Von den Viken erobert. Grace Goodwin

Von den Viken erobert - Grace Goodwin


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ihren Plan erzählt hätte, dann hätte ich sofort mitgemacht. Wir hätten zusammen hingehen, uns testen lassen und gemeinsam zum neuen Planeten aufbrechen können. Eine Doppelhochzeit. Unsere heißen Alien-Männer hätten sich die Hände schütteln und sich mit der Tatsache abfinden können, dass wir nur im Doppelpack zu haben waren. Zwei für eine. Unzertrennlich.

      Nur war es nicht so gelaufen. Sie hatte sich ohne mich davongemacht.

      Vom Freund sitzengelassen zu werden war kein Vergleich zum Verrat durch meine rücksichtslose, impulsive, verantwortungslose Schwester. Meine Aufgabe war es auf sie aufzupassen und sicher zu stellen, dass sie sich keinen Ärger einhandelte. Ich war nur ein paar Minuten älter, aber meistens kam es mir vor wie ein paar Jahre.

      Heute fühlte es sich an wie zwanzig.

      Mindys Coup war vernichtend und selbst jetzt musste ich angesichts dieser bitteren Zurückweisung die Tränen unterdrücken. Es war schlimmer als jede gefloppte Beziehung. Schlimmer, als unsere Eltern uns vor dem Haus unseres Cousins abgeliefert hatten und nie mehr zurückgekommen waren. Schlimmer als die Absage vom College meiner Träume. Schlimmer sogar als Mindy sich geweigert hatte sich bei einem College zu bewerben und stattdessen entschlossen hatte Zahnarzthelferin zu werden.

      Ich hasste Zähne. Hasste den Zahnarzt. Ich wollte Architektin werden, aber wegen meinem dürftigen Notendurchschnitt und meiner sehr durchschnittlichen Punktezahl bei der Aufnahmeprüfung hatten sich die großen Universitäten nicht gerade darum gerissen mich mit Stipendien zu überhäufen. Als Mindy sich geweigert hatte, überhaupt irgendeine Bewerbung zu verschicken, hatte ich mich mit dem Unvermeidbaren abgefunden und war zur Berufsschule gegangen. Jetzt machte ich technische Zeichnungen für eine Gruppe fünfzigjähriger, bierbäuchiger Männer, deren übellaunige Ehefrauen und pubertierende Kinder mich bei ihren Bürobesuchen wie eine Bedienstete oder ihr Liefermädchen behandelten.

      Mindys Fortgang war für mich wie der Tod. Ein Teil von mir lag im Sterben und es tat so verdammt weh, dass ich kaum noch klar denken konnte. Der andere Teil von mir war so unglaublich wütend, dass ich auf sie einprügeln wollte, sobald ich sie auf Trion wiedersehen würde. Ich wollte sie anschreien. Ihr eine Ohrfeige verpassen und eine Erklärung verlangen. Hasste sie mich wirklich so sehr?

      Mein unbekannter Alien-Mann würde sich damit abfinden müssen, dass die Suche nach meiner Schwester für mich oberste Priorität hatte. Sobald ich mich vergewissert hätte, dass es ihr gut ging und nachdem ich sie erschlagen hätte, könnten wir zur Sache kommen. Dann würde ich den heißen Traum Realität werden lassen und mit einem sexy Alien-Feger ein paar—hoffentlich—atemberaubende Orgasmen bekommen.

      Ich war nicht gewalttätig. Noch nie. Ich hatte nie jemanden geschlagen, war nie in eine Prügelei verwickelt. Das war Mindys Spezialgebiet. Ich war die Ruhige. Die Verantwortungsbewusste. Die Selbstbeherrschte. Diejenige, die immer zwei oder drei oder zehn Schritte im Voraus dachte. Sie brachte uns in Schwierigkeiten und ich holte uns wieder heraus.

      Diesmal aber fürchtete ich, dass ich sie nicht wieder rausreißen konnte. Ich fürchtete, dass ich sie für immer verloren hatte. Ich hatte einfach nur Angst.

      Ich wollte nicht allein bleiben. Vollkommen allein. Ich war noch nie allein gewesen. Meine Schwester hatte mich immer gebraucht. Immer. Und jetzt? Jetzt fühlte ich mich nutzlos. Ich war verloren.

      Und natürlich hatte sie mir die Nachricht während meines wöchentlichen Meetings gesendet, sodass ich sie unmöglich aufhalten konnte. Jetzt ließ ich mich selber testen, genau acht Wochen und zwei Tage nach Mindy. Und ich hatte Riesenschiss. Nachdem ich mich endlich entschlossen hatte, war ich ins Auto gesprungen und losgefahren. Es war eines der wenigen wirklich verantwortungslosen Dinge, die ich je getan hatte. Ich hatte weder meine Wohnung gekündigt und meine Sachen verkauft noch meinen Handyvertrag stillgelegt.

