Märchen aus Frankreich, Band 1. Группа авторов

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sagte sie, "es ist nicht so schlimm, nur als ich das Blut sah, erschrak ich. Ich will Euch die Wunde zeigen, geht und sperrt die Türe zu!"

      Tybert und die Alte luden indessen Bertha auf einen alten Klepper, und die drei Männer führten sie gleich nach Tagesanbruch davon, Tybert begleitete sie als vierter. Das Weib ersuchte Tybert, der ihr Vetter war, er möge ihr das Herz Berthas zurückbringen, und dieser versprach, es nicht zu vergessen. Bertha weinte und betete, denn sie wußte nicht, wohin man sie führte. Fünf Tage lang reisten sie, bis sie in einen großen Wald gelangten, es war der von Le Mans. Hier machten sie unter einem Olivenbaum halt: "Ihr Herren," sagte Tybert, "wir brauchen nicht weiter zu gehen." Dann stiegen sie von den Rossen. Einer der drei Begleiter hieß Moraut, er war ein tüchtiger Ritter. Sie hoben die Königin vom Pferd; es war das erste Mal, daß sie sie mit ihren Händen berührten, denn Tybert hatte niemanden sich ihr nähern lassen. Als sie sahen, wie schön sie war, klagten sie um sie, aber Tybert, der Schurke, zog sein Schwert und sprach: "Zieht euch zurück, ihr Herren, mit einem Schlage werde ich ihr jetzt den Kopf abtrennen." Als Bertha das Schwert sah, streckte sie ihre Arme mit flehender Gebärde aus, denn reden konnte sie nicht wegen des Knebels. "Tybert," rief Moraut, "schlage nicht zu, denn, beim allmächtigen Gott, ich würde dir Haupt und Glieder abhauen oder nie nach Frankreich zurückkehren." Tybert zürnte sehr, als es ihm nicht gestattet wurde, Bertha zu töten. Aber kaum hatte er sein Schwert gezogen, so packten ihn die drei Männer von der Seite und zwangen ihn auf die Knie. Sie rissen ihre Schwerter heraus, und während die beiden andern den Schurken Tybert festhielten, band Moraut mitleidig die Königin los und nahm ihr den Knebel aus dem Munde. "Flieht, schöne Frau, und der Herr geleite Euch!" Bertha eilte in den Wald und dankte Gott, als sie in Sicherheit war. Als Tybert ihre Flucht bemerkte, sagte er zornig: "Schlecht habt ihr gehandelt, ihr Herren; ich werde euch alle hängen lassen, wenn wir daheim sind." "Herr," sagte Moraut, "wißt Ihr, was wir tun? Ich rate, daß wir das Herz eines Frischlings mitnehmen und es Frau Margiste zeigen, auf diese Weise werden wir uns vor Tadel wahren, denn Ihr wißt, daß wir versprochen haben, das Herz jener Frau heimzubringen. Wenn Ihr nicht einverstanden seid, Tybert, so töten wir Euch auf der Stelle." "Der Rat ist gut," sagte Tybert, "da sie entflohen ist, müssen wir sehen, uns vor Vorwurf zu wahren."

      Sie taten, wie Moraut geraten hatte. Die Alte hatte eine große Freude, als sie ihren Bericht hörte. "Ihr Herren," sagte sie, "ich will euch reich belohnen. Jene war das schlechteste Weib, seit die Welt steht."

      Bertha hatte indessen den Wald durchschritten und gelangte nach mannigfachen Gefahren in das Haus eines biederen Mannes Namens Simon, der ihr bereitwillig Unterkunft gewährte. Sie ernährte sich mit Handarbeiten und blieb neun Jahre lang im Hause Simons wohnen. Um diese Zeit brach die Königin Blancheflur von Ungarn auf, um ihre Tochter zu besuchen. Auf ihrer Reise traf sie einen Bauern und befragte ihn über die Königin, von deren Herrschaft sie nichts Gutes gehört hatte. "Frau," erwiderte jener, "ich muß mich über Eure Tochter beklagen! Ich hatte ein einziges Pferd, mit dem ich für mich, meine Frau und meine kleinen Kinder mein Brot verdiente. Sechzig Groschen hat es mich gekostet, und ich brachte auf ihm meine Waren in die Stadt. Das hat sie mir wegnehmen lassen. Gott strafe sie dafür!" Die Königin hatte Mitleid mit dem Bauern und ließ ihm hundert Groschen in die Hand drücken, wofür er ihr dankbar den Steigbügel küßte.

