Lord Nelsons letzte Liebe. Heinrich Vollrat Schumacher
Ein Nachkomme der Cortez und Pizarro fragt, wofür er sich entscheiden soll, für die Taktik der Memmen oder für die Taktik der Männer! Wenn du Nelson schreibst, Emma, so sage ihm, daß er diese Spanier richtig erkannt hat. Weiber sind sie. Wer sie packt, dem ergeben sie sich!“
Auch von Cordovas Bericht schickte Emma eine Abschrift nach London. Diesmal jedoch nicht an das Auswärtige Amt. Hatte Nelson nicht geklagt, daß ihm die Lords der Admiralität feindlich gesinnt seien? So sandte sie das Blatt, ohne sich zu nennen, an den Sohn des Königs, Prinz Wilhelm, Herzog von Clarence, der als junger Midshipman bei Nelson den Seemannsdienst erlernt hatte ...
***
Anfang April schrieb Nelson; zum ersten Male seit langer Zeit wieder ausführlich.
Die Schlacht selbst erwähnte er kaum. Sie lag nun schon zwei Monate zurück. Aber der Folgen gedachte er. Der kühle Sir John Jervis hatte ihn umarmt, ihm vor allen Offizieren für seine heldenmütige Aufopferung gedankt. Unter vier Augen aber hatte er zu verstehen gegeben, daß er ihn in seinem Berichte an die Admiralität nicht besonders nennen werde. Wohl habe Nelson die Schlacht zugunsten der Engländer entschieden, aber in offenem Widerspruch mit den ausdrücklichen Befehlen seines Admirals gehandelt und sich dadurch einen Disziplinbruch zuschulden kommen lassen, der mit schwerer Strafe bedroht sei. Bei der zweideutigen Haltung der Admiralität gegen ihn werde ihm ein ausführlicher Bericht eher schaden als nützen. Um jedoch die anderen vor Nelson nicht zu bevorzugen, werde er überhaupt niemand hervorheben.
Wohl oder übel hatte Nelson sich einverstanden erklärt. Aber er war niedergeschlagen gewesen von dem Unglück, das ihn ständig zu verfolgen schien. Jede Gelegenheit, sich auszuzeichnen, hatte er ergriffen, seine Gesundheit geopfert, sich in Gefahren gestürzt — niemals aber einen Lohn empfangen. Mit einundzwanzigstem Jahre bereits Kapitän, war er nun nach achtzehn Jahren strengster Pflichterfüllung, aufreibendsten Dienstes noch nicht einen Schritt weitergekommen. War es nicht besser, wenn er sein aussichtsloses Streben aufgab und nach England zurückkehrte, um in irgendeinem toten Winkel seinen Kohl zu bauen?
So hatte er damals gedacht. Nun aber mußten doch wohl Einzelheiten über die Schlacht nach England gedrungen sein. König George hatte Sir John Jervis zum Grafen von Saint-Vincent erhoben, gleichzeitig aber auch Nelson zum Konteradmiral befördert und ihm das Ritterkreuz des Bathordens verliehen, während die Städte Bath, Norwich und London ihm das Ehrenbürgerrecht erteilt hatten. Mit Tränen der Freude hatte ihm sein Vater geschrieben. Überall in England werde der Name und die Verdienste seines Sohnes gepriesen, vom wandernden Straßensänger bis zum öffentlichen Theater.
Josiah war Offizier geworden. Er war sehr stolz auf seine neue Würde. Auch Tom Kidd schien heiterer und lebensfreudiger gestimmt.
Der Brief war wie in Sonne getaucht. Immer und immer wieder las ihn Emma. Verwahrte ihn an ihrem Herzen. Küßte heimlich das Papier, auf dem Nelsons Hand geruht. Lächelte über sich selbst, daß sie sich benahm, wie ein kleines Pensionsmädchen. Tat es im nächsten Augenblicke von neuem.
Ach, sie liebte ihn. Anders, als sie Greville geliebt hatte. Damals war ihre Phantasie verdorben gewesen durch das wüste Leben der verkauften Nächte. Sinnenlust, Gier nach den Umarmungen des schönen Mannes hatte sie für Liebe gehalten.
Dann, in der verhaßten Ehe mit Sir William, war sie kühler, ruhiger geworden. Kannte nun die inneren Zusammenhänge des Lebens, hatte Lüge und Heuchelei üben gelernt. Sündigte nicht mehr aus dem Antrieb ihres heißen Blutes, sündigte aus kalter Überlegung. Weil der Kampf ihres Daseins diese Sünde zu fordern schien.
Nun aber, da sie Nelson liebte ...
Daß er einer anderen gehörte, daß sie ohne den trüben Hauch einer Begierde an ihn zu denken vermochte, machte ihre Liebe zu ihm heilig. Wundersamen, zarten Blütengebilden gleich sproßten überschwenglich schwärmerische Empfindungen in ihr auf, füllten ihre Seele mit dem Dufte von Veilchen und Reseden.
Ein dunkler Blumenweiher war ihr Herz. Über dem die Erinnerung an Nelson schwebte wie ein einsamer Stern am Nachthimmel. Rein und weiß spiegelte sich sein Bild in den stillen Wassern ...
***
Ende August abermals ein Brief von ihm. Kurze, abgerissene Sätze. In einer seltsam ungeschickten Schrift ...
Er hatte versucht, den Spaniern Teneriffa zu entreißen. Aber die Unternehmung war mißglückt. Als er bei einem nächtlichen Bootsangriff ans Land stieg, hatte ihm ein Schuß den rechten Ellbogen zerschmettert. Josiah hatte ihm mit seinem seidenen Halstuch den Oberarm unterbunden, Tom Kidd aus seinem zerrissenen Hemd eine Schlinge für den verwundeten Arm gefertigt. Mit Mühe war es ihnen dann gelungen, das gestrandete Boot wieder flott zu machen, Nelson vor dem Feuer des Feindes in Sicherheit zu bringen.
Sie hatten ihm das Leben gerettet. Er erkannte es an, wußte ihnen aber keinen Dank. Der Arm war verloren. Ein linkischer Admiral aber war dienstuntauglich, seinen Freunden zur Last, seinem Vaterlande unnütz.
Er ging nach England zurück. Ein überflüssiger Krüppel. Alles war zu Ende.
1 Moncey.
2 Sir William.
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