ZwölfUhrTermin. Nora Adams

ZwölfUhrTermin - Nora Adams


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vier vor­wurfs­vol­le Bli­cke. Nein, fünf, wenn man Nan­cy mit­zähl­te. »Sor­ry!«, mur­mel­te er und nahm ei­nen kräf­ti­gen Schluck von dem Whis­key, den er so­eben ser­viert be­kom­men hat­te. Sei­ne Jungs wuss­ten, dass sie fick­ten, da muss­te sie nicht so ein Af­fent­hea­ter ab­hal­ten und sich fast das Ge­nick aus­ren­ken, nur um ihm ins Ohr zu flüs­tern, und außer­dem soll­te er das Gan­ze eh be­en­den, da sie ei­ne für ihn wich­ti­ge Gren­ze über­schrit­ten hat­te.

      »Was war das denn? Sonst treibt ihr es doch immer wie die Ramm­ler, egal wann und wo«, brach­te Finn es oh­ne gro­ße Um­schwei­fe auf den Punkt und er­hielt sog­leich ni­cken­de Be­stä­ti­gung von Vin­ce, Tom und Björn, die eben­falls mit am Tisch sa­ßen.

      Marc und Nan­cy trie­ben es tat­säch­lich oft und ja, er muss­te zu­ge­ben, es kam schon mal vor, dass sie es im Per­so­nal­raum mach­ten oder eben in der Kü­che, die so­wie­so nie be­nutzt wur­de. Das Hells Bells, die Stamm­knei­pe der Jungs, bot ih­nen so ei­ni­ge Ecken, in de­nen man un­ge­stört schnell ab­sprit­zen konn­te. Mehr als das war es nicht. Nan­cy hat­te ei­nen Or­gas­mus, Marcs Ei­er waren leer, das Ver­gnü­gen war beid­sei­tig er­folgt, al­so ging je­der wie­der sei­ner We­ge.

      »Dass ich das noch er­le­ben darf«, mur­mel­te Björn.

      »Ach, komm. Selbst ein trieb­ge­steu­er­ter Marc braucht ir­gend­wann mal ei­ne Ver­schnauf­pau­se«, warf Vin­ce ver­tei­di­gend ein, was die Meu­te zum Auf­la­chen und ihm ein Lä­cheln auf die Lip­pen brach­te.

      »Was ist los?«, frag­te Finn, der ihn von sei­nen Jungs am ehe­sten zu durch­schau­en schien. Nicht nur dort, im Hells Bells am Tisch, son­dern in allen Lebens­lagen war er stets der rich­ti­ge An­sprech­part­ner und stand ihm auf ei­ne ganz be­son­de­re Art und Wei­se zur Sei­te. Er schwieg, wenn es an­ge­bracht war und er brach­te ihn zum Re­den, so­fern es nö­tig war. Wie auch immer, er hat­te ein gu­tes Händ­chen für Marc.

      »Ich weiß nicht, wie ich Ale­xan­der aus der Fir­ma ki­cken soll. Er scha­det mir und dem Un­ter­neh­men, was ich fak­tisch na­tür­lich nicht nach­wei­sen kann, da er dies­be­züg­lich wirk­lich mal sei­ne drei Ge­hirn­zel­len an­strengt und die Schnei­se der Ver­wü­stung oh­ne gro­ße Be­wei­se hin­ter­lässt. Heu­te hat er es echt über­trie­ben, das ist nicht mehr trag­bar.«

      »Er war schon immer ein Voll­trot­tel«, be­merk­te Tom ne­ben­bei. »Du hät­test es da­mals oh­ne sei­ne Hil­fe ge­schafft!«

      »Tja, das weiß ich heu­te, nur bringt mich das mei­nem ak­tu­el­len Ziel kei­nen Schritt nä­her.« Ge­dan­ken­ver­lo­ren nahm er ei­nen wei­te­ren Schluck von der gol­de­nen Flüs­sig­keit, die ihm ein an­ge­neh­mes Bren­nen im Hals be­scher­te.

      »Hast du mit dei­nen An­wäl­ten ge­spro­chen?«, woll­te Finn wis­sen, wäh­rend er sei­nen Freund mit ern­ster Mie­ne mus­ter­te.

      »Ber­ger ist im Ur­laub und da ich nichts akut Hand­fes­tes vor­zu­wei­sen ha­be, bleibt er auch dort.«

      »Du kriegst das hin, Al­ter. Es fin­det sich ei­ne Lö­sung«, warf Tom ein.

      »Hof­fen wir es!« Wenn Marc nach außen auch immer der Taf­fe war, kei­ne Schwäche zeig­te und un­nah­bar wirk­te, wie man ihm nach­sag­te, so waren es ge­nau die Men­schen an die­sem Tisch de­nen er un­ein­ge­schränkt ver­trau­te und die sei­ne an­de­re Sei­te kann­ten. Er konn­te nicht zu­gu­cken, wie sein Ba­by, wie er ED lie­be­voll nann­te, den Bach her­un­ter ging und zu ei­ner von vielen Fir­men mu­tier­te. Das wür­de ihn zers­tö­ren.

      »Und was ist mit Nan­cy?«, hin­ter­frag­te Björn, der so­mit alle Auf­merk­sam­keit wie­der auf Marc lenk­te.

