Märchen aus Frankreich, Band 1. Группа авторов
Mann, er solle durchaus seine Geliebte sehen, um sich zu überzeugen, ob sie nicht ein vermummter böser Geist sei. Dann eröffnete ihm die Mutter, daß sie ein Mittel besitze, um sie unbemerkt zu betrachten. Aber wenn er sie erblicke, solle er sich vor allzu großem Schrecken hüten, denn der Teufel sei maßlos häßlich. Sie gab ihm eine Zauberlaterne, welche kein Wind zu löschen vermochte. Parthonopeus, den die Ermahnungen des Bischofs erschreckt hatten, ging in die Falle und nahm die Laterne mit.
Dunkle Nacht war es, als er im Schlosse Meliurs anlangte. Die schwerbeladenen Tafeln ließ er heute unberührt und eilte, seine Laterne sorgfältig unter dem Mantel verbergend, ins Schlafgemach. Ganz angekleidet warf er sich aufs Bett, so groß war seine Ungeduld, Meliur zu sehen. Als die Kerzen erloschen waren, erschien die Fee, warf ihren Mantel ab und legte sich neben ihren Geliebten. Als der junge Mann sie neben sich fühlte, zog er seine Laterne plötzlich unter der Decke hervor und erblickte die Fee im hellen Lichtstrahl. Nie hatten seine Augen ein schöneres Weib gesehen. Meliur aber erbleichte und erst jetzt sah Parthonopeus, daß er töricht gehandelt habe. Voll Wut warf er seine Laterne gegen die Mauer, so daß sie zersplitterte, und verfluchte den Tag, da er sie erhalten. In diesem Augenblicke fühlte er, wie sehr man ihn betrogen, da die Frau, die man ihm als den häßlichsten aller Teufel geschildert hatte, das schönste Weib auf Erden war. "Süßer Freund," klagte die Fee, "was habe ich dir getan, daß du mich so mit Schmach bedeckst? Tat ich etwas gegen deinen Willen, daß du mir so zürnst?" Durch die Übertretung des Verbotes nämlich hatte die Fee ihre Zaubermacht verloren, und kaum war die unbedachte Tat geschehen, als Ritter und Frauen in das Gemach strömten, die mit Fingern auf das Paar wiesen. Parthonopeus wurde aus dem Feenlande gewiesen und suchte verzweifelt den Tod unter den wilden Bestien des Ardennerwaldes. Wie der junge Held von einer mächtigen Fee gerettet wurde und schließlich doch noch die Hand der schönen Meliur bei einem Turnier gewann, sollt ihr ein andermal hören.
Robert der Teufel befreit Rom von den Türken
In ihrer Verzweiflung, kein Kind vom Himmel zu erhalten, vergaß sich einst die Herzogin der Normandie soweit, eines vom Teufel zu erbitten, und sie gebar einen Sohn von außergewöhnlicher Stärke und Schönheit, der den Namen Robert erhielt. Aber bald zeigte sich die höllische Herkunft des Knaben: er biß seine Ammen, erschlug seine Erzieher und mißhandelte die Priester. Sein Vater suchte vergebens edlere Gefühle in ihm zu erwecken, indem er ihm den Ritterschlag erteilte; bei dem aus diesem Anlaß abgehaltenen Turnier zeigte Robert der Teufel, wie man ihn von nun an nannte, erst seine ganze Grausamkeit. Als ihn sein Vater daraufhin von seinem Hofe verjagte, wurde er zu einem Banditen, mißhandelte die frommen Wallfahrer und ermordete die Einsiedler. Solange setzte er sein zügelloses Räuberleben fort, bis ihn selbst vor dem Schrecken, den er einflößte, grauste; da zwang er seine Mutter, ihm die näheren Umstände seiner Geburt zu enthüllen. Als er seine Herkunft erfahren hatte, warf er seine Waffen weg, bekleidete sich mit Bußgewändern und wallte nach Rom, um beim Heiligen Vater Vergebung für seine Sünden zu suchen. Der Papst glaubte die Verantwortung einer solchen Absolution nicht übernehmen zu können und wies Robert an einen Eremiten, der ihn wieder zu einem zweiten und dritten schickte. Auf Befehl des Himmels legte ihm der letzte diese Buße auf: wie ein Narr solle er sich gebaren, solle sich der menschlichen Stimme entwöhnen und mit den Hunden seinen Fraß suchen, bis der Himmel ein Zeichen der Versöhnung gebe.
Von nun ab wohnte Robert unter einer Stiege des Kaiserpalastes in Rom, wo ein Hund seine Unterkunft hatte, der mitleidig sein Stroh mit ihm teilte.