      An einem Montage ritt die alte Königin in Paris ein. Pippin hörte es und brachte voll Freude seiner Gattin selbst die Nachricht. Als die Magd diese Botschaft hörte, wurde sie sehr bestürzt, doch stellte sie sich, als ob sie lache. Sogleich rief sie ihre Mutter und Tybert und fragte sie um Rat. "Ich rate," sagte die Alte, "daß meine Tochter sich krank stellt. Um nichts in der Welt darf sie ihr Bett verlassen. Können wir den Betrug solange durchführen, bis die alte Königin heimkehrt, so brauchen wir fürderhin nichts mehr zu fürchten." Der Rat wurde befolgt; sogleich wurde ein Lager hergerichtet, und die Magd legte sich nieder und stellte sich krank. Der König, den die angebliche Krankheit seiner Frau sehr bekümmerte, ging allein der alten Königin entgegen. "Was macht Bertha, meine Tochter?" war ihre erste Frage. "Ach, Herrin, sobald sie erfuhr, daß Ihr kämet, wurde ihr Herz von Freude so bewegt, daß sie sich niederlegen mußte, und seitdem ist sie nicht wieder aufgestanden. Aber wenn sie Euch erblickt, wird ihr gewiß sogleich besser werden." Als die Königin das Schloß betrat, warf sich Margiste ihr schmerzheuchelnd zu Füßen: "Margiste," sagte Blancheflur, "wo ist meine Tochter, ich will sie gleich sehen." "Herrin," jammerte das falsche Weib, "zum Unheil bin ich geboren! Eurer Tochter ist die Freude über Eure Ankunft so zu Herzen gegangen, daß sie ihr Bett nicht mehr verlassen kann. Laßt sie doch bis zum Abend ruhen!" Als Blancheflur nach dem Essen ihre Tochter aufsuchen wollte, stellte sich ihr die böse Alte mit ausgebreiteten Armen entgegen. "Sie ist gerade ein wenig eingeschlafen, um Gottes willen, kehrt wieder um!" Blancheflur wartete, bis ihre Tochter erwachen würde; unterdessen unterhielt sie sich mit der Alten und fragte sie nach Aliste. "Herrin," log das Weib, "sie starb auf dem Stuhle sitzend eines plötzlichen Todes, ich weiß nicht, welches Übel sie auf der rechten Brust hatte, ich glaube, sie wäre zuletzt noch aussätzig geworden. Ich ließ sie ganz im geheimen in der alten Kapelle bestatten." Endlich konnte sich Blancheflur nicht länger halten, sie befahl einer Jungfrau, sie mit einer Kerze ins Schlafzimmer der Königin zu begleiten, aber Tybert, der bei der Kranken Wache hielt, trieb das Mädchen sogleich mit Schlägen zurück: "Geh', Hündin, unsre Herrin will schlafen, sie kann durchaus kein Licht vertragen." Blancheflur trat im Dunkeln an das Bett der Magd. "Mutter, seid willkommen!" sagte diese mit so schwacher Stimme, daß man sie kaum verstand, und dann, auf eine Frage der Mutter nach ihrem Befinden: "Mutter, ich leide solchen Schmerz, daß ich weiß geworden bin wie Wachs. Die Ärzte sagen mir, daß die Helligkeit mein Leiden verschlimmern würde. Ich wage Euch daher nicht bei Licht zu begrüßen, so schmerzlich es mir auch ist. Aber nun laßt mich um Christi willen ruhen!" Blancheflur erhob sich kopfschüttelnd: "Bei Gott!" sagte sie, "das ist meine Tochter nicht, die ich hier vorgefunden habe. Wenn sie halbtot wäre, so hätte diese mich umarmt und geküßt." Dann rief sie ihr Gefolge und ließ trotz der Alten und Tyberts Widerstreben das Fenster öffnen und Licht bringen. Sie riß die Decken vom Bett herunter und betrachtete die Füße der Kranken: sie waren nur halb so groß wie die ihrer Tochter. "Verrat!" schrie sie, "Betrug! das ist meine Tochter nicht, es ist die Tochter der Margiste! Weh! Sie haben mir mein Kind getötet, meine Bertha, die mich so sehr liebte!" Als der König den Betrug erfuhr, ließ er die alte Hexe zum Feuertode führen, Tybert wurde von vier wilden Rossen totgeschleift, die falsche Braut wurde um ihrer Kinder willen geschont, doch mußte sie das Land verlassen.

      Einst hatte sich König Pippin auf der Jagd im Walde von Le Mans verirrt, da traf er auf Bertha, die ihn in das Haus Simons führte. Pippin, der schon lange im Sinn hatte, sich wieder zu verheiraten, fand an Simons sittsamer Pflegetochter Gefallen und ersuchte sie, ihm nach Paris zu folgen, um seine Gattin zu werden. Bertha wies die Werbungen des Fremden dadurch ab, daß sie sich ihm als Pippins Gattin offenbarte. Der König gab sich nicht zu erkennen, sondern ritt, nachdem er sich nochmals überzeugt hatte, daß er auch wirklich Bertha vor sich habe, nach Paris zurück. Dann ließ er das ungarische Königspaar einladen und entbot auch Simon mit seiner Pflegetochter an seinen Hof, wo er sich ihnen als König zu erkennen gab. Ein großes Fest folgte dem freudigen Wiedersehen, der wackere Simon wurde zum Ritter geschlagen und auch Moraut, der Bertha das Leben gerettet hatte, erhielt reichen Lohn.

       Parthonopeus und Meliur

      König Chlodwig jagte einst mit seinem Neffen Parthonopeus im Ardennerwalde. Ein Eber floh vor dem Jüngling und lockte ihn immer tiefer in den Wald hinein. In der Irre tappend gelangte er schließlich zum Ufer des Meeres. Hier fand er eine herrlich geschmückte Barke liegen. Der Jüngling hoffte, auf diesem Schiffe an den Hof seines Oheims zurückkehren zu können oder doch zum wenigsten zu erfahren, wo er sei. Aber wie groß war sein Erstaunen, als er keine lebendige Seele auf dem Schiff antraf. Er zog sein Roß hinter sich her, streckte sich ermüdet auf dem Deck aus und schlummerte ein. Als er die Augen wieder öffnete, war kein Land noch Wald mehr zu erblicken, nur Himmel und Wasser, und ein heftiger Wind schwellte die Segel. Lieber wäre Parthonopeus noch im Walde gewesen, denn die Gefahren des Landes sind geringer als die des Meeres. Als aber die Sonne aufging und er das Wunderwerk betrachtete, das ihn trug, wurde er ruhiger. Die ganze Ausrüstung der Barke war von Seide und ein strahlender


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