Märchen aus Frankreich, Band 1. Группа авторов

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toll hielt, weil sie diesen so geehrt hatte. Dem Narren wurde Fleisch vorgeworfen, welches er mit den Hunden teilte, während der Kaiser in höchsten Lobeserhebungen den unbekannten weißen Ritter pries, der die Stadt gerettet habe, und die Prinzessin bemühte sich vergeblich, durch Zeichen anzudeuten, daß Robert der Gesuchte sei.

      Nach einiger Zeit kehrten die Türken zurück, um für die Niederlage Rache zu nehmen, die gleichen Vorgänge wiederholten sich, wieder entschied Robert unerkannt in der Rüstung des Engels die Schlacht, wieder begrüßte ihn die Jungfrau, die alles beobachtet hatte, mit tiefer Verneigung, während der Seneschall sich grollend vom Kampfe zurückhielt. Zum drittenmal zogen die Türken mit ungeheuren Heeren heran, der Kaiser rüstete sich zur Verteidigung und beriet sich mit seinen Truppenführern. Lange dauerte der Kriegsrat, schließlich ergriff der Kaiser das Wort und sprach: "Ihr Herren! Gott unser Vater hat uns zweimal einen Ritter zugesandt, der uns gewaltiglich gegen die Türken verteidigt hat. Sicher wäre Rom längst zerstört, wäre nicht die Kraft und der Glanz des weißen Ritters und seiner Waffen. Höret nun, was ich beschlossen habe. Der mir zweimal so geholfen hat, hat großen Lohn verdient, wenn er ihn nur von mir annehmen wollte. Kommt er uns diesmal wie sonst zu Hilfe, so will ich ihn festnehmen lassen, damit ich ihm den Lohn für seine Dienste erstatten kann. Dreißig gute Ritter will ich in ein Gehölz in Hinterhalt legen, wo er, wie man mir berichtet, nach der Schlacht vorbeireitet. Dort soll er überfallen und festgenommen werden, wenn er kommt und Gott ihn dahinführt."

      Die dritte Schlacht endete durch Roberts Eingreifen mit einer endgültigen Niederlage der Türken. Als Robert in sein Versteck zurückkehren wollte, sah er sich von den Rittern, die aus dem Hinterhalte hervorbrachen, angegriffen. Er sprach kein Wort, sondern sah schweigend die Ritter an, um die er sich wenig zu kümmern schien; doch war er traurig und wußte nicht, was er tun solle. Er scheute sich, ihnen Widerstand zu leisten, denn er wußte wohl, daß der Kaiser sie hierher bestellt hatte, damit er ihn belohnen könne. Aber danach trug er kein Verlangen. Wurde er andererseits festgenommen, so war sein Geheimnis verraten und er konnte nicht mehr bleiben. So begann er in Gedanken zu Gott dem Herrn zu beten, daß er ihn schütze und kein Ritter ihn fangen könne, und er floh talabwärts, so schnell ihn sein Roß zu tragen vermochte, hinter ihm aber erhob sich eine Staubwolke von denen, die ihn verfolgten. Solange eilten sie ihm nach, bis ihre eigenen Pferde, der langen Verfolgung müde, erschöpft stehen blieben. Nur einem gelang es, auf einem Seitenpfade in Roberts Nähe zu gelangen. Eben wollte er dem fliehenden Roß in die Zügel fallen, als Robert eine plötzliche Schwenkung machte. Als jener sah, daß er ihn nicht fangen konnte, drohte er ihm, er würde sein Pferd erstechen, wenn er nicht stillhalte. Er legte seine Lanze ein, um das Tier am Gürtel zu treffen, aber der Stahl verfehlte sein Ziel und traf Robert in den Schenkel. Bis zum Schaft drang die Waffe in das Fleisch, aber trotzdem hielt Robert nicht an, sondern eilte unter Schmerzen und blutend von dannen. Er drückte seine Wunde mit der Hand zu, damit das Blut nicht zu Boden tropfe und ihn verrate. Der Ritter, der ihm die Wunde beigebracht hatte, blieb hinten und zog seine verbogene Lanzenspitze zurück. Das Eisen aber trug er nicht heim, das steckte in Roberts Wunde.

      Als Robert in großen Schmerzen heimgekommen war, zog er das Eisenstück aus dem Schenkel und vergrub es. Wieder neigte sich beim Mahl die Königstochter vor dem Narren und gab durch Zeichen zu verstehen, daß sie ihn für den Sieger halte.