      Sollten sie sich doch nach meiner Abreise selber damit herumschlagen. Ich wollte weg hier, meine Schwester wiedersehen.

      Ich durfte jetzt nicht zu viel darüber nachdenken—oder auch nur etwas mehr, als ich sowieso schon tat—, denn dann würde sich mein Entschluss zu endgültig und beängstigend anfühlen und ich würde wohl die Nerven verlieren.

      Bald würde ich auf Trion sein, jetzt, da ich das Match akzeptiert hatte. Ich würde sie aufspüren und ihr einen wohl verdienten Arschtritt verpassen. Oder sie eigenhändig umbringen—und sie dann umarmen, um sicher zu gehen, dass wir wirklich wieder vereint waren. Nicht, dass unsere Eltern uns je in die Arme genommen oder sich irgendwie für uns verantwortlich gefühlt hätten. Wir mussten gegenseitig auf uns aufpassen, und zwar schon immer.

      “Sehr gut.” Die Aufseherin klang zufrieden, wischte mit dem Finger über ihr kleines Tablet und redete weiter, “Nicht immer sind die Bräute so entschlossen wie sie. Besonders die Frauen im Knast melden sich nicht besonders gern als Freiwillige.”

      “Also ich bin keine Verbrecherin, aber definitiv bereit. Meine Schwester ist bereits verpartnert worden.”

      Sie blickte kurz auf. “Wie schön.” Ihrem Tonfall nach war diese Tatsache vollkommen irrelevant. Als ob. “Wir müssen noch ein paar Standardfragen durchgehen, bevor ich Sie für den Transport vorbereiten kann.”

      “Legen Sie los,” entgegnete ich. Je schneller, desto besser.

      “Sagen Sie mir ihren Namen.”

      “Violet Nichols.”

      “Sind Sie rechtskräftig verheiratet?”

      Aber klar doch. “Nein.”

      “Haben Sie biologische oder adoptierte Kinder?”

      “Soll das heißen es gibt Frauen, die ihre Kinder zurücklassen?” fragte ich, ohne die Frage zu beantworten.

      “Das wird durch diese Frage ausgeschlossen,” erklärte sie, obwohl so etwas bestimmt schon mal vorgekommen sein musste.

      “Nein. Keine Kinder.”

      “Stimmen Sie dem Match aus freien Stücken zu?”

      Ich nickte. “Ja, tue ich. Wo muss ich unterschreiben?”

      “Wir benötigen nur ihr mündliches Einverständnis, Violet, denn alles wird aufgezeichnet und archiviert. Vielen Dank.”

      Dass sie meinen schlüpfrigen Traum aufzeichneten, sagte mir nicht besonders zu, aber die Aufseherin hatte mir versichert, dass ich nicht die einzige Frau war, die vollkommen aufgegeilt und irritiert aus dem Testtraum aufgewacht war. Ich war nur ein weiteres Gesicht für sie. Ein weiterer Test, ein weiterer Transport. Und bald würde ich auf Trion sein. Die Erde und dieses Testzentrum lägen dann sehr weit hinter mir.

      “Toll.” Meine nackten Füße wippten auf dem harten Stuhl auf und ab, ich war plötzlich ganz euphorisch. Vielleicht war es der heiße Orgasmus aus meinem Traum, der mich so anspornte. Ich würde meine Schwester zurückbekommen und meinen neuen, rattenscharfen Alien-Partner treffen.

      “Wunderbar. Das war die letzte erforderliche Frage.” Sie trat zurück und in der Wand tat sich ein Spalt mit einem hellblauen Licht auf. Der Spalt öffnete sich zu einer Art Kammer und der Stuhl bewegte sich seitwärts und genau darauf zu. Heilige Scheiße. Ich war unterwegs nach Trion. Jetzt. Sofort.

      Ich schloss die Augen, bis ich genau hinterm Ohr einen Piekser spürte. Ich schrie kurz auf, aber Aufseherin Egara beruhigte mich umgehend. “Violet, das ist die neurale Prozessionseinheit, damit sie ihre Sprache verstehen. Kein Grund zur Sorge.”

      Ich atmete tief aus und entspannte die Schultern. Das hier war echt. Ich war unterwegs zu Mindy. “Schicken sie mich einfach nach Trion und alles ist bestens.”

      Sie blickte verwundert. “Trion?”

      Ich wollte meine Handgelenke reiben, obwohl sie nicht weh taten. Ich wollte herumfuchteln, mir das Haar hinters Ohr klemmen, auf dem harten Pseudo-Zahnarztstuhl hin und her rutschen. Dieser Stich hinters Ohr war im Vergleich zu einer Novokain-Spritze ein Klacks. Bisher war es hier sehr viel angenehmer als beim Zahnarzt. Nichts als Träume mit sexy Männern. “Ja, Trion. Dort, wo ich hingesendet werde.”

      Die


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