QUARANTÄNE (The Death 1). John W. Vance

QUARANTÄNE (The Death 1) - John W. Vance


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die vorgegeben worden waren, verständnisvoll hingenommen, die meisten aber nicht; doch deren Beschwerden waren verpufft, denn Regierung und Militär hatten den Bereich vollständig und ausnahmslos abgeriegelt. Binnen 24 Stunden, nachdem die Armee dort aufgetaucht war, hatte Cassidy ihre Zahl auf Tausende geschätzt. Der Luftraum wurde für den Flugverkehr gesperrt, und das Gelände rings um das Loch war bedeckt mit großen, weißen Kuppeln, die Zelten glichen. Kurz nach der Übernahme durch die Behörden war ihr Team aufgelöst und jedes Mitglied gesondert unter Quarantäne gestellt worden. Cassidy hatte sich gewehrt, sich den gestellten Forderungen aber nach mehreren einsamen Tagen voller langwieriger Verhöre durch Männer und Frauen in Ganzkörper-Schutzanzügen gefügt und eine Spritze geben lassen, um die Regeln ihrer Zwangsisolation einzuhalten.

       Die Maschine zitterte im Gegenwind, weshalb Cassidy ihre Armlehne abermals packte. Schweißperlen traten auf ihre Stirn. Sie streckte eine Hand nach oben aus und schaltete die Lüftung ein. Der kühle Strom, der ihr ins Gesicht wehte, tat gut, und sie entspannte sich ein wenig. Ihr erbittertes Klammern und panisches Verhalten bei jeder Bewegung des Flugzeugs fiel einem Mann auf, der in ihrer Reihe am Gang saß.

       »Hier, die können Sie auch benutzen.«

       Als sie die Augen öffnete, langte er gerade nach oben an die Lüftung über dem unbesetzten Platz in der Mitte. Er schaltete sie ein und drehte sie in Cassidys Richtung.

       »Oh, vielen Dank. Ist heiß hier drin, nicht wahr?«, fragte sie, während sich ihr ein Gefühl von Scham aufdrängte.

       »Sie sind keine begeisterte Fliegerin?«

       »Äh, nein, eigentlich nicht.«

       »Was ich dabei am schlimmsten finde, ist das Gefühl, keine Kontrolle zu haben«, gestand er selbst.

       »Ha, bei mir ist es die Angst vorm Abstürzen«, scherzte sie, sodass ein Lächeln ihre gebräunte Haut in Falten legte. Sie strich sich eine Strähne ihres glatten, braunen Haars hinters Ohr und ließ sich noch tiefer in den Sitz sacken.

       »Darf ich fragen, wohin Ihre Reise geht?«, fuhr er fort.

       »Nach Hause, und Sie?«

       »Von dort komme ich gerade; ich fliege nach London«, erzählte er. »Zum ersten Mal.«

       »London? Das ist schön. Ich bin zwar noch nie dort gewesen, würde es aber sehr gerne eines Tages sehen.«

       »Was sind Sie von Beruf?«, fragte er weiter.

       »Astrobiologin.«

       »Verzeihung, was ist das?« Er neigte sich ihr zu, weil er wirklich neugierig zu sein schien.

       Sie sah ihn an. Er kam ihr attraktiv vor mit seinem kurzen, braunen Haar, das an den rasierten Seiten grau meliert war, und den stechend blauen Augen. Der Kontrast zwischen dunklem Haar und hellen Augen gefiel ihr generell sehr gut. Er war einer der Gründe dafür, dass sie sich zu ihrem langjährigen Freund Devin hingezogen fühlte. Cassidy erging sich zwar ungern in bemühten Unterhaltungen, zu denen sich viele auf Flügen hinreißen ließen, und versuchte stets, sie zu vermeiden, indem sie Kopfhörer aufsetzte oder so tat, als schlafe sie, doch dieser Mann hatte sie kalt erwischt, wofür sie dankbar war. Seine Aufmerksamkeit wirkte beruhigend, und das brauchte sie.

       »Ich erforsche die Ursprünge, Entwicklung, Verbreitung und Zukunft des Lebens im Universum«, zählte sie auf, ein Abspulen erschöpfend einstudierter Antworten auf stets gleiche Fragen, die man ihr schon unzählige Male gestellt hatte.

       »Wow, Leben im Universum, so wie E.T.?« Er grinste.

       »Wie E.T., genau.«

       »Entschuldigung, das kam jetzt hoffentlich nicht falsch rüber. Ich meinte nicht …«

       »Keine Bange«, beschwichtigte sie. Sie sah alles ein wenig verschwommen und spürte, dass sich ein weiterer kräftiger Hitzeschub anbahnte. Ihre Stirn wurde noch feuchter, und sie fühlte sogar, dass ihre Hände schmierig waren.

