Einfach unwiderstehlich. Andy Stanley
verlässt, um andere Götter anzubeten, wird dieses Stück Land als Beweis für meine Abwesenheit unbewohnt bleiben.“
Das alles sagte er, bevor er überhaupt eingezogen war! Sie meinen, das habe ich mir ausgedacht? Lesen Sie 1. Könige 9. Hier ist ein Vorgeschmack darauf:
„Und dieses Haus wird eine Trümmerstätte werden; jeder, der an ihm vorübergeht, wird sich entsetzen und höhnen: Warum hat der HERR an diesem Land und an diesem Haus so gehandelt?“6
Gott zog ein, aber er war nicht verpflichtet, unter allen Bedingungen dort zu bleiben. Warum?
Das ist wichtig.
Weil der Tempel verbunden war mit Gottes „Ich-werde-das-tun-solange-du-tust-Bund“ mit seinem Volk. Das ist der Bund, der am Berg Sinai geschlossen wurde.
Gott würde für den Abriss seines eigenen Hauses sorgen, wenn die Menschen ihn für andere Götter verlassen würden. Der Tempel war eine Annehmlichkeit. Aber notwendig war er nicht. Er war nicht Gottes Idee. Der Tempel war mehr schön als wichtig. Und wenn Salomo gedacht haben sollte, dass dieser wie für die Ewigkeit gebaute Tempel irgendwie das vorläufige und an Bedingungen geknüpfte Wesen des Bundes Gottes mit seinem Volk stabilisiert hätte, dann lag er falsch. Gott hatte von der Gründung seines Volkes an deutlich gemacht, dass Israel ein göttliches Mittel zu einem göttlichen Zweck war.
UNÜBERSEHBAR ABWESEND
Salomos Tempel trug Designmerkmale, die in ähnlicher Weise auch allerorten bei antiken heidnischen Tempeln gefunden wurden. Wenn man das Alte Testament ernst nimmt, ist es schwer vorstellbar, dass dies der Fall ist. Die jüdische Überlieferung enthält außergewöhnlich detaillierte Informationen darüber, wie der Tempel auszusehen und zu funktionieren hatte und wer die Erlaubnis hatte, ihn zu betreiben. Aber trotz einiger einzigartiger Merkmale hatte der jüdische Tempel viel mit antiken heidnischen Tempeln gemeinsam, darunter Veranden, Kammern, Höfe, Wohnräume und einen Altar, der für Tieropfer verwendet wurde. Heidnische Tempel aus dieser Epoche hatten stets einen heiligen Raum, der speziell für das Bild des Gottes entworfen wurde, für den der Tempel gebaut und dem der Tempel gewidmet worden war. Ein Göttergewölbe. Es war diese heiligste aller heiligen Kammern, die den jüdischen Tempel von der Konkurrenz abhob. Tatsächlich könnte man sagen, dass diese Kammer, die oft als das Allerheiligste bezeichnet wird, das Einzige war, das den jüdischen Tempel von der Konkurrenz unterschied.
Das Unterscheidungsmerkmal des jüdischen Tempels war nicht etwas, was der Konkurrenz fehlte. Ganz im Gegenteil. Das Unterscheidungsmerkmal des jüdischen Tempels war etwas, das es dort nicht gab, was aber alle anderen Tempel hatten.
Ein Bild.
Das Allerheiligste war wie ein wunderschöner, kunstvoll gestalteter Rahmen ohne Bild. Deshalb brauchte Israel von Anfang an keinen Tempel. Das Unterscheidungsmerkmal des Judentums war nicht die Gestaltung ihres Tempels. Es war das Fehlen eines Bildes, das ihren Gott darstellte. Sich Bilder von Gott zu machen war im Judentum strengstens verboten. Wie wir bereits festgestellt haben, war dieses besondere Verbot eines der „Big Ten“, also der großen Zehn (Gebote).
Die Vorstellung, ein Bild oder einen Götzen anzubeten, ist uns so fremd, dass ein leeres Göttergewölbe uns nicht als seltsam erscheint. Aber in der Antike war das genau umgekehrt. Eine Religion ohne Bild war geradezu absurd. Als der römische General Pompeius 63 v. Chr. Jerusalem betrat, besichtigte er auf eigene Faust den Tempel. Er war neugierig auf diesen jüdischen Gott, von dem er so viel gehört hatte – den, der so leicht beleidigt war und der sich zu gut dafür war, sich einem Pantheon der Götter anzuschließen. Er rempelte die Priester beiseite und stieß mutig in den Bereich vor, in den zuvor nur der Hohepriester einmal im Jahr einzutreten wagte, ins Allerheiligste. Als er den übertrieben sorgfältig gefertigten Vorhang zur Seite zog, der die Gotteskammer vom Vorhof trennte, war er bestürzt, dass dort kein Gott war! Kein Götzenbild. Nur ein goldener Tisch, ein Kerzenständer und etwa zweitausend Talente Gold.7
Das alles ließ er unangetastet.
