Und ich gab ihm mein Versprechen. Rainer Stoerring

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immer die Menschen, die es nicht verdient haben. Was sollen wir denn noch alles ertragen? Warum?«

      »Mutter, es ist so. Die Frage nach dem Warum wirst du nicht beantwortet bekommen. Wer sollte sie dir beantworten? Fakt ist, der Vater hat Krebs. Wollen wir jetzt den Fragen nach dem Wieso, Weshalb oder Warum nachgehen, verschwenden wir Zeit. Wichtige Zeit, die wir besser in das investieren, was vor uns liegt.«

      »Das sagst du so einfach. Dein Vater hat noch nie etwas Schlimmes gemacht. Zu keinem anderen Menschen war er jemals böse. Er war immer ein guter Mensch. Als Dank dafür, wird er nun mit so etwas bestraft. Die haben sich bestimmt wieder geirrt. Hätte es nicht einen anderen treffen können?«

      »Zum einen sage ich das nicht einfach so. Zum anderen bist du momentan unfair. Wieso hätte es einen anderen treffen können? Auch ein anderer ist ein Mensch. Die Frage nach einem eventuellen Irrtum der Diagnose haben wir beantwortet. Wie oft soll dein Mann denn noch die Bestätigung bekommen, dass er Krebs hat? Meinst du damit können wir die Tatsache ungeschehen machen?«

      Vorwurfsvoll traf mich der Blick meiner Mutter.

      Der Mensch. Wie oft befinden wir uns in dem Moment der Hilflosigkeit. Wir werden mit einer für uns unschönen Tatsache konfrontiert. Zack, sie tritt in unser Leben. Völlig unvorbereitet stehen wir ihr gegenüber. Der Mensch zieht Bilanz. Wie leicht ist darin Ungerechtigkeit das Maß aller Dinge. Wir verbuchen nach verdient und unverdient. Unser Blick für die Realität verschleiert sich. Alles, womit wir nichts anfangen können und wollen, verteilen wir. Wir wollen sicher sein, dass es nicht wieder zurückkommen wird. Wir geben dem Ziel keinen eigenen Namen, doch personifizieren wir es. Damit trennen wir die Zuständigkeit von uns ab. Mit allem, womit wir nichts zu tun haben, betrifft uns nicht. Wie einfach können wir uns von dem Ungewollten trennen.

      Dass mein Vater Krebs hat war schon nach dem ersten Befund nicht mehr zu leugnen. Keine umstrittenen Untersuchungen haben die Vermutung aufgebracht, dass es Krebs sein könnte. Klar wurde das Karzinom gesehen. Klar war die Tatsache, dass es sich um Krebs handelt. Mein Vater wollte eine Bestätigung dessen. Er hatte sie bekommen. Für ihn war ab diesem Moment der erhoffte Irrtum ausgeschlossen. Meine Mutter wollte die Hoffnung auf einen, für sie, angenehmeren Ausgang nicht aufgeben. Fakten hatte sie keine, um dies zu unterlegen. Also ergab sie sich der Hilflosigkeit. Sie verteilte die Krankheit meines Vaters einfach an andere. Natürlich hätte sie nie einem bestimmten anderen Menschen diese Krankheit gewünscht. Doch wie einfach konnte sie damit die schlimme Problematik von sich abwenden.

      Nach ein paar Tagen konnte mein Vater die Klinik verlassen. In einem Gespräch mit Christiane B. klärten wir das weitere Vorgehen. Als nächstes war ein Termin zur Vorbesprechung der anstehenden Therapie erforderlich. Diesen vereinbarte ich für zwei Tage später. Am Tag der Vorbesprechung fühlte sich mein Vater nicht besonders gut. Er schien tief in seinen Gedanken. Ohne weiter darauf einzugehen stiegen wir ins Auto. Kaum hatten wir den Parkplatz verlassen eröffnete mein Vater das Gespräch. Ich verspürte schon die letzten Tage, dass er mit mir über etwas reden möchte, was nichts mit den Vorbereitungen auf den anstehenden Termin zu tun hatte.

      »Weißt du, ich kann es immer noch nicht richtig glauben. Wir zwei sitzen hier im Auto und fahren zusammen zu diesem Termin. Mein Vorgespräch zur Krebsbehandlung. Wie schon die ganze letzte Zeit bist du bei mir. Keine Minute bist du von meiner Seite gewichen. Völlig offen hast du alles aufgenommen. Nichts hat dich aus der Ruhe gebracht. Woher hast du nur diese Kraft?«

      »Papa, du fragst nach meiner Kraft. Ich kenne da zwei Menschen. Diese haben mir viel, sehr viel, von dem gegeben, über was sie selbst verfügen. Ohne auch nur einmal darüber nachzudenken, ob sie selbst etwas einbüssen, waren sie immer für mich da. Manchen Weg hatten sie für mich geebnet. Sie sorgten immer dafür, dass es mir an nichts mangeln musste. Ich konnte in Geborgenheit erwachsen werden, die mir viel Platz für mich selbst ließ. Weder du noch die Mutter habt je etwas dafür von mir verlangt. Im letzten Jahr hatte ich viel Zeit über mich und mein Leben nachzudenken. Vieles meines bisherigen Lebens habe ich hinterfragt. Nicht immer war ich voll und ganz zufrieden mit dem, was ich in meiner Erinnerung fand. Auf den einen oder anderen Fehler bin ich gestoßen. Gute, schöne und angenehme Zeiten habe ich erleben können. Auch schlechte, anstrengende und traurige Zeiten habe ich reflektiert. Insgesamt bin ich aber immer wieder auf eines gekommen. Ohne die Vorbereitung auf das Leben, welche ich hatte, wäre ich nie so weit gekommen wie ich heute bin. Ohne den sicheren Halt im Hintergrund wäre manches ganz anders gelaufen. Mir ist klar geworden, wem ich dies zu verdanken habe. Ihr beide habt mir alles gegeben, was nötig war, um das zu erreichen. In diesen letzten zwölf Monaten habe ich abgeschaltet, ausgeruht, Abstand gefunden und Kraft, viel Kraft gesammelt. Mein Schicksal hat es gut mit mir gemeint. Ich fragte oft, wofür ich dies verdient habe. Als bei dir Krebs befunden wurde, wusste ich den Grund. Nun ist es für mich an der Zeit, etwas zurückzugeben. Ich habe die wohl einmalige Möglichkeit dir und Mutter Danke zu sagen. Danke, für all das, was ihr mir bis heute gegeben habt. Ich habe nicht nur die Chance es in Worten auszudrücken. Ich kann es aktiv zeigen. Du weißt, ich bin ein Mensch der Tat. Ich verbinde meine Worte mit Handlungen. Genau damit kann ich mit dem, was ich mitteilen will, den anderen auch erreichen. Egal, ob mein Gegenüber die gesagten Worte hört, sie in meinen Handlungen sieht oder empfindet, meine Mitteilung kommt an.«

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