Der Kaiser hatte eine Tochter, welche stumm geboren war, um diese warb ein Seneschall seines Hofes, dessen Werbung aber abgewiesen wurde. Aus Groll rief dieser die Türken, welche Rom mit einem gewaltigen Heere belagerten. Unter Führung des Kaisers zogen die Römer zur Schlacht. Die Frauen und Jungfrauen Roms geleiteten das Heer zu den Toren der Stadt und empfahlen unter Tränen den Kaiser und sein Heer dem Schlachtenlenker. Als Robert in seiner Hundehütte das Heer ausziehen sah, war er dem Weinen nahe. Wie gern wäre er mitgezogen, wenn er nicht gefürchtet hätte, die Gnade dessen zu verscherzen, um dessen willen er Buße tat. Denn einen anderen als Gott fürchtete er nicht. "O Gott," betete er in Gedanken, "der du so manche Seele aus den Krallen des Teufels gerettet hast, wie gerne eilte ich dem Kaiser zu Hilfe und kämpfte für ihn gegen die stolzen Türken! Aber es ist nicht dein Wille und ferne sei es von mir, mich in einen Kampf einzulassen. Aber wenn du mich würdigtest, es zu wollen, so sollte die Sarazenen meine Ankunft bitter schmerzen, mit meinem blanken, hartgeschmiedeten Schwert würde ich ihre Leiber zerschneiden, und wären ihrer auch tausendmal tausend." Seufzend erhob er sich und ging weinend in den Garten. Da, wo eine klare Quelle sprudelte, abseits vom Wege, ließ er sich nieder, denn er wünschte mit seinem Schmerz allein zu sein. Er betete zu Gott, daß er dem Kaiser in der Schlacht beistehen möge. Während er so betete, trat die wunderschöne Jungfrau, des Kaisers Tochter, zur schattigen Quelle, und als sie sich umwandte, erblickte sie den Narren, wie er seine Hände ausbreitete und Gott anzurufen schien. Das wunderte sie sehr und sie bedachte, daß einer, der solches tue, kein Narr sein könne. Sie schaute ihm lange zu und Mitleid mit ihm ergriff sie. Dann blickte sie über das Meer, wo die Türken heranrückten, um Rom zu vernichten. Sie sah die Römer, die gegen sie zogen und ihnen schon auf Bogenschußweite nahegekommen waren. Noch beobachtete sie den Zusammenstoß der Vorhut, da trat plötzlich an die Quelle, wo Robert seinem Schmerze nachhing, ein Ritter von leuchtender Schönheit. Mit einem silberweißen Harnisch war er angetan und weißer als Lilienblüten waren seine Waffen und sein Schild. Ein gewaltiges Schwert trug er an den Hüften, dessen Klinge so weiß war wie frisch gefallener Schnee, und das Roß, auf dem er saß, war weißer als eine eben aufgeblühte Blume, einen weißen Mantel hatte er umgeschlagen. Vor Robert stieg er ab, neigte sich vor ihm und sagte ihm diese Botschaft Jesu Christi: "Freund Robert, Gott befiehlt dir und trägt dir durch mich auf, daß du unverzüglich in die Schlacht eilst. Und willst du mir nicht glauben, so nimm dies zum Zeichen: ich weiß, daß du ins Gebirge gegangen bist, um beim heiligsten Manne des Landes Buße zu suchen, und daß dieser dir solche Lebensweise auferlegt hat." Als Robert diese Botschaft hörte, wurde er froh und sein Herz pochte; er warf sich zu Boden und sagte seinem Schöpfer Dank. Dann nahm er die Waffen und die Kleider, die der Engel ihm gab, und legte sie an. Die Jungfrau aber wunderte sich gewaltig, als sie ihn sich waffnen sah, und weinte aus Mitleid und Liebe. Robert gürtete sich das Schwert um, schnallte den Helm fest und sprang dann ganz in Waffen gehüllt auf das Schlachtroß, das ihm der Himmel gesendet hatte. Er ergriff den Schild geschickt wie einer, der im Waffenhandwerk erfahren ist, zog ihn an sich und nahm die große und gerade Lanze, mit der er manchen Sarazenen in den Tod zu senden gedachte, ehe die Sonne sinken würde. Darauf schied er vom Boten Gottes und ritt davon. Nie sah man einen besser gewaffneten und schöner geschmückten Ritter.
Gewaltige Heldentaten verrichtete der Unbekannte in der Schlacht und entschied sie zugunsten der Römer. Zwanzigtausend Türken lagen am Strande, die alle ihr Leben verloren hatten, ungerechnet jene, die die Schiffe nicht mehr schwimmend erreichen konnten und im Meer versanken. Als Robert bemerkte, daß die Schlacht zu Ende war, stahl er sich von hinnen, so daß niemand erfuhr, was aus ihm geworden sei. Er eilte wieder zur Quelle, wo ihn der Engel erwartete. Schild und Helm waren ihm gräulich zerschlagen, sein Antlitz war von den Schlägen, die er auf das Nasenband erhalten hatte, mit Blut überströmt, und die Maschen des Halsbergs waren von den unzähligen Streichen in sein Gesicht eingedrückt. Der Bote kehrte mit den Waffen zu Gott zurück. Robert aber wusch sein blutiges Antlitz im Bach, und seine Wunden schmerzten ihn heftig. Darauf ging er an seinen gewohnten Platz unter die Stufen und häufte sich Stroh zum Lager. Er überdachte in seinem Sinn die heilige Tat und entschlummerte. Die Jungfrau aber hatte die ganze Begebenheit mit angesehen und sie war verwundert und erfreut über das große Werk, das Robert vollbracht hatte.
Der Kaiser, der sehr betrübt war, seinen Retter nicht aufzufinden, um ihm danken zu können, kehrte in seinen Palast zurück und setzte sich zum Mahl. Um diese Zeit erwachte Robert, sein Herz war tief betrübt und er richtete sein zerfleischtes Gesicht zum Himmel. Sodann verließ er sein Lager und ging langsam und müde in den Saal und trat auf den Kaiser zu. Sobald ihn die stumme Prinzessin bemerkte, erhob sie sich gegen ihn und neigte tief ihr Haupt, dann setzte sie sich wieder ganz züchtig neben ihren Vater. Der Kaiser aber schämte sich, denn er wußte nicht, warum sie solches getan