ZwölfUhrTermin. Nora Adams
alle PCs sowie Softwares optimiert werden sollten.
Im Grunde hatte Marc mit seiner Music-App sowieso den Jackpot geknackt, denn die bescherte ihm Einnahmen in Millionenhöhe. Aber ein verantwortungsbewusster Geschäftsmann wusste, dass der Hype um solche Plattformen rasant abflachte, sobald ein anderer etwas Neues und Geniales auf den Markt brachte. Deshalb war es ihm ein Bedürfnis, für seine Angestellten eine gute Basis zu schaffen, die ihre Gehälter auch im Ernstfall abdeckten. Davon war aktuell noch lange keine Rede und selbst wenn der Notfall eintrat, hatte er genug auf seinen Konten, um ED eine gewisse Zeit aufrecht zu halten.
Okay, wenn er ehrlich war, ging es hier im Grunde nur darum, dass er den Hals nicht voll bekam. Kurz lachte er auf und schüttelte den Kopf über seine wirren Gedanken, die wie immer in einer strengen selbstreflektierenden Einsicht endeten.
Endlich angekommen, stieg er aus dem Auto und begab sich unverzüglich auf den Weg in die Büroräume.
»Man, Chef!« Mit einem vorwurfsvollen Blick kam Sina ihm entgegen, als er den Aufzug verließ, nahm ihm den Becher aus der Hand, seine Tasche ab und lief geradewegs voraus in sein Büro. »Was ist los mit Ihnen? Unpünktlichkeit ist für Sie ein Kündigungsgrund, wenn ich Sie erinnern darf?« Sina hatte Recht, dennoch war es jetzt nun einfach mal so und er konnte es nicht ändern.
»In welchem Raum sind sie?«
»Im Jazzraum«, antwortete sie, drückte ihm einen Stapel Unterlagen in die Hand, die er gestern schon vorbereitet hatte, und machte sich auf den Weg. Als er den Raum betrat, fiel ihm zu allererst sein Geschäftspartner – es sträubte ihn innerlich, diesen Flachwichser so zu nennen – auf, der dort saß, vor sich auf den Tisch starrte und die möglichen Neukunden ignorierte. Er musste damals nicht zurechnungsfähig gewesen sein, als er sein Unternehmen zur Hälfte an Alexander Kramer überschrieb.
Es war in der Zeit seines Start-ups, als die Firma Startschwierigkeiten hatte, ihm alles über den Kopf zu wachsen drohte und die inneren Dämonen Marc auffressen wollten. Damals war es eine gute Lösung gewesen, dass sich sein ehemaliger Kommilitone anbot, sein Partner zu werden und sich in die Firma einkaufte. Das war der Startschuss für Marc Edens Karriere. Er behielt sich den Namen des Unternehmens vor und das Stimmrecht im Streitfall. Schon schnell nach dem Zusammenschluss fragte er sich, was für ein Teufel ihn da geritten hatte, ihn mit ins Boot zu nehmen.
Die Zeit würde kommen, da verpasste er dem Nichtsnutz einen heftigen Arschtritt. Die Firma befand sich dort, wo sie jetzt stand, und zwar an der Spitze der internationalen IT-Unternehmen, weil Marc sie dorthin brachte. Marc Eden und nicht Hohlbirne Alexander Kramer. Er hatte nichts dazu beigetragen. Er delegierte vermeintlich die Arbeit im Haus, zumindest dachte er das, wenn er mal wieder stundenlang durch die Büros der Angestellten flanierte, sich überheblich auf die Tischkanten setzte und die Leute bei der Arbeit beobachtete. Letztendlich lief eh alles über Marcs Tisch. Seine Projektmanager meldeten sich ausschließlich bei ihm oder eben Sina, wenn es etwas außerhalb der regulären Meetings zu besprechen gab. Marc war stolz auf sein mittelständisches Unternehmen und würde keineswegs zulassen, dass dieser Miesepeter ihm das Geschäft ruinierte. Sollte er halt schweigsam sein, jedoch nicht am Tisch potenzieller Kunden. Idiot!
»Herzlich willkommen bei Eden Dynamics.« Bestimmt trat er auf die beiden zu und reichte ihnen die Hand. »Marc Eden«, stellte er sich vor und setzte sich an den Kopf des Tisches. »Entschuldigen Sie meine Verspätung, der Verkehr steckt manchmal voller Überraschungen.« Nickend stimmten sie zu, indes Marc eine Erleichterung durchflutete, als es merkte, dass noch nichts verloren war. Das Eis war gebrochen.
Nach fünf Stunden, einer kurzen Unterbrechung, um einen vom Caterer bereitgestellten Snack zu sich zu nehmen, verließ Marc mehr oder weniger zufrieden den Konferenzraum.
»Wir haben den Auftrag«, murmelte er Sina zu, als er auf dem Weg in sein Büro ihren Schreibtisch streifte, setzte aber gleich hinterher: »Kannst du Alexander rufen?« Auch wenn jetzt alles gut lief, so konnte es nicht weitergehen. Sein Geschäftspartner arbeitete nicht für das Unternehmen.
»Was hat er denn schon wieder angestellt?«, murmelte sie die rhetorische Frage vor sich hin und griff zum Hörer. »Hier ist Sina, Herr Eden möchte Sie gerne sprechen!«
Marc verkniff sich ein Lachen, als er sah, wie Sina die Augen rollte. Seine Sekretärin wusste genau, wer welche Leistungen für dieses Unternehmen vollbrachte. Und wenn ihr Alexander dumm kam, ertrug sie es stillschweigend. Das war kein Zeichen von Schwäche, nein. Sie respektierte ihn einfach nur nicht und nahm ihn nicht ernst. Jedem anderen würde Marc etwas erzählen, wenn einer der Angestellten gegenüber der Geschäftsführung respektlos werden würde. Denn egal welchen Krieg sie ausfochten, Marc würde das niemals nach außen zeigen. Was sie sich letztendlich dachten, lag nicht in seinem Ermessen. Sina hatte sich diesen Freifahrtsschein allerdings hart erarbeitet. Sie war mehr an Marcs Seite, als es Alexander jemals war. Sina machte Überstunden, sobald er mit dem Finger schnippte, war Beraterin in allen Lebenslagen und diente oftmals als eine Art Schutzpanzer, sortierte Anfragen jeglicher Art nach Wichtigkeit aus und reichte nur an Marc weiter, was Priorität hatte. Sie wusste über seinen Frust detailliert Bescheid, nicht selten half sie Marc, etwas auszubügeln, was Alexander verbockt hatte.
»Was willst du?« Alexander kam kurz darauf in sein Büro geplatzt, setzte sich vor Marcs Schreibtisch und sah ihn mit dem Fuß wippend an, als hätte er keine Zeit.
»Wir sollten uns über deine Zukunft in diesem Unternehmen unterhalten«, begann er, räumte ein paar Unterlagen zur Seite und betrachtete ihn mit ernster Miene.
»Ich wüsste nicht, was es da zu besprechen gibt. Ich bin dein Partner und das wird auch so bleiben.«
»Alexander, mach dir nichts vor. Du bist für das Unternehmen eine Last, denn sind wir mal ehrlich, welche Kunden hast du uns gebracht? Was trägst du im Geschäftsalltag bei? Wann kann ich mich nur einmal auf dich verlassen?«
»Hey«, sprang Alexander auf und stützte sich drohend auf der Tischplatte ab. »Wer ist eben zu spät gekommen, werter Herr Eden?« Seine Stimme triefte vor Sarkasmus. »Das warst du, nicht ich. Merkst du noch was?«
»Merkst du noch was?«, wiederholte Marc zornig und baute sich ebenfalls in einer drohenden Haltung vor diesem Idioten auf. »Du fragst mich allen Ernstes, ob ich noch etwas merke, nachdem ich uns einen Deal mit einer geschätzten monatlichen Marge im fünfstelligen Bereich eingehandelt habe? Du hast dazu genau was beigetragen? Verzeih mir, wenn ich so stutzig