Vielleicht dachte er: Diese verrückten Juden. Die haben dieses aufwendig gestaltete Gebäude für einen Gott gebaut, den sie nicht einmal darstellen können. Wer hat jemals von einem Gott ohne Bild gehört?
Genau.
Wer würde je von diesem seltsamen Gott hören, der nicht in irgendeinem kunstvoll erschaffenen Bild gegenwärtig war, der sich nicht darauf reduzieren und schon gar nicht identifizieren ließe?
Einfach jeder.
Wie?
Durch das Volk Israel.
Zurück zu Salomo.
Auch wenn der Tempel ursprünglich nicht Gottes Idee war, diente er dennoch einem Zweck. Er hob hervor, betonte und unterstrich den grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Gott der Israeliten und den Göttern ihrer Nachbarn. Israel diente einem lebendigen Gott. Im Gegensatz zu den heidnischen Göttern zur Zeit Salomos oder denen, die Jahrhunderte später von Bürgern Roms oder Athens verehrt wurden, musste Israels Gott nicht in seinen Tempel gekarrt und auf einen Sockel gehoben werden. Israels Gott musste an Festtagen nie von Priestern herausgerollt werden. Israels Gott musste nachts nicht eingesperrt werden, damit niemand ihn stehlen oder ein Stück von ihm als Glücksbringer abhacken konnte. Israels Gott brauchte keine Leibwächter. Er musste nicht vor den Elementen geschützt werden. Israels Gott war Geist.
Ein heiliger Geist.
Israels Gott wurde nicht in seinen Tempel gestellt.
Israels Gott bewohnte seinen Tempel.
So wie er all die Jahre zuvor die Stiftshütte bewohnt hatte, bewohnte er den Tempel Salomos zu seinen eigenen Bedingungen. Und das geschah folgendermaßen.
„Und die Priester brachten die Lade des Bundes des HERRN an ihren Platz in den Hinterraum des Hauses, in das Allerheiligste, unter die Flügel der Cherubim …“8
Aber die Gegenwart der Bundeslade war nicht gleichbedeutend mit der Gegenwart Gottes. Die Bundeslade, in der das Gesetz Gottes lag, wurde nicht als Kultobjekt geschaffen. Was dann geschah, gab dem Tempel seine Bedeutung:
„Und es geschah, als die Priester aus dem Heiligen hinausgingen, da erfüllte die Wolke das Haus des HERRN; und die Priester konnten wegen der Wolke nicht hinzutreten, um den Dienst zu verrichten; denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus des HERRN.“9
Die Zu-seinen-eigenen-Bedingungen-Gegenwart des Geistes Gottes war das charakteristische Merkmal des jüdischen Tempels. Jede Nation hatte Gesetze. Jede Nation hatte religiöse Rituale und Priester. Die meisten Religionen der Antike verlangten Tieropfer. Die Juden hatten all das, nur eben ohne die eine Sache, die alle anderen hatten. Ihr Tempel diente als ein ehrfurchtgebietender Rahmen, um die Aufmerksamkeit auf etwas zu lenken, das nicht da war. Aber der Zweck hinter diesem prächtigen Gebäude, das zur Ehre des unsichtbaren Gottes errichtet wurde, erstreckte sich über Israel hinaus.
Der jüdische Tempel mit seinem komplizierten Opfersystem sollte als Kontext dienen. Der Tempel in Jerusalem diente als Ausgangspunkt für eine Reihe von Ereignissen, die später die Welt verändern sollten. Und nicht nur die Welt der Antike. Im Gegensatz zu heidnischen Göttern war Israels Gott kein regionaler Gott mit regional begrenzter Reichweite. Israels Gott war der lebendige Gott, dessen Macht und Präsenz nicht auf ein bestimmtes Stück Land beschränkt war. Der Tempel sollte eine wichtige, aber nur vorläufige Rolle in Gottes Offenbarungsplan spielen. Seine Ähnlichkeiten mit anderen Tempeln in der Region markierten, hoben hervor, betonten und unterstrichen den einen wesentlichen Unterschied, der die Bühne für Gottes nächsten großen Auftritt in der Welt bereitete. „Bildfrei, götzenfrei“ war mehr als ein unterscheidendes Merkmal. Es verwies auf Gottes globale Absicht mit seinem Volk Israel.
VIELE VERHÄNGNISSVOLLE TEMPEL
Als Salomo zum König gesalbt wurde, herrschte Frieden im Land. Einige bezeichnen diese Epoche als Israels goldenes Zeitalter. Endlich sah es so aus, als gäbe es für Israel die Möglichkeit, für andere Nationen ein Segen zu sein. Aber Gott war nicht bereit. Es stellte sich heraus, dass Israel es auch nicht war. Salomo war etwas abgelenkt. Durch Frauen. Ausländische Frauen und ihre fremden Götter. Sein Gespräch mit