       »Geht es Ihnen gut?«, hakte er nach.

       Sie antwortete nicht sofort, sondern blinzelte, um wieder klar sehen zu können. Übelkeit drohte, sie zu überwältigen, wofür sie keine Erklärung fand, und dies machte ihre Beklommenheit umso schlimmer.

       »Sicher, mir geht es gut, ich bin bloß … sehr müde«, erklärte sie schließlich. »Ich habe gelinde ausgedrückt eine lange Woche hinter mir.« Sie sprach in lang gezogenen Worten.

       »Sie sehen blass aus.«

       »Ist wirklich nichts weiter, tut mir leid, aber ich denke, ich ruhe mich besser ein wenig aus.« Sie rieb sich ihre rechte Schulter, bevor sie den kurzen Ärmel hochschob und energisch kratzte.

       »Autsch, das sieht aus, als würde es wehtun«, bemerkte er.

       »Was?« Als sie auf ihren Oberarm schaute, reagierte sie erstaunt angesichts des Flecks an der Stelle, in die man nur 24 Stunden zuvor injiziert hatte.

       »Sind Sie sicher, dass es Ihnen gut geht?«, beharrte er.

       »Absolut, aber ich bin eben müde.«

       »Okay, dann gönnen Sie sich etwas Ruhe.«

       »Eigentlich müsste ich auf die Toilette? Sind Sie so nett …«

       »Kein Problem«, entgegnete er und stand auf.

       Als sie sich erhob, fühlte sie sich schwach und bekam ein leichtes Schwindelgefühl. Er sah dies und kam ihr sofort zur Hilfe, indem er ihren Arm festhielt und ihr heraushalf.

       Cassidy hatte weiche Knie. Bevor sie auf den Gang trat, hielt sie inne und schaute ihn an. »Wie sehe ich aus?«, wollte sie wissen.

       »Nicht gut. Soll ich die Flugbegleitung rufen?«

       Sie machte einen weiteren Schritt, da überkam die Schwäche sie, und er musste sie auffangen.

       Während er sie sicher festhielt, spürte er die Hitze und den Schweiß durch ihre Kleidung. Er half ihr zurück auf ihren Platz und umschloss dann ihre Hand. Während er ihr in die Augen schaute – sie waren innerhalb weniger Momente stark gerötet – überlegte er, ob sie unter gewöhnlicher Flugkrankheit oder etwas Ernsterem litt. Sobald er sich vergewissert hatte, dass sie bequem saß, drückte er auf die Personalruftaste.

       »Devin, bitte geben Sie Devin Bescheid«, murmelte sie.

       Er beugte sich nach vorne und fragte: »Was sagten Sie?«

       »Devin, bitte verständigen Sie ihn.«

       »Okay, ich rufe ihn an«, versicherte er, obwohl er weder wusste, wer Devin war, noch wie er ihn erreichen sollte.

       Sie schloss die Augen. Ihre Atemfrequenz hatte sich analog zu ihrem Pulsschlag beschleunigt. Ihre Gedanken waren verworren, und ihr Körper strahlte intensive Wärme ab.

       Eine Stewardess kam und erkundigte sich: »Wie kann ich Ihnen helfen?«

       »Ihr geht es nicht gut, es scheint sie richtig erwischt zu haben«, gab der Mann an und zeigte auf Cassidy.

       »Was fehlt ihr denn?«

       »Ich weiß es nicht. Vor zehn Minuten wirkte sie noch kerngesund, und jetzt das.«

       Die Flugbegleiterin richtete sich an sie: »Ma’am, verstehen Sie mich?«

       Cassidy hörte die Stimme, doch diese klang dumpf, als sei sie weit weg oder unter Wasser. Sie wollte antworten, war aber mittlerweile derart erschöpft, dass sie nicht einmal genügend Kraft aufwenden konnte, um zu sprechen.

       »Ma’am, ist alles in Ordnung mit Ihnen?« Die Stewardess zwängte sich zwischen die Sitze, um einen genaueren Blick auf Cassidy zu werfen. Als sie eine Hand auf ihren Arm legte, fühlte sie das Fieber, welches in ihrem Körper wütete. Dann schaute sie den Mann an und fragte: »Kennen Sie sie?«

       »Nein, es ist keine Viertelstunde her, dass wir miteinander ins Gespräch kamen. Ich weiß nicht einmal, wie sie heißt.« Er zuckte mit den Schultern.

       Eine zweite Stewardess kam herbei. »Margaret, ist alles okay hier?«

       »Nein, besorgst du mir eine Decke und ein Kissen, bitte?«

       Die Frau tat es sofort.

      


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