Seewölfe Paket 33. Fred McMason

Seewölfe Paket 33 - Fred McMason


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Ende, indem er Nyberg mit dem abgespreizten Zeigefinger vor die Brust stieß, daß ihm schier die Luft wegblieb, und ihn außerdem auf spanisch anbrüllte, er solle sich endlich einer gesitteten Sprache bedienen und nicht vom Smerebrød und anderem Kauderwelsch reden. Das Gebrüll erschreckte den guten Sven derart, daß er prompt wieder einatmete und nicht Gefahr lief, zu ersticken.

      Edwin Carberry lächelte – er verzog sein Narbengesicht zu einer abstoßenden Grimasse.

      „Siehst du, Jungchen“, sagte er, immer noch bedrohlich laut, „in Ruhe kann man besser über alles reden. Also noch mal von vorn, schieß los!“

      „Der Blitz ist wie ein Höllenfeuer in die Galeone eingefahren“, erklärte Sven Nyberg kaum langsamer als zuvor. „Die Rahnock hatte plötzlich einen richtigen Heiligenschein, so einen Strahlenkranz ringsum, ihr wißt schon …“

      „Gar nichts wissen wir“, sagte der Profos grollend.

      Sven setzte ein unverschämtes Grinsen auf. „Genau deshalb erzähle ich euch, was ich gesehen habe.“

      „Du hast vielleicht geträumt“, behauptete Big Old Shane, der Schiffsschmied. „Ich habe auch zu dem Kahn rübergeschaut, aber einen Heiligenschein habe ich bestimmt nicht mitgekriegt.“

      „Den hätten die Dons auf keinen Fall verdient.“ Mit seiner Bemerkung zog Mac Pellew die Lacher eindeutig auf seine Seite, was seine zumeist sauertöpfische Miene aber keineswegs beeinträchtigte. Griesgrämig blickte er um sich, als wolle er fragen, was es da zu lachen gäbe.

       2.

      „Die ‚Salvador‘ gibt Signal!“ rief Gary Andrews vom Vorschiff. „Der Generalkapitän wünscht dich zu sprechen, Sir.“

      „Don Ricardo?“ fragte der Profos überrascht. „Was kann der schon wollen?“

      „Was wohl?“ Der Seewolf deutete mit einer umfassenden Handbewegung nach Steuerbord, wo viele, viele Meilen entfernt Land lag – genauer gesagt die Südwestküste der Bretagne. Nach flüchtigem Überlegen wandte er sich an Gary Andrews: „Gib zur ‚Salvador‘ zurück, daß ich mit dem Generalkapitän reden werde, sobald die See sich beruhigt hat.“

      Kurze Zeit später wurde offenbar, daß Don Ricardo de Mauro y Avila nicht mehr gewillt war, sich hinhalten zu lassen. Erneute Zeichen vom Flaggschiff bedeuteten, daß er umgehend mit Don de Vilches sprechen wolle. Anderenfalls sähe er sich gezwungen, auf eigene Faust zu handeln.

      „Der bläst sich nur auf“, meinte Nils Larsen.

      „Das ist nicht mehr als ein Warnschuß vor den Bug“, sagte Mac Pellew.

      „Und wenn der doch Lunte gerochen hat?“ grollte der Profos.

      „Das hat er längst.“ Hasard winkte lässig ab. „Er weiß es nur noch nicht. Und ich werde dafür sorgen, daß das weiterhin so bleibt. Wenigstens bis wir bei den Scilly-Inseln auf Ostkurs abdrehen.“

      „Du willst also zur ‚Salvador‘ übersetzen?“ Der Profos rieb sich erwartungsvoll die Pranken. Es knirschte dabei, als sei die Schebecke soeben auf ein Riff gelaufen. „Wen nimmst du mit? Du brauchst Begleiter mit Überzeugungskraft.“

      „An Bord des Flaggschiffs wird nicht geprügelt.“

      „Habe ich das behauptet?“

      „Dein Grinsen verrät genug.“

      „Also, dieser Don Ricardo hat eine Visage, da juckt es mich jedesmal gehörig in den Fingern …“

      „Ed!“ sagte Hasard scharf.

      „Schon gut.“ Der Profos schnaubte wie ein untertauchendes Walroß. „Ich beschränke mich darauf, nur im äußersten Notfall einige behutsame Kläpschen auszuteilen. Obwohl das diese quergekanteten hohlen Donschädel bestimmt nicht ins Lot rückt. Anwesende natürlich ausgenommen“, sagte er mit einem flüchtigen Seitenblick zu Don Juan de Alcazar, der eben erst zu ihnen getreten war.

      Hasard ließ die kleine Jolle zum Aussetzen klarmachen. Don Juan, der Profos, Ferris Tucker und Mac O’Higgins sollten ihn begleiten.

      Wenig später pullten sie, in spitzem Winkel zur herrschenden Strömung, der „Salvador“ entgegen. Natürlich hätte Hasard den Generalkapitän auf die Schebecke befehlen können, doch wäre Don Ricardo kaum erschienen. Im momentanen Stadium war es besser, den Spanier nicht schon solcher Kleinigkeiten wegen herauszufordern. Noch hätte eine Auseinandersetzung den Verlust des Konvois oder wenigstens der Mehrzahl der Schiffe bedeutet, weil zu viele Fluchtwege offenstanden.

      Die Jolle wurde arg gebeutelt, bis sie endlich an Steuerbord der Galeone längsseits lag. Das Wasser stand im Boot mehr als knöchelhoch, doch die nassen Füße spürte keiner, da der Regen nach wie vor wie aus Kübeln niederprasselte.

      Mit einer unwilligen Bewegung strich sich Hasard die triefenden Haare aus der Stirn, bevor er zur Kuhl der „Salvador“ aufenterte. Seine Begleiter und er wurden lediglich von den beiden Offizieren empfangen und zu den Achterdeckskammern geleitet.

      Es war zuviel erwartet, Don Ricardo höchstpersönlich an Deck zu sehen. Er zog die behagliche Geborgenheit im Trockenen der klammen Nässe auf der Haut vor. Zu seiner mürrischen, rechthaberischen Art gehörte demnach auch eine Portion Stutzertum.

      „Bei dem Wetter jagt man keinen Hund vor die Tür“, raunte Carberry gerade so laut, daß nur Hasard und Don Juan ihn verstehen konnten.

      Die Kapitänskammer war zwar nicht übermäßig geräumig, doch sie bot den insgesamt acht Personen ausreichend Platz und hatte zudem einigen Komfort, wie er auf den anderen Galeonen nicht zu finden war, angefangen von den gepolsterten Stühlen über die schweren Brokatvorhänge vor den teilweise sogar bunten, bleiverglasten Scheiben bis hin zu der mit einem Baldachin verhängten Koje.

      „Ein Lotterbett“, stellte Carberry sachlich und anerkennend zugleich fest. Natürlich befleißigte er sich einer derart flüsternden Aussprache, daß keiner, der nicht auf Tuchfühlung neben ihm stand, etwas hörte, geschweige denn sah, daß er die Lippen bewegte. Für den Profos, sonst das Donnerwetter in Person, bedeutete das eine beachtliche Leistung an Selbstbeherrschung.

      Ferris Tucker stieß ihm den Ellenbogen in die Seite.

      „Du kennst dich aus mit Lotterbetten?“

      „Ich weiß, daß das eins ist, und das genügt.“

      „Bitte, Señores, setzen Sie sich“, sagte Don Ricardo de Mauro y Avila in dem Moment.

      Leider waren Stühle nicht in ausreichender Zahl vorhanden. Aber das tat der sichtlich besser werdenden Laune des Profosen keinen Abbruch. Bevor ihn jemand hindern konnte, trat er die paar Schritte zur Seite, die ihn von Don Ricardos anheimelnder Schlafstatt trennten, und ließ sich wohlig grunzend auf die ausgebreiteten Decken sinken.

      Die Laute, die er produzierte, vermischten sich mit dem gequälten Ächzen und Knarren der hölzernen Unterkonstruktion und dem nicht minder eindrucksvollen Rascheln der Matratze. Bis zur Hüfte versank der Profos in einer Kuhle. Das Knarzen verstärkte sich aber nicht mehr, als er probeweise wippte.

      Tucker warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu, woraufhin der Profos sich über die Lippen leckte und bestätigend nickte.

      In dem Moment sprach Hasard bereits und zog damit die Aufmerksamkeit des Generalkapitäns auf sich.

      „Sie wollten eine Besprechung, Don Ricardo. Was ist von derartiger Wichtigkeit, daß es nicht noch einige Stunden Aufschub vertragen hätte?“

      Der Generalkapitän lehnte sich in seinem Sessel zurück, stützte die Ellenbogen seitlich auf und legte das Kinn auf die ineinanderverschränkten Hände. Ausgerechnet er, der aggressiv wurde, sobald ihn jemand länger anblickte, starrte den Seewolf aus dieser Haltung heraus durchdringend an.

      „Unser Kurs“, sagte er hart.

      Grelle, zuckende Helligkeit durchflutete die Kammer und zeichnete grotesk


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