      Um den Fremden zu veranlassen, sich zu entdecken, ließ der Kaiser auf offenem Markte ausrufen, daß der weiße Ritter, der sich durch das Eisenstück ausweisen müsse, die Prinzessin zur Gemahlin erhalten solle. Solches erfuhr der verräterische Seneschall. Er ließ sich weiße Waffen verfertigen, brachte sich eine Wunde am Schenkel bei und ließ das Eisen darin. Vor den versammelten Baronen empfing ihn der Kaiser, und alles war überzeugt, daß der Seneschall der Retter Roms sei. Schon wollte der Kaiser die Hand seiner Tochter in die des Verräters legen, da geschah ein Wunder. "Meine Tochter," sagte der Kaiser, "sei heiter und freundlich und schmücke dich schön, denn ich führe dir deinen Gemahl zu. Es ist der Seneschall meines Reiches, der einst mit mir um deinetwillen Krieg geführt hat. Er ist der tapfere Ritter mit den weißen Waffen, der uns gerettet hat. Dreimal war er uns ein so guter Schutz, daß die Türken uns keinen Schaden zufügen konnten, sondern weichen mußten. Tochter, zeig ihm ein freundliches Gesicht und laß das Weinen, denn das weiß Gott, der höchste König, daß er derselbe Ritter ist, der sich im Sturm so gut gehalten hat." "Lieber Vater," antwortete die Stumme, "wisset, daß er es nicht ist!" Staunend wich die Menge zurück und der Kaiser wollte seinen Ohren nicht trauen. "Ich bin jederzeit stumm gewesen," fuhr die Jungfrau fort, "bis zu dieser Stunde, da Ihr auf mich eindranget, daß ich den Seneschall zu meinem Liebsten nähme. Gott will nicht, daß er mich erhalte, denn nicht er trug die Wunde beim Heimweg aus der Schlacht davon. Was er Euch auch erzählen mag, alles ist Lüge. Ein anderer als er ist der Retter Roms, da steht er, der büßende Narr. Gott will, daß er seine Buße ende, und darum hat er dieses Wunder bewirkt." Um ihre Worte zu bekräftigen, grub sie die Lanzenspitze aus, denn sie hatte beobachtet, wie Robert sie vergraben hatte, und der Ritter, der ihn verwundet hatte, erkannte sie als zu seiner Lanze gehörig. Alles Volk jubelte und Robert gab sich zu erkennen, doch nur, um auf die Hand der Kaisertochter zu verzichten und sein Leben in der Tiefe des Waldes als Einsiedler zu enden.

       Parzival in der Graalsburg

      Parzival gedachte einst seine Mutter aufzusuchen und gelangte auf dem Wege an einen Strom, den keine Brücke überspannte. Er ritt eine Zeitlang flußaufwärts, bis ihm ein großer Felsblock den Weg versperrte. Der Jüngling schaute sich um und sah eine Barke auf dem Strome abwärts gleiten, in welcher zwei Männer saßen, und er blieb stehen, um zu warten, bis sie in seine Nähe käme. Aber plötzlich blieb das Fahrzeug mitten in der Strömung ruhig stehen, als ob es vor Anker läge, und der Mann, der vorne saß, warf seine Angel aus, um zu fischen. Parzival grüßte die Männer und sprach: "Sagt an, Ihr Herren, ich bitte Euch, führt keine Brücke auf das andere Ufer?" "Meiner Treu, nein, Bruder," erwiderte der Fischer, "keine Furt, keine Fähre, keine Brücke vermittelt den Übergang über diesen Strom, kein Pferd kann ihn durchschreiten, und kein Fahrzeug, das größer wäre als dieses kleine Boot, ist auf zwanzig Meilen im Umkreis zu finden." "So sagt mir um Gottes willen," fuhr Parzival fort, "wo ich heute nacht Herberge finden kann!" "Ich will Euch heute nacht beherbergen," antwortete der Fischer. "Steigt nur in jener Felsenschlucht aufwärts, und wenn Ihr droben seid, wird sich vor Euch ein Tal ausbreiten; darin steht das Haus, das ich bewohne, nahe an Fluß und Wald."

      Parzival erstieg den Gipfel des Berges und vor seinen Augen dehnten sich weite Länder aus, aber er erblickte nichts als Himmel und Erde. "Verflucht sei, der mich so in die Irre führte," murrte er, "treulos handelte er, mich zum Spott hierherzulocken." Plötzlich sah er zu seiner Seite im Tale einen Turm ragen, viereckig, aus grauem Stein und mit zwei Erkern geziert. Bis tief nach Asien war kein schönerer gebaut. Vor dem Turm lag der Saalbau, von Bogengängen umgrenzt. Der Jüngling wanderte in der Richtung des Schlosses weiter und bat den Fischer, den er Lügner und Betrüger gescholten hatte, innerlich um Verzeihung. Er ging auf das Schloßtor zu und fand die Zugbrücke herabgelassen, dann ritt er in den Hof und vier Diener traten ihm entgegen. Zwei davon nahmen ihm die Waffen ab, einer führte sein Roß in den Stall und warf ihm Futter und Streu vor, einer hüllte Parzival in einen Scharlachmantel. Sodann führten sie ihn in den Bogengang, wo er wartete, bis der Schloßherr ihn rufen würde. Alsbald kamen zwei Diener und führten ihn in den Saal, der war viereckig und ebenso lang wie breit. Mitten im Saale stand ein Lager, auf dem ein Ritter saß, dessen Haupt zierte ein maulbeerschwarzer, purpurbesetzter Zobelpelz, und aus dem gleichen Stoffe war sein ganzes Gewand. Er stützte sich auf den Ellenbogen; vor ihm war ein Feuer aus trocknem Holze angezündet, das hellen Schein verbreitend zwischen vier Säulen flackerte. Vierhundert Gäste hätten bequem rings um das Feuer Platz gefunden. Die Diener nahmen den Fremden in ihre Mitte und führten ihn vor den Schloßherrn, dieser begrüßte ihn und sprach: "Möge es Euch nicht kränken, mein Freund, daß ich mich nicht vor Euch erhebe!" "Bei Gott, Herr, es kränkt mich nicht," erwiderte Parzival. Der Ritter erhob sich dennoch, so gut er konnte, und lud den Jüngling ein, an seiner Seite Platz zu nehmen, dann fragte er ihn: "Woher kommt Ihr heute, Freund?" "Herr, heute früh brach ich von Belrepaire auf", erwiderte der Jüngling. "Bei Gott," sprach der Ritter, "dann habt Ihr einen hübschen Marsch hinter


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