zurück und beugte sich dann zu mir. Ich konnte riechen, dass er Spaghetti Bolognese zum Abendessen gehabt hatte, mit ziemlich viel Knoblauch. »Ich werd euch beide drankriegen«, sagte er.
Ich lockerte den Krawattenknoten und schnürte ihn auf. »Sie sollten mal Zahnseide benutzen«, sagte ich krächzend.
Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, aber ich sprang nicht höher als ein mexikanischer Floh. Er lachte säuerlich, räusperte sich und spuckte mich an.
»Danke«, sagte er.
»Keine Ursache«, sagte ich und wischte mir mit dem Hemdzipfel den klebrigen Speichel von der Wange.
»Manchmal vergisst man, warum man diesen Job macht. Solchem Abschaum wie Ihnen zu begegnen ist dann wie ein Auffrischungskurs.«
»Und wer nur steht und wartet, dienet auch.«
Er zupfte sorgfältigst seine Krawatte zurecht und dann war er weg. Ich wischte den letzten Rest Schleim ab. Der Geruch nach Knoblauch hing in der Luft, aber wenigstens war es nicht mehr der Gestank nach verbranntem Schweinefleisch.
10
Ich wartete, bis Gillick die Kaffees bezahlt hatte, und dachte darüber nach, dass ich keinen Anwalt hatte, mir keinen leisten konnte, keinen verlangt hatte und keinen gebraucht hatte bis zu dem Moment, als ein Anwalt bei den Cops anrief.
Er hatte mich aus der Wache begleitet und gefragt, ob er mich zum Frühstück einladen dürfe. Ich sagte, klar, wenn es gegrillte Nieren gibt und mindestens eine davon von ihm stammt, und ging weiter. Dreißig Sekunden später tauchte der braune Saab neben mir auf, und Jimmy ließ das Fenster herunter. Er hielt in der zweiten Reihe. »Ich bin derjenige, der die Spielsachen aufsammeln muss, wenn er sie aus der Karre geworfen hat«, sagte er.
»Es war eine lange Nacht, Jimmy. Kaffee und dummes Geschwätz dazu kann ich jetzt bestimmt nicht gebrauchen.«
»Lass dir wenigstens ein Frühstück spendieren. Wenn mein Boss glücklich ist, bin ich glücklich, und du bist satt.«
»Ich bin zu müde für ein Frühstück, Mann.«
»Du tätest mir einen Gefallen. Und es hat noch nie jemandem geschadet, wenn ein anderer ihm einen Gefallen schuldet, oder?«
Gutes Argument, vor allem wenn es abzulehnen bedeutet hätte, dass Jimmy dann glaubte, er würde mir etwas anderes schulden als einen Gefallen. Ich zuckte mit den Schultern.
»Du kriegst also dein Frühstück«, sagte er, »lächelst und nickst. Und dann gehen wir alle nach Hause.«
Beim Gedanken an Frühstück zogen sich meine Gedärme zusammen. Ich dachte an zu Hause. Gleiches Ergebnis. Ich ging um den Saab herum und stieg ein.
Jimmy fuhr uns zu dem rund um die Uhr geöffneten Fernfahrer-Imbiss nördlich der Stadt. Fragte, was wir haben wollten, und ging rein zum Bestellen, während Gillick und ich uns in die abgeschlossene Raucherecke auf der Rückseite trollten. Gartentische aus Holz, Wärmepilze.
Gillick sah hellwach aus, obwohl es erst sechs Uhr morgens war. Trug ein aufgeknöpftes blassblaues Hemd, beige Chinos mit scharfer Bügelfalte, Slippers mit Quasten und ein sportliches Jackett mit Lederflicken am Ellbogen; er roch leicht nach Zigaretten und Jasmin. Oder vielleicht auch, angesichts der Uhrzeit und Finns Beurteilung seiner Persönlichkeit, nach Yasemin. Er platzierte seinen mächtigen Körper auf einem der Klappstühle und legte eine schlanke Aktenmappe aus Krokodilleder auf den Tisch. Stemmte die Ellbogen auf die Mappe, damit er sich die Lederflicken nicht ruinierte, und legte das Kinn auf die Handflächen.
»Was genau haben Sie denen erzählt?«, säuselte er.
»Steht alles im Protokoll.«
»Sie haben hoffentlich nichts unterschrieben.«
»Was muss Sie das denn interessieren?«
Er zog eine Visitenkarte aus der Hosentasche. »Ich bin der Anwalt der Familie Hamilton.«
»Ach?«
»Es gab da eine Mitteilung der Gardaí, jemand würde ihnen bei den Ermittlungen helfen. Das konnten nur Sie sein.«
»So?«
»Ich wollte bloß sichergehen, dass Sie nicht unrechtmäßig in Gewahrsam gehalten werden.
»Es lief alles bestens für mich, bis Sie aufgekreuzt sind.«
»Möglich.« Jimmy kam mit einem Tablett. Schwarzer Kaffee für Gillick, ein Wurst-Sandwich für mich und ein bisschen Orangensaft. Gillick wartete, bis Jimmy wieder gegangen war, bevor er weitersprach. »Aber es ist eher unwahrscheinlich, dass Sie anschließend Mrs Hamilton aufgesucht hätten, oder?«
»Ich war ja schon dort«, sagte ich, während ich auf einem Bissen Wurstbrot kaute. Krümel regneten auf die Tischplatte.
»Das hörte ich.« Er brachte seinen Kaffeebecher vor dem Krümelgeschwader in Sicherheit. »Ich hörte auch, dass Sie keine Gelegenheit hatten, mit Mrs Hamilton zu sprechen.«
»Sie schlief schon.«
»Jetzt ist sie wach.« Er gab ein Seufzen von sich, das seine unterste Kinnpartie zum Vibrieren brachte. »Ihr einziger Sohn ist gerade gestorben. Und Sie waren der Letzte, der ihn lebend gesehen hat.«
»Ich kann ihr auch nicht mehr erzählen, als ich schon dem Butler mitgeteilt habe.«
Er hüstelte dezent, die Hand vorm Mund konnte sein schiefes Lächeln nicht ganz verdecken. »Ich glaube, Simons offizielle Berufsbezeichnung lautet Hauswirtschaftsleiter.«
»Das ändert nichts an dem, was ich ihm gesagt habe.« Ich legte das Sandwich weg, das mit genetisch modifiziertem Plastikschweinefleisch belegt war, trank den O-Saft aus und holte den Tabak raus. »Allerdings, wenn ich mich recht erinnere, habe ich nicht erwähnt, dass Sie auch dort waren. Vielleicht sollte die Dame mal mit Ihnen reden.«
»Mrs Hamilton ist bekannt, dass ich an diesem Abend mit Finn gesprochen habe. Und warum.«
»Wollen Sie damit sagen, dass sie mich fragen möchte, ob Sie ihn dazu gebracht haben, aus dem Fenster zu springen?«
Er wurde rot. »Ich möchte meinen Mandanten nichts unterstellen, Mr Rigby. Ich tue nur das, worum ich gebeten werde, wenn ich um etwas gebeten werde.«
»Wie der Affe, der für den Drehorgelspieler tanzt.«
Die affektiert gekräuselten Lippen verzogen sich zu einem feuchten Schmollen. »So wie ich das sehe«, sagte er, »waren Sie kurz davor, eine ganze Nacht in der Zelle zu verbringen wegen Behinderung der Polizeiarbeit. Das hätte Ihrem Bewährungshelfer gar nicht gefallen, meinen Sie nicht auch?«
»Was meiner Bewährungshelferin gefällt, das ist ein Gläschen Scotch zwischen dem Fünf-Uhr-Tee und der Cocktailstunde. Glauben Sie wirklich, die interessiert sich einen Scheiß dafür, wo ich meine Nacht verbracht habe?«
»Vielleicht könnte man sie ja dazu bewegen, ein bisschen mehr Interesse zu zeigen.«
Ja, klar, ich war erschöpft, der Adrenalinrausch war längst verebbt, der Schock von Finns Tod zehrte an meinen Nerven. Aber manchmal versucht wirklich jeder, überall, mich runterzumachen.
»Was genau hofft denn Mrs Hamilton, das ich sagen werde?«, fragte ich.
»Wie ich schon sagte, ich bemühe mich stets, meinen Mandanten nichts zu unterstellen …«
»Warten Sie mal«, sagte ich und steckte mir die Fluppe zwischen die Lippen und klopfte meine Taschen nach dem Zippo ab. Er griff in seine Brusttasche