Falsches Spiel in Brodersby. Stefanie Ross

Falsches Spiel in Brodersby - Stefanie Ross


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aber durch die umliegenden Felder wird es richtig laut, wenn Ernte oder Düngezeit ist.«

      Liz klappte ihr Notebook zu. »Egal, warum er den Hof gekauft hat. Wir gehen das jetzt feiern!« Sie tippte auf ihren Computer. »Außerdem kann ich dir da erklären, was gerade für ein Auftrag reingeschneit ist. Spätestens dann wirst du einen Drink brauchen …«

      Sie liefen durch die Fußgängerzone zu der schmalen Gasse hinter der Kirche.

      »Und hier ist Jan runtergefahren?«, überlegte Liz laut und betrachtete die ausgetretenen Treppenstufen, die zum Hafen führten.

      »Hör bloß auf«, erwiderte Andrea. »Aber da fällt mir noch was zu unserem Verkauf ein …«

      Eine ältere Dame kam ihnen entgegen und verhinderte, dass Andrea weitersprach. Sie grüßten freundlich und unterhielten sich kurz über das wechselhafte Wetter, ehe sie weitergingen.

      Außerhalb der Saison waren nur wenige Restaurants und Kneipen am Hafen geöffnet. Liz und Andrea hatten jedoch herausgefunden, dass eine gutbürgerliche Kneipe auch hervorragende Cocktails anbot. An die rustikale Einrichtung, die überwiegend aus maritimer Deko bestand, hatten sie sich inzwischen gewöhnt. Jan und Jörg waren ebenfalls öfter hier, weil sie die riesigen Schnitzel schätzten, die kaum auf den Teller passten.

      Andrea sah nachdenklich auf die Uhr.

      Liz erriet ihre Überlegung und winkte ab. »Bis wir nach Hause fahren, ist die Wirkung des Alkohols verflogen und wir müssen das unbedingt ordentlich feiern.«

      »Stimmt. Also das Übliche. Sonst soll Jörg uns eben abholen.«

      Liz zeigte ihr das Daumen-hoch-Zeichen. »Sehr gute Idee. Ich habe ganz vergessen, dass er seinen alten Urlaub nimmt.«

      Andrea bestellte zwei Aperol Spritz bei dem Kellner, der sie kannte. »Schalte bitte mal den Chefinmodus aus.«

      Liz nickte bereitwillig. »Erledigt.«

      »Gut. Denn du weißt, wie gerne ich mit dir und für dich arbeite. Es ist wirklich keine Beschwerde, aber trotzdem ein ziemlicher Albtraum, wenn der Mann Urlaub hat und die Frau nicht. Er langweilt sich …« Andrea seufzte übertrieben.

      Liz lachte und dachte an ihren eigenen Lebensgefährten. Felix hatte Leberkrebs, allerdings die Prognose seiner Ärzte schon um Jahre übertroffen. Dennoch war seine Gesundheit ein ständiges Wechselbad. Mal war er fit wie ein gesunder Mann, dann wieder müde und depressiv. »Ich verstehe dich so gut. Es gibt Tage, da schmollt Felix regelrecht, wenn ich ins Büro fahre. Dabei nimmst du mir ja nun wirklich viel ab und ich komme mir vor, als würde ich Teilzeit arbeiten. Genau deswegen will ich auch …« Sie verstummte, da ihre Getränke serviert wurden. Erst nachdem sie sich zugeprostet hatten, nahm Liz das Thema wieder auf. »So, dann arbeiten wir mal die Punkte ab, wegen der wir hier sitzen. Du machst weit mehr als eine reine Assistenz, der heutige Verkauf ist der beste Beweis dafür und deswegen hast du dir einen Bonus verdient. Die Courtage von dem Resthof bekommst du.« Sie hob warnend eine Hand, als Andrea nach Luft schnappte. »Diskutier gar nicht erst mit mir. Wann immer es Felix schlecht geht, springst du klaglos ein und schmeißt den Laden alleine.«

      »Das ist doch selbstverständlich. Außerdem sind wir …« Andrea schwieg sichtlich verlegen und traute sich offenbar nicht weiterzusprechen.

      Impulsiv griff Liz nach ihrer Hand. »Ganz genau. Wir sind nicht nur Kollegen, sondern ich betrachte dich auch als Freundin.«

      Andrea strahlte förmlich und Liz rief sich innerlich zur Ordnung. Sie sollte das wirklich öfter betonen, denn schließlich wusste sie, wie unsicher und verletzlich Andrea hinter ihrer toughen Fassade war. Ihr Mann Michael, der beste Freund von Jan, war in Afghanistan getötet worden. Als alleinerziehende Mutter eines Teenagers hatte sie es nicht leicht gehabt, sich unwissentlich auf unsaubere Geschäfte eingelassen und erst seit einigen Monaten in Brodersby ihr Leben wieder in den Griff bekommen. Dass sie mit Jörg sogar einen neuen Mann gefunden hatte, der sie und ihre Tochter glücklich machte, war sozusagen das Sahnehäubchen.

