Märchen aus Frankreich, Band 1. Группа авторов

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Lunete beweisen wollte, daß sie einen besseren Ritter finden könne, als ihr Gatte gewesen war, und bald kam das Gespräch wieder auf diesen Gegenstand. "Gesetzt, daß zwei Ritter sich bewaffnet im Kampfe gegenüberstehen", sagte Lunete, "und daß der eine den anderen besiegt, wer, glaubt Ihr, ist wohl der bessere? Ich meinerseits würde dem Sieger den Preis zuerkennen. Und Ihr?" "Mir scheint, du willst mir auflauern, um mich dann beim Wort zu nehmen." "Ich sage die reine Wahrheit, ich will Euch nur beweisen, daß der, welcher Euren Gatten besiegte, ein besserer Ritter ist als jener war." Nun brach der Zorn der Herrin los und Lunete eilte wieder zu Iwein, der bekümmert darüber war, daß er den Anblick der Schloßherrin entbehren mußte. Diese sorgte sich indessen doch darum, wie sie ihre Quelle verteidigen sollte, und sie bereute ihre harten Worte gegen Lunete. Am anderen Morgen entschuldigte sie sich bei ihr und fragte sie nach Name und Art des Siegers. "Ich werde ihn", sagte sie, "dafür bürge ich dir, zum Herrn über mich und mein Land machen. Aber es muß so geschehen, daß über mich keine üble Nachrede entsteht, etwa: das ist die, die den Mörder ihres Gatten genommen hat." "Gewiß, Herrin, Ihr werdet den edelsten und vornehmsten und schönsten Mann bekommen, der je aus dem Stamme Abels geboren wurde." "Wie heißt er denn?" "Herr Iwein." "Bei Gott, der ist nicht übel. Er ist von edler Geburt, ich weiß wohl, er ist der Sohn des Königs Urian." "So ist es." "Und wann kann ich ihn haben?" "In fünf Tagen." "Das ist zu lange, er sollte schon da sein. Er soll heute Nacht oder doch spätestens morgen kommen." Lunete versprach nun, den Ritter herbeizuschaffen und beriet ihre Herrin, wie sie ihre Barone mit ihrer schnellen Wiederverheiratung versöhnen könne: es müßte doch jedem einleuchten, daß die Quelle einen neuen Verteidiger haben müsse.

      Iwein wurde also vor die Schloßherrin geführt, um von ihr, wie die listige Lunete sagte, ins Gefängnis geworfen zu werden, und er folgte demütig und krank vor Liebe und Sehnsucht. Und hatte die Jungfrau nicht recht, wenn sie ihn einen Gefangenen nannte? Denn wer liebt, ist in Ketten. Gebeugten Hauptes trat Iwein vor die Schloßherrin, er faltete die Hände und ließ sich vor ihr auf die Knie nieder. "Herrin, ich bitte nicht um Gnade. Gern will ich alles leiden, was Ihr mit mir vorhabt, und ich will Euch noch dafür danken." "Und wenn ich Euch töten lasse, wie Ihr meinen Herrn getötet habt?" "Wenn Euer Herr mich angriff, welches Unrecht tat ich, mich zu verteidigen?" "Wenn Ihr Euch schuldlos fühlt, warum wollt Ihr dann meinen Willen über Euch ergehen lassen? Setzt Euch und steht mir Rede!" "Herrin, mein Herz treibt mich dazu!" "Und wer trieb Euer Herz?" "Herrin, meine Augen!" "Und wer die Augen?" "Die hohe Schönheit, die ich an Euch sah!" "Die Schönheit, was hat die damit zu tun?" "Herrin, sie heißt mich lieben!" "Lieben? Und wen?" "Euch, teure Frau!" "Mich? Und wie?" "So, daß ich nur noch an Euch denke, daß ich Euch mehr liebe als mich selbst, daß ich für Euch leben oder sterben will!" "Und werdet Ihr meine Quelle schützen?" "Gegen die ganze Welt!" "Dann sind wir also einig."

      Darauf führte sie ihn in den Saal zu den Baronen, welchen seine ritterliche Gestalt gewaltig in die Augen stach und welche ihn ohne Widerrede als ihren Herrn anerkannten. Noch am gleichen Tage vermählte sich Herr Iwein mit Laudine von Landuc, der Tochter des sangesberühmten Herzogs Landunet.

      Am Tage darauf kam König Artus mit seinen Begleitern zur Wunderquelle und zum Stein. "Nun?" spottete Kei, "was ist aus Iwein geworden, der sich nach dem Mahle vom Weine berauscht rühmte, seinen Vetter rächen zu wollen. Er ist feige geflohen!" "Gnade, Herr Kei," versetzte Gawein, "wenn Herr Iwein nicht hier ist, so hat er sicherlich einen Entschuldigungsgrund." Kei schwieg und der König goß Wasser aus dem Becken auf den Stein unter der Tanne, und sogleich begann es in Strömen zu regnen. Alsbald erschien Herr Iwein bewaffnet im Walde. Kei bat den König, als erster mit dem Hüter der Quelle kämpfen zu dürfen und diese Bitte wurde ihm sogleich gewährt. Herr Iwein aber versetzte ihm einen Stoß von solcher Heftigkeit, daß er einen Purzelbaum von seinem Sattel herab schoß und sein Helm am Boden rollte. Iwein ließ ihn liegen und trat vor den König, indem er Keis Roß am Zügel führte. "Herr," sprach er, "nehmt dieses Roß. Ich würde übel tun, wenn ich etwas von Eurer Habe zurückbehalten wollte." "Und wer seid Ihr?" fragte König Artus, "ich kenne Euch nicht, wenn ich nicht Euren Namen höre oder Euch unbewaffnet erblicke." Da gab sich Iwein zu erkennen und Kei war äußerst niedergeschlagen, zumal da er noch kurz zuvor über ihn gespottet hatte. Gawein aber freute sich hundertmal mehr als alle anderen, daß er seinen Gefährten wiedergefunden hatte. Nun mußte Iwein dem König sein Abenteuer erzählen, aber als er seinen Bericht beendet hatte, ersuchte er Artus, er möge mit all seinen Rittern bei ihm Herberge nehmen. Der König erwiderte, gern wolle er ihm für eine Woche Ehre, Freude und Gesellschaft verschaffen. Iwein dankte dem König und nun begaben sich alle zur Burg, nachdem zuvor ein Bote an Laudine abgeschickt worden war, der sie von dem bevorstehenden Besuch in Kenntnis setzen sollte. Durch die gaffende Menge ging die Schloßherrin, umgeben von tanzenden Jungfrauen, in ein Hermelingewand gehüllt und mit einer rubingeschmückten Krone auf dem Kopfe, dem König entgegen und bewillkommnete ihn. Den Tag beschloß ein großes Fest und Gawein dankte es Lunete durch mannigfache Gunstbezeigungen, daß sie seinen Freund vom Tode gerettet hatte. Die ganze Woche verging unter Feiern, Jagden und Besichtigen der Schlösser. Als aber der König nicht mehr länger verweilen wollte, ließ er alles zur Abreise rüsten.

      Man hatte sich die ganze Woche bemüht, Iwein zu veranlassen, daß er mitziehe. "Wie?" hatte Gawein zu ihm gesagt, "gehört Ihr auch zu denen, die weniger taugen, sobald sie beweibt sind? Verflucht sei, wer nur heiratet, um sich zu verliegen, man soll umgekehrt tüchtiger werden durch den Umgang mit schönen Frauen. Brecht die Fessel, die Euch bindet, dann wollen wir beide wieder zu Turnieren reiten, damit niemand Euch eifersüchtig schilt. Jedes Gut wird begehrenswerter, wenn man seinen Genuß hinausschiebt, schöner ist es, ein geringes Glück nach einem Aufschub zu kosten, als ein großes alle Tage. Späte Liebesfreude gleicht einem brennenden grünen Busch, der um so heißer brennt, je länger er zögert, Feuer zu fangen." So lange redete Gawein auf seinen Freund ein, bis dieser ihm versprach, mitzuziehen. Aber zuvor müsse er seine Herrin fragen, ob sie ihm Urlaub gewähren wolle, um nach Britannien zurückzukehren. Er sprach also zu Laudine: "Meine teuere Frau, die Ihr mein Herz und meine Seele seid, wollt Ihr mir um Eurer und meiner Ehre willen etwas versprechen?" "Lieber Herr," versetzte sie, "Ihr mögt mir befehlen, was Euch gut dünkt!" Nun bat sie Iwein um Urlaub, dem König zu folgen und zu Turnieren zu reiten, damit man ihn nicht träge schelte. Sie sprach: "Ich gewähre Euch den Urlaub bis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Aber meine Liebe, die ich zu Euch trage, wird sich in Haß verwandeln, wenn Ihr diesen Zeitpunkt, den ich Euch angeben werde, überschreitet. Wenn Ihr Euch meiner Liebe fürderhin erfreuen wollt, so seid darauf bedacht, in spätestens einem Jahre zurück zu sein, acht Tage nach dem Feste St. Johannis. Los und ledig sollt Ihr meiner Liebe werden, wenn Ihr an diesem Tage nicht wieder bei mir seid." Iwein konnte ihr vor Gram kaum antworten: "Herrin, diese Zeitspanne ist zu lang. Könnte ich eine Taube sein, gar oft wäre ich bei Euch! Ich bitte Gott, daß er mich nicht so lange verharren läßt. Aber was soll werden, wenn Krankheit oder Haft mich hindern?" "Wenn Gott Euch vor dem Tode bewahrt, so wird Euch keine Verzeihung zuteil, wenn Ihr nicht mein zur rechten Zeit gedenkt. Nehmt diesen Ring an Euren Finger, er wird Euch vor Kerker und Wunden bewahren. Wenn ein wahrhaft Liebender ihn trägt, so wird er dadurch so hart wie Eisen: der Ring soll Euer Schild und Harnisch sein!" Weinend trennte sich Iwein von ihr, mit Tränen waren ihre Abschiedsküsse besät und von Zärtlichkeit umduftet.

      Nun begann ein bewegtes Leben. Überall, wo man turnierte, waren Iwein und Gawein zu sehen. So ging das Jahr vorüber, und immer noch gelang es Gawein, seinen Freund zurückzuhalten. Das andere Jahr brach an und es war schon zu Mitte August, als König Artus Hoftag in Chester hielt. Gerade am Tage vorher waren die beiden Gefährten von einem Turnier zurückgekehrt, bei welchem Iwein den Hauptpreis davongetragen hatte. Sie hatten nicht in der Stadt absteigen wollen, sondern hatten ihre Zelte außerhalb der Mauern aufgeschlagen. Dort suchte sie König Artus auf und setzte sich zwischen sie auf das Lager. Da begann Herr Iwein in Gedanken zu verfallen und nie, seit er von seiner Herrin Abschied genommen hatte, war ihm ein Gedanke so schwer aufs Herz gefallen wie dieser, denn er wußte wohl, daß er sein Versprechen nicht gehalten hatte und daß der Zeitpunkt überschritten war. Noch grübelte er so, da sah man auf schwarz- und weißgeflecktem Roß eine Jungfrau heranreiten. Vor dem Zelte stieg sie ab, aber niemand kam, ihr zu helfen, niemand nahm ihr Roß in Hut. Als sie den König erblickte, ließ sie den Mantel fallen und trat ins Zelt. Sie sagte, ihre Herrin lasse den König grüßen und Gawein


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