      »Was soll mit ihr sein? Ich mag nicht, wenn sie klam­mert. Neu­lich stand sie abends vor mei­ner Tür, das müsst ihr euch mal vor­stel­len. Fi­cken, ja. Be­zie­hung, nein. Das waren die Rah­men­be­din­gun­gen und so ma­chen wir es seit Mo­na­ten. So gut kann sie gar nicht sein, dass ich ihr Ein­tritt in mein Pri­vat­le­ben ge­wäh­re. Außer­dem hab ich der­zeit an­de­re Sa­chen im Kopf.«

      »Gut zu wis­sen«, blaff­te plötz­lich ei­ne grel­le Stim­me hin­ter ihm. Das voll­ge­stell­te Ta­blett wur­de et­was zu schwung­haft auf den Tisch ge­scho­ben, so­dass die Glä­ser leicht über­lie­fen und ei­ne stink­wü­ten­de Be­die­nung da­von­lief.

       Na, su­per, Marc! Gra­tu­la­tion.

      »Heu­te hab ich lei­der kei­nen Nerv, um mich mit so ei­nem Kin­der­gar­ten zu be­fas­sen.« Er warf ei­nen Fünf­zi­ge­uro­schein auf den Tisch, sah ein­mal in die ver­wun­der­ten Augen sei­ner Kum­pels, ver­ließ die Bar und fuhr auf di­rek­tem Weg nach Hau­se.

      Ge­ra­de hat­te er es sich auf der Couch ge­müt­lich ge­macht, die Bei­ne auf dem Tisch ab­ge­stellt und das Bier, wel­ches er sich zu­vor aus dem Kühl­schrank ge­nom­men hat­te, an­ge­setzt, als sein Smart­pho­ne ei­ne What­sApp Nach­richt an­kün­dig­te.

      Finn: Soll ich dir viel­leicht ei­nen bla­sen, Ho­ney?

      Marc: Mas­sierst du mir da­bei die Ei­er?

      Finn: Mal gu­cken … Quatsch, soll ich vor­bei­kom­men?

      So war Finn – her­zens­gut und selbst in sol­chen Si­tua­tio­nen brach­te er ihn zum Lä­cheln. Wenn er das auch zu schät­zen wuss­te, stand ihm der Kopf ge­ra­de nicht nach Be­such. Er wür­de sich gleich ins Bett le­gen und ver­su­chen, ei­ne Müt­ze Schlaf ab­zu­be­kom­men.

      Marc: Mach dir kei­ne Sor­gen, ich bin nur ge­stresst, das wird mor­gen bes­ser sein.

      Finn: Du weißt, wo ich woh­ne. Bis dann, Al­ter.

      Ein klein we­nig Wär­me, ver­ur­sacht durch den Rück­halt, den er durch Finn und die Jungs er­fah­ren durf­te, leg­te sich schüt­zend um sein Herz. Dass die Tür sei­nes Seelen­ver­wand­ten für ihn of­fen­stand, war ihm be­wusst, oh­ne dass Finn ihm das sa­gen muss­te. Das galt auch für die an­de­ren, den­noch war es un­er­klär­li­cher­wei­se meis­tens Finn, zu dem es ihn hin­zog, wenn es ihm schlecht ging. Marc wuss­te, dass er ein Spaß­vogel war und als die­sen ge­mocht wur­de. Aber es gab tief in sei­nem in­ne­ren ei­ne Wun­de, die immer wie­der auf­riss und ihn über­for­dert und schmerz­er­füllt zurück­ließ. In die­sen Mo­men­ten war er ein­fach froh, die Jungs zu ha­ben. Schnell schob er den Ge­dan­ken bei­sei­te, denn heu­te hat­te er ge­nug un­ge­lös­te Rät­sel im Kopf, so­dass er sich nicht mit sei­nen Dä­mo­nen aus­ein­an­der­set­zen konn­te.

      Ale­xan­der muss­te raus, das hat­te Prio! Viel­leicht hat­te Ber­ger tat­säch­lich ei­nen ent­schei­den­den Hin­weis pa­rat, so­dass das Gan­ze end­lich ins Rol­len kam.

      Er nahm den letz­ten Schluck aus der Fla­sche, stell­te die­se in die Kü­che und ging auf di­rek­tem Weg ins Bad. Acht­los warf er sei­ne Kla­mot­ten ne­ben den Wä­sche­korb und dreh­te schon mal das Was­ser der Du­sche an. Zwi­schen­zeit­lich stell­te er sich vor den Spiegel, ent­fern­te den Haar­gum­mi, und putz­te sich die Zäh­ne, wäh­rend das pras­seln­de Ge­räusch des Was­sers wie immer ei­ne be­ru­hi­gen­de Wir­kung auf ihn hat­te.

      Frisch ge­duscht, lag Marc nur Mi­nu­ten spä­ter in sei­nem Bett, schal­te­te den Bild­schirm ne­ben ihm ein, ak­ti­vier­te den Ti­mer und stre­am­te über Net­flix ei­ne ame­ri­ka­ni­sche La­wy­er-Se­rie, die er ganz un­ter­halt­sam fand und ihm beim Ein­schla­fen half, weil


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