      Liz atmete tief durch. Wenn nicht jetzt, wann dann? »Gerade als Freundin möchte ich dir etwas sagen oder eher raten. Oder was auch immer. Eigentlich ist es eine Einmischung in dein Leben, aber ich finde, als Freundin darf ich das.«

      Sichtlich irritiert blinzelte Andrea und pustete sich eine braune Haarsträhne aus dem Gesicht. »Na, da bin ich ja mal gespannt …«

      Liz wurde einen Moment abgelenkt, weil Scheinwerfer am Fenster vorbeihuschten. Sie würde sich nie daran gewöhnen, wie früh es in den Wintermonaten dunkel wurde. Der Wagen, der ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, rangierte nun rückwärts. Für einen Moment erkannte Liz einen Mann, der an dem Restaurant vorbeiging, stehen blieb und sie durch das Fenster hindurch direkt anblickte.

      »Das glaube ich nicht«, sagte sie mehr zu sich selbst und stand auf. Sie wäre auch ohne Jacke nach draußen gegangen, um ihn zu begrüßen, doch da ging der Mann einfach auf den Wagen zu, als hätte er sie nicht bemerkt, was definitiv nicht der Fall war.

      »Das wird ja immer verrückter.« Sie zwängte sich am Tisch vorbei, um aus dem Fenster zu sehen. Für einen Augenblick erhaschte sie noch einen Blick auf den Mann, der in den Wagen einstieg. Im schwachen Schein der Innenbeleuchtung erkannte sie nun auch den Fahrer. Das war Paul Winkler, der merkwürdige Kerl, der den viel zu teuren Resthof gekauft hatte.

      Fassungslos starrte sie noch in die Dunkelheit, als der Wagen längst weg war.

      »Ich brauche was Stärkeres«, murmelte sie.

      Ihrem Stammkellner Bernie war ihre Erschütterung nicht verborgen geblieben. »Du bist ja ganz blass um die Nase. Ich bringe euch mal einen ordentlichen Schnaps aus unserem Geheimvorrat. Der geht aufs Haus.«

      »Danke«, japste Liz, kehrte zurück zu ihrem Platz und ließ sich schwer auf ihren Stuhl fallen. »Das glaubst du mir alles nicht«, wiederholte sie.

      »Lass mich das beurteilen, wenn ich weiß, worum es geht«, erwiderte Andrea besorgt.

      »Da draußen stand Walter, der Vater von Jan. Und der ist in den Wagen von deinem Kunden gestiegen. Paul Winkler.«

      Ausgerechnet in diesem Moment stand Bernie bereits wieder an ihrem Tisch und hatte Liz’ Erklärung mit angehört. »Der Fastgast im Trenchcoat ist der Vater von unserem Landarzt? Na, das ist ja mal ein Ding. Jemand namens Winkler hatte übrigens einen ruhigen Tisch für zwei Personen reserviert. Das hat sich wohl erledigt.«

      Liz wunderte sich eine Sekunde, dass Bernie von »unserem« Landarzt sprach, dann fiel ihr ein, dass er in Brodersby wohnte.

      Bernie stellte die beiden beschlagenen Gläser neben die Cocktails. »Das ist ein ganz feiner Obstbrand von Hinnark, den gibt’s nur für besondere Gäste.« Unaufgefordert setzte er sich an den Tisch. »Und nun erzähl mal. Was ist denn das mit Jan und seinem Vater?«

      Liz würde ganz bestimmt nicht Jans Lebensgeschichte ausbreiten, aber da auch Andrea sie neugierig ansah, kam sie um eine gewisse Erklärung nicht herum. »Sie haben seit Jahren keinen Kontakt mehr. Ich weiß nicht einmal, ob Walter überhaupt weiß, dass sein Sohn in der Nähe praktiziert.«

      Andrea hob ihr Glas. »Danke, Bernie. Auf die beste Kneipe in Kappeln. Und was diese vertrackte Vater-Sohn-Sache angeht, werden wir ja in den nächsten Tagen sehen, was da läuft. Ich dachte bis eben, dass Jans Eltern beide tot wären. Er hat nie über seinen alten Herrn gesprochen.«

      Und das aus gutem Grund, doch das behielt Liz lieber für sich. Sie hob ihr Glas ebenfalls und stürzte den Obstbrand herunter. Leider half ihr auch der köstliche Alkohol nicht, eine logische Verbindung zwischen Paul Winkler und Walter Storm herzustellen. Und diese Unwissenheit war nichts gegen das schlechte Gefühl, das sie plötzlich befiel.

      Da sie es nicht bei einem Cocktail belassen hatten, schlenderten Liz und Andrea gut eine Stunde später Richtung Klappbrücke, um sich dort von Jörg aufsammeln zu lassen.

      »Wolltest du nicht noch was wegen eines neuen Auftrags mit mir besprechen?«, erkundigte sich Andrea plötzlich.

      Liz